Historischer Verein
Stadt Neunkirchen e.V.

Historischer Verein Stadt Neunkirchen e.V.

hvsnkopf

40 Grenzsteine im Forbacher Wald
Seit 250 Jahren erleben diese Grenzzeichen Geschichte
von Günther Gensheimer

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Pfaltz, Grenzstein Nr. 199

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Grenzstein F = Forbach

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Am Grenzsteinweg bei neuer Ruhebank

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1756 Grenzstein Höcherberg nahe Turm

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Grenzstein Nr. 206

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Bayr. Kohlhof, Grenzstein Nr. 40

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Am Feldweg, verlängerte Michelstraße

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KP, Staatsgrenze

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1756, Stein Nr. 200

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Königreich Bayern (KB)
Von Tieren wissen wir, dass sie ihren Lebens- und Nahrungsraum markieren (z. B. mittels Duftmarken...), abgrenzen und dies anderen so mitteilen wollen. Vom Menschen erfahren wir durch Funde, dass spätestens mit Beginn der Sesshaftigkeit in der Jungsteinzeit der zum Leben bzw. Überleben notwendige Grundbesitz (Wohnung, Felder, Wiesen, Teiche, Seen...) gegenüber anderen Zeitgenossen gekennzeichnet wird.
Bereits im „Alten Testament“ erwähnt 5. Mose 27, 17 „Verflucht sei, wer seines Nächsten Grenze verengert!“ („Verflucht, wer den Grenzstein seines Nachbarn verrückt!“). Schon bei Germanen und Römern galt das Antasten oder Verändern von Grenzzeichen als schweres Delikt, das göttliche Strafen erforderlich werden lässt. Die „langen Steine“ (= kelt. Menhire) werden als frühe Grenzzeichen gedeutet. Griechische und römische Termini dienten zur Abgrenzung der Landgüter. Am 23. Februar zum Fest des Gottes Terminus, den „Terminalia“ wurden zu Ehren dieses Gottes Grenzsteine gesetzt.
Hügel, Berge, Felsformationen, Täler, Bäche, Flüsse, Quellen, Sümpfe, Moore, besondere Bäume, Gebäude... dienten als natürliche Grenzpunkte zur Orientierung bezüglich der Marken. Wo diese fehlten, erstellte man schon in früher Zeit künstliche Grenzzeichen wie: Grenzhecken, Grenzgräben, Grenzbäume, hölzerne Grenzpfähle und Marksteine (Bannsteine).

Für das Setzen solcher Grenzmarken für den Grundbesitz galt schon laut „Sachsenspiegel“:
„Wer Malbäume oder Markensteine setzt, der soll den, der sein Land gegenüber hat, dabei sein lassen!“ (Quelle: Martin Baus/R. Schmitt). Seit dem Mittelalter wird die Grenzstein-Setzung zu einem Gesetzesakt, der seit Karl V. in der „Carolina“ (1532) bei Grenzverrückung mit dem „Abhacken der Frevlerhand“ bedroht wird. Im 18. Jahrhundert bestehen dann bereits gesetzlich bindende Grundbücher. Allen Grenzaktionen haben 7 von der Gemeinde vereidigte Feldgeschworene (die „Siebener“) beizuwohnen. Einmal im Jahr wurde ein regelmäßiger „Grenzumgang“ in den Dörfern vom Meyer (Schulze = Bürgermeister) mit den Dorfbewohnern über die Felder durchgeführt.

In fränkischer Zeit begannen in unseren heimischen Wäldern die Rodungen zu der Anlage der Waldbauernansiedlungen (Waldbauerndörfern) deren 1. Urkunden über Änderungen und Streit um Eigentumsgrenzen zu berichten und uns bei der Datierung zu helfen:
765? Wibilischirica, 1075/1214 Circulum/Kirkel, 1234 Furtbach/Forbach, 1281 Nonkerke/ Neunkirchen, 1439 Beckensbach.
Die ältesten Grenzmarken sind als Feldsteine ohne Datum- und Besitzerangabe noch wenig hilfreich. Behauene Grenzsteine aber sind sehr aussagekräftig wie:
NS – KW – WW – B – ZW – FNS (Nassau, 1603) – KW (Königswald, 1616) – WW (Wellesweiler, 1763) – B (Bexbach) – ZW (Zweibrücken, 1756) – F (Forbach)

Kartierungen durch das herzogliche „Vermessungsbüro) in Zweibrücken von Tilemann Stella zeigen bei hoher Aussagekraft natürlich immer wieder einige Ungereimtheiten bei Fluss-/Bachverläufen... kennzeichnen aber deutlich die Besitzgrenzen von – ZW – und den Nachbarn. Zwischen den Ansiedlungen und Dörfern in und rund um den ausgedehnten Forbacher Forst der Nassauer kam es immer wieder aus vielerlei Anlässen zum Streit um: Waldweiden, Holzabfuhr und Wild. Wie wildreich der Forbacher Wald um 1750 war illustriert die Auflistung der Herren von Saarbrücken zum Hochzeitsmahl der Tochter im Neunkircher Jagdschloss mit 120 Stück Rotwild und 70 Sauen für die Hochzeitsgäste. Da wurde für die Neunkircher Untertanen das Halten von Hunden untersagt und durch Wildzäune mit Falltoren dafür gesorgt, an der „Goldenen Bremm“ und beim „Faulenberg“ an der „Alten Rohrbacher Straße“ den Verlust dieses wertvollen Wildes an die Nachbarn, z.B. die Herzöge von Zweibrücken oder Wilderer zu verhindern.

1753 wird der Zimmerer Johann Nikolaus Mensch, ein zur Zufriedenheit des Fürsten am Schlossbau Neunkirchen arbeitender ehemaliger Zimmermann, als Falltersknecht (=Falltor) an den Faulenberg beordert und mit einem kleinen Stück Land dort bedacht. So entsteht dort an der Kreuzung „Alte Rohrbacher Straße“, Straße Neunkirchen – Kirkel, die Behausung des Johann Nikolaus Mensch, die Menschshütte. Als die Familie dann stark anwächst, erhält Johann Nikolaus Sohn ein größeres Stück Acker und baut ein kleines Haus, Menschenhaus (Register von 1771).
Die nassauischen Fürsten werden als leidenschaftliche Jäger mit ihrem Oberhofjägermeister Maldix, Maldiss, Maltitz oft in den Forbacher Wäldern mit Jagdgesellschaften angetroffen. Sie setzen ihre Untertanen bei Klapp-/Zeug- und Parforcejagden als Treiber ein. Überhaupt werden die nassauischen Untertanen zu der Zeit stark reglementiert (siehe Malditz-Sage). Ein Strafregister berichtet dazu mehr über die Vorschriften des Alltags und beim Feiern von Hochzeit und Tod. Der Grenzbereich im Forbacher Wald macht sogar den Einsatz von 3 Landhutsaren, wohnhaft beim Schloss, notwendig (insgesamt 7 von Illingen, Ottweiler und Neunkirchen eingesetzt). Sie haben die Erlaubnis vor Ort körperliche Züchtigungen und Geldstrafen auszusprechen (Todesstrafe nicht erlaubt).
Grenzsteine markieren bereits seit 1603 diese Grenze. Die Zeichen Z– und Z= stehen für Herzogtum Pfaltz-Zweibrücken – Nassau-Saarbrücken. Diese Wolfsangel entstammt nicht der germanischen Rune, sondern aus der Zeit der Bedrohung durch Vogesen-Wölfe, dem Fangeisen für Wölfe, an Bäumen dort mit Fleischköder befestigt (Landesarchiv Koblenz von J. Seegrün).
Gerichtsakten berichten ausführlich von den meist wenig erfreulichen Begegnungen von Forbachern, Neunkirchern, Limbachern, Bexbachern und Kirklern als Klage-Prozess-Akten und Urteile über Auseinandersetzungen um:
Waldweide:
1543: Benutzungssperre des Bürgelweiher-Damms, um Erlangrund und Heidenkopf
1616: Um Beweiden der Rauweide
1622: Um Waldweide an Faulenberg und Lattenbusch
1650: Compromiss-Urteil zu 1622
Holz und Werkzeug:
1567: Um „laubgefallenes“ Holz, Limbacher Eisenkeile und Ketten
1568: Strafeinzug von 10 Gulden, wegen Äxten...
1573: In Furtbacher Wald, Compromiss-Urteil zu „Laubgefallenem“
1744: Rückgabe Limbacher Äxte, Rudolph Weber (wie 1603 Vertrag)

Das Herzogtum Zweibrücken als östlicher Nachbar der Fürsten von Nassau-Saarbrücken bestand im Südteil aus weit auseinanderliegenden Ländereien, getrennt durch nassauischen Besitz. Dies bewog die Herren Christian IV. von Pfalz-Zweibrücken und Fürst Wilhelm Heinrich zu einem umfassenden Ländereienaustausch, dem Homburger Vertrag von 1755 (Homburg, Beeden, Altstadt, Schwarzenbach, Kirrberg... kamen zu Zweibrücken).
Niederbexbach, Bliesransbach, und Frankenholzer Hof kamen zu Nassau-Saarbrücken, wodurch für NS die Hoheit über den Höcherberg und dessen Kohlevorkommen gesichert waren. In Folge dieses Homburger Vertrags wurde dann eine Großaktion zur festeren Grenzmarkierung mit den hohen Buntsandstein, Grenzsteinen (90 cm/ 40 x 30 cm).
So wurden 1756 von der „Spieser Mühle“ mit Nr. 1 bis zur „Goldenen Bremm“ (kleiner Kohlhof) Nr. 40 (Kleberbach – St. Ingberter Bach – „Alte Rohrbacher Straße“), 40 Grenzsteine (Grenzsteinweg heute) gesetzt, von St. Arnual bis Saal-Welschweiler, 215 Steine (oder gar 400 Stück).
Das harte Leben dieser Grenzmarken belegen manche stark mitgenommene Steine und ein Archivfund:
1783: „Actum Limbacher Thorhaus“ zur Wiedereinsetzung des Nr. 44 für den abgebrochenen Nr. 40.
Stein 37/38 im hochgeschütteten Hohlwegrand, beschädigter Grenzstein 1756 am Feldwegrand verl. Michelstraße.
Abgebrochener Stein Nr. 200 am Grenzsteinweg. In Waldboden gedrückter Stein Nr. 204 nach Februarstürmen 1990.
Zum Sitz umgestalteter Stein Nr. 206.
Die wohl älteste Kartierung an der „Alten Rohrbacher Straße“ von 1756 soll nun ersetzt werden durch eine neue Kartierung.
Aus der Grenze der Fürstentümer wurde schon bald eine Staatengrenze, Königreich Preußen: KP – 1816 – Königreich Bayern – KB, eine Grenze an
der der Schmuggel Bier, Tabak usw... florierte (KUH-Schicksal an der Goldenen Bremm). Von einem blutigen Schusswechsel 1919 am bayr. „Stockhübel“ Kohlhof berichtete die Schulchronik von Kohlhof. So lebendig können Grenzsteine und Prozessakten noch nach Jahrhunderten über alte Zeiten berichten.
Günther Gensheimer