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Trotz großer Widerstände der Kommunistischen Partei stimmte die Stadtverordneten-Versammlung dem Antrag zu, stellte aber die Bedingung, dass der bisherige Gaspreis für Kleinabnehmer um 10 Cts. pro Kubikmeter reduziert werden müsse. Der steigende Gasabsatz in den 20er Jahren ging auch mit einer positiven Geschäftsentwicklung der städtischen Werke einher. Das Gaswerk erzielte regelmäßig Gewinne bis zu 200.000 Francs pro Jahr. Zwischen 1924 und 1929 lagen sie insgesamt bei 585.000 Francs. Am 24.5.1927 beschloss der Stadrat, Wellesweiler mit Gas zu versorgen. 1928 entschloss man sich von künftigen Erweiterungen des städtischen Gaswerks Abstand zu nehmen und bezog von da ab nach Abschluss eines entsprechenden Lieferungsvertrages Zusatzgas von der Kokerei des naheliegenden Eisenwerks. Da sich der Kokerei-Gasbezug billiger stellte als die Eigenerzeugung, wurde im Jahre 1940 der eigene Ofenbetrieb gänzlich stillgelegt. Infolge der starken Investitionstätigkeit und des stark verminderten Gasabsatzes (-11%) verzeichnete das städtische Gaswerk 1931/32 erstmals einen Verlust von 55.000 Francs. Ausschlaggebend war darüber hinaus, dass die Kosten für die Kohlen nicht mehr von den Erlösen für die Nebenprodukte gedeckt wurden, eine Anpassung des Beschäftigtenstandes an den zurückgehenden Gasabsatz nicht oder nur mit großer Verzögerung stattfand und die Kleinabnehmer infolge der konjunkturellen Entwicklung zwischen 1929 und 1932 ein Drittel weniger Gas anforderten. Schon 1932 erwog ein hinzugezogener Wirtschaftsprüfer die Stilllegung des Gaswerks und den völligen Übergang zum Kokereigasbezug von der Hütte. Die Herstellungskosten des Hüttengases lagen damals bei 19 Cts., die des Gaswerkes bei 26,1 Cts. pro Kubikmeter. Von einer solchen Lösung wurde aber vorerst Abstand genommen, weil sich die Stadt nicht vollständig von der Preispolitik der Hütte abhängig machen wollte und die Verwaltung auf bessere Konjunkturzeiten hoffte. Im Geschäftsjahr 1932/33 lag der Gasbezug vom Neunkircher Eisenwerk nur noch bei 208.000 Kubikmeter, das waren 6,3% des Gasabsatzes. Am 10. Februar 1933 wenige Minuten nach 18 Uhr explodierte in Neunkirchen der große Gasometer des Neunkircher Eisenwerks an der Saarbrücker Straße. Das Unglück forderte 68 Tote, darunter viele Frauen und Kinder. Die Zahl der Verletzten lässt sich nur schätzen, da es fast kein Haus im näheren Umkreis des Gasometers gab, in dem nicht Bewohner durch Glassplitter verletzt wurden. Über 190 Schwerverletzte wurden in den umliegenden Krankenhäusern behandelt. Die Schäden gingen in die Millionen. Die besonders hart betroffenen Straßenzüge Saarbrücker Straße und Schlawerie bildeten eine einzige Trümmerwüste. Die meisten der dortigen Häuser wurden zerstört oder so stark beschädigt, dass sie nicht mehr bewohnbar waren. Eine Reihe von 13 Häusern in der Saarbrücker Straße wurden völlig dem Erdboden gleichgemacht. Hier waren auch die meisten Todesopfer zu beklagen. Insgesamt wurden 65 Häuser zerstört und unbewohnbar. 167 Familien mit etwa 700 Personen wurden obdachlos. Der explodierte Gasbehälter war ein Scheibengasbehälter von 120.000 cbm Fassungsvermögen zum Aufspeichern von Koksgas. Zur Zeit der Explosion war der Behälter mit 15.000 cbm Gas gefüllt. Der Behälter mit einem lichten Durchmesser von 48,69 m und einer Höhe von 71,5 m bestand aus einem versteiften 4mm starken Blechmantel. Im Inneren befand sich eine dicht schließende, auf und ab bewegbare Scheibe. Die Dichtung dieser Scheibe gegen die Behälterwand erfolgte durch Teeröl. Oben hatte der Behälter zum Schutz gegen Regen und Schnee ein leichtes Dach. Durch einen auf den Seiten offenen Dachaufsatz stand der obere Raum des Behälters mit der Außenluft in Verbindung. Das gespeicherte Gas befand sich zwischen Behälterboden und beweglicher Scheibe. Damit war zunächst auch die Gasversorgung mit Kokereigas durch das Neunkircher Eisenwerk auf viele Monate unterbrochen. Wenig tangiert wurde die Versorgungssicherheit Neunkirchens, da nur ca. 6% des benötigten Gases durch das Neunkircher Eisenwerk bereitgestellt wurden. Hauptsächlich wurde das Gas nach Ottweiler, Homburg und an Gemeinden in der Pfalz geliefert. Der Gewinn des Gaswerkes lag im gleichen Jahr bei 121.000 Francs und wurde der Stadt zugeführt. Auch in den folgenden Jahren führte das Gaswerk regelmäßig seine Überschüsse ab; sie waren ein fester Bestandteil der städtischen Einnahmen. Die Folge war allerdings, dass Investitionen in die Modernisierung und Erweiterung des Werkes unterblieben. 1937 entschloss sich der Stadtrat, die städtischen Betriebswerke aus der unmittelbaren Zugriffsmöglichkeit der Stadtverwaltung herauszulösen und zu verselbständigen. In den Jahren 1938/39 stellten die Werke die Gas-, Wasser- und Elektrizitätsversorgung grundlegend um. Die Eigengaserzeugung wurde vollkommen eingestellt, das Gaswerk abgerissen und an dessen Stelle eine Entschwefelungsanlage zur Reinigung des Rohgases von der Hütte erstellt. Die Versorgung erfolgte seit diesem Zeitpunkt nur noch mit Kokereigas. Bereits in den vorausgegangenen Jahren war der Bezug von der Hütte kontinuierlich gewachsen, er lag 1938 bei 4 Millionen Kubikmeter, das waren 80 Prozent der Gasabgabe. Bei dem Angriff am 30.11.44 wurden sämtliche Gebäude mit Betriebsanlagen sowie die beiden Gasbehälter zerstört bzw. stark beschädigt. Lediglich die Schwefelreinigung blieb betriebsfähig. Da auch die Kokerei des Eisenwerks, des bisherigen Gaslieferanten, ausfiel, kam die Gasversorgung vom 30.11.44 bis April 1945 zum Erliegen. Am Kriegsende waren 26,5% aller Anlagen der Stadtwerke Neunkirchen zerstört oder schwer beschädigt. Ab April 1945 konnte durch eine während des Krieges aus Luftschutzgründen vorbereitete Mitteldruckleitung aus dem Hochdrucknetz der Saar-Ferngas im Landerthal Gas entnommen und die Versorgung - wenn auch mit ungereinigtem Gas - wieder langsam in Gang gebracht werden. Dennoch musste der Gasbezug rationiert werden. 1947 konnte das NE wieder die Gaslieferung der Stadt aufnehmen. Am 28.3.47 wurde einer der beiden zerstörten Gasbehälter wieder in Betrieb genommen, sodass alle Abnehmer wieder mit gereinigtem Gas beliefert werden konnten. Während in den Folgejahren noch die Instandsetzung der beschädigten Anlageteile Vorrang hatte, begann Anfang der 50er Jahre auch hier die Erweiterung des Versorgungsnetzes. 1960 wurde mit dem Bau eines neuen Gaswerkes begonnen. Da der größte Teil des im Krieg zerstörten Gaswerkes, nur notdürftig wieder als Provisorium hergerichtet wurde, begann man im Jahre 1958/59 mit der Neuplanung einer den neuen Erfordernissen gerecht werdenden Anlage, die 1961 in Betrieb genommen werden konnte. Die Anlage des neuen Gaswerks umfasste einen Hochdruckspeicherbehälter mit 30.000 cbm Gasinhalt eine Niederdruckentschwefelungsanlage, mit einer Jahreskapazität von 18 Mio. cbm, sowie Regler, Verteilungs- und Meßanlagen.1963 wurde mit der Saar-Ferngas ein neuer Gasliefervertrag abgeschlossen. Dabei wurde das Gas vom Neunkircher Eisenwerk im ungereinigten Zustand geliefert und von den Stadtwerken gereinigt. Ab 1967 deckten die Stadtwerke den Gasverbrauch mit Bezug von der Saar-Ferngas AG. Die Rohgaslieferung über das Neunkircher Eisenwerk wurden am 26.11.1967 eingestellt. Stattdessen liefert die Saar-Ferngas AG das gebrauchsfertige Kokereigas direkt über die Merziger Leitung an die Stadtwerke Neunkirchen. Am 01.01.1970 entstand aus dem Zusammenschluss der Stadtwerke Neunkirchen AG und dem Zweckverband Versorgungsbetriebe Spiesen/ Elversberg die Kommunale Energie- und Wasser-versorgungs-Aktiengesellschaft (KEW AG) Neunkirchen (Saar). Zuvor hatte die Hauptversammlung der Stadtwerke Neunkirchen (Saar) AG am 16.12.1969 bereits beschlossen, dass diese Gesellschaft mit Wirkung ab dem 01.01.1970 unter dem Namen „KEW Kommunale Energie- und Wasserversorgung AG“ firmieren sollte. Gleichzeitig erfolgte eine Erhöhung des Grundkapitals der Aktiengesellschaft um 3.750.000 DM auf 18.750.000 DM und die Liquidation des Zweckverbandes. Die Gemeinde Spiesen/Elversberg wurde so mit 20% Anteilseigner an der KEW AG. Die restlichen 80% der Aktien verblieben bei der Stadt Neunkirchen. In den Jahren 1974 und 1975 erfolgte die schrittweise Umstellung auf Erdgas und bereits seit 1977 wird in Neunkirchen nur noch Erdgas Gruppe H vertrieben. (Gruppe H Erdgas aus Importen ist etwas energiereicher als Gruppe L aus heimischer Förderung) • 1985 wurde das Gaswerk um eine Butan-Luft-Mischanlage erweitert • 1990 erhielt der Gasometer einen neuen Anstrich • 2004 wurde die erste Erdgastankstelle eingeweiht • 2007 erhielt der Gasometer erneut einen neuen Anstrich
Zum Abschluss noch ein paar Sätze zu den heutigen Aufgaben der KEW zur Versorgung der Bevölkerung mit Erdgas: Die Kommunale Energie- und Wasserversorgung AG Neunkirchen (KEW) versorgt heute etwa zwei Drittel der Bevölkerung des Landkreises Neunkirchen sowie viele mittlere und große Unternehmen in Industrie, Handel und Gewerbe mit Energie. Für die Kunden ist es selbstverständlich, dass immer genug Gas vorhanden ist und es immer die gleiche Qualität hat. Für die KEW ist es aber harte Arbeit, dieses zu gewährleisten. Sollte einmal die Menge des Kugelgasbehälters nicht ausreichen, hat die KEW die Möglichkeit, Flüssiggas (Butan) einzusetzen. Butan entsteht bei der Benzinherstellung und besitzt durch Mischung mit Luft die gleichen Eigenschaften wie das Methan (der Hauptbestandteil des Erdgases), so dass es dem Erdgas beigemischt werden kann. Wenn das Gas in den Rohren der KEW ankommt, beträgt der Druck etwa 28 bar. Dieser Druck ist viel zu hoch, um es gleich an die KEW-Kunden weiterzuleiten. Durch den hohen Druck des Gases wäre das Risiko eines Lecks zu hoch, zu dicke Leitungen wären notwendig. Deshalb wird das Gas erst auf 6 bar geregelt. Der hohe Druckverlust lässt das Gas in den Leitungen erkalten, aus diesem Grund wird das Gas vor der Druckreduzierung erwärmt, damit ein Einfrieren der Regler verhindert wird. Doch auch mit 6 bar ist die Stärke des Gases zu heftig, als dass es schon an die einzelnen Haushalte verteilt werden könnte. Deshalb wird sein Druck nochmals reduziert, er beträgt schließlich 50 mbar. Das Gas für Großkunden wird mit 1 bar in die Mitteldruckringleitung geführt, von wo aus die Unternehmen mit Energie versorgt werden. Die sieben Übernahmestationen der KEW (Station Wellesweiler, Hungerpfuhl, Spieser Höhe, Heinitz und Wiebelskirchen sowie Gaswerk Neunkirchen und Schiffweiler) sichern die höchstmögliche Versorgung der Kunden. Ich wünsche der KEW auch in Zukunft ein glückliches Händchen im Spagat zwischen Versorgungssicherheit und günstigen Preisen für die Verbraucher.
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