Historischer Verein
Stadt Neunkirchen e.V.

Historischer Verein Stadt Neunkirchen e.V.

Arbeitersiedlung – Arbeiterwohnungen
Frühe Arbeiterwohnungen in Neunkirchen
von Heinz Gillenberg – 2. und letzter Teil –
 
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Die Hüttenhäuser am Anfang der Königstraße (hier befindet sich heute das südliche Ende des Saarparkcenters), hier und in der Saarbrücker Str. um die alte „Schmältz“ standen auch Arbeiterwohnungen

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Arbeiterhaus in der Kohlwaldstraße

Einen Einblick in die Wohnverhältnisse von 1748 gibt uns das von dem Hofkammerrat Heihs erstellte „Inventarium des Neunkircher Eisenwerks samt Schmeltze, der Stahl- und Eisenhämmer und übrigen herrschaftlichen Gebäuden, auch Gärten und Wiesen“. In 10 Positionen werden die verschiedenen Produktionsanlagen genau beschrieben und auch kleinste Werkzeuge und Modelle, ja sogar jeder Löscheimer, aufgeführt.
Mit der Position 11 beginnt dann die Aufzählung der 17 bei der Hütte vorhandenen Wohnungen. Des Herrn Admodiator Wohnhaus auf der Hütte hatte eine Küche und 10 Stuben und war großzügig eingerichtet mit Öfen, Schränken, Tischen, Stühlen und auch Geschirr. Wahrscheinlich gab es in Neunkirchen nicht viele solcher Wohnungen. Die eine an die man sich erinnern kann, das Jägermeisterhaus, wurde erst mit dem neuen Schloss gebaut, also nach 1753.

Beginnen wir mit den Wohnungen der Hüttenleute:
– des Platzknechts Wohnung mit 4 Zimmern, einem Herd und einem Ofen
– Schmelzermeister Morlo mit 4 Zimmern, einem Herd und einem Ofen
– Wohnung bei der Schmelz mit 4 Zimmern, einem Herd und einem Ofen
– Aufseher Georg Heintzen mit 3 Zimmern und einem Ofen

Dann werden zwei in einem neu gebauten Haus untergebrachte Wohnungen aufgeführt:
– des rauhen Stahlschmidts Wohnung
– des Reckschmidts Wohnung
– beide mit Herd und Ofen, kompl. Einrichtung bestehend aus Schrank, Tisch und Bank.
– Mit Bettlade, eiserner Hohl, Pfannen, Häfen und Mörser mit Stößer.
– Außerdem war in diesem Haus untergebracht die Wohnung für des Stahlschmidts Jungs.
– Der Aufseher Joh. Leinhayster wohnt in einem eigenen „Hausgen“.
– Hammerschmidt Nik. Rinnerfaß mit 4 Zimmern, einem Herd und einem Ofen.

Die letzten 7 beschriebenen Wohnungen
waren in schlechtem Zustand, besonders die Fenster waren zum Teil zerbrochen.
– Former Joseph Cami Wohnung mit 4 Zimmern, einem Plattenofen und einem Herd
– Hammerschmidt Bernhard Josten mit 5 Zimmern, einem Ofen und einem Herd
– Hammerschmidt Nikolaus Jungen mit 5 Zimmern, einem Ofen und einem Herd
– des Kleinschmidts Loutschens mit 4 Zimmern und einem Ofen
– des Kohlenbrenners Wohnung mit 2 Zimmern und einem Plattenofen
– des 2ten Kohlenbrenners Peter Rouion mit 3 Zimmern und einem alten Plattenofen
– des Schlackenbrenners Nikolaus Tinnes mit 4 Zimmern und einem alten runden Ofen

Einige Besonderheiten kann man aus der Wohnungsaufstellung ablesen.
Die neuen Pächter wollten in Neunkirchen mit der Stahlherstellung beginnen, darum das neue Haus für den „rauen Stahlschmidt“. Dieser ist aber wohl noch nicht in Neunkirchen. Wie die Produktion gehen sollte ist klar, der Schlackenbrenner ist schon in Aktion, der mit einer Art Rennofen aus den angefallenen Frischschlakken einen „rauen Stahl“ herstellen sollte. Aus dem in unserer Gegend geförderten Erz war Stahl durch Frischen nicht zu erzeugen. Die hier dokumentierten Versuche, besonders hochwertiges Schmiedeeisen, das man damals Stahl nannte, zu erzeugen waren auf die Dauer nicht wirtschaftlich. Stahl wurde bald nur noch aus Roherzen aus der Rheingegend erzeugt.
Auch die Unterbringung des Stahlschmidts Jungen, der Lehrlinge also, zeigte eine Besonderheit. Hier wurden Hüttenleute beim Meister ausgebildet wie in den anderen Fachberufen, eine bis dato bei den Hütten unübliche Maßnahme.
Mit einem Sondervertrag genehmigte am 24. November 1749 der Fürst den Stokkums den Bau einer neuen Hütte, der sogenannten Oberschmelz. Auch hier werden unter 4.) besondere Zusagen für die Arbeiter gemacht:
„Verwilligen wir gnädigst, dass Admodiatores des Platzes um die neue Schmeltz zu legung Ertz und Halden sich frei bedienen haben sollen, und wollen ihnen auch nach selbstig genauere Augenschein,
etwa Land zu Gärten vor ihre Arbeiter annoch frey anweisen lassen, und im übrigen dieselben bei dem ganzen Inhalt aller Punkten des ersten Hauptcontrakts, sowohl darunter wir nunmehro ebenmäßig die Neue Schmeltz absonderlich was die Arbeiter und anderes anbetrifft, mit inbegriffen

Diese besondere Gnade, die hauptsächlich die zugewanderten Arbeiter aus Württemberg betraf, war Teil eines Vertrages der die Pächter „Zehntausend Gulden Rheinisch“ kostete ..... zu bezahlen und an unseren Baudirektoren Stengel, der mir solches Geld zu einem sicher vorhabenden Bauwesen angewiesen, gegen jedesmalige Quittung zu liefern.
Das „sicher vorhabende Bauwesen“ war das Schloss Jägersberg in Neunkirchen mit dessen Bau 1753 begonnen wurde. So hingen dann Arbeiterwohnungen und Schloss in Neunkirchen zusammen.
Wohnungen für Arbeiter, eine Möglichkeit Facharbeiter anzuziehen und festzuhalten, eine Stammbelegschaft zu bilden und, durch Begünstigung von Heiraten unter den zugezogenen Familien, zu vergrößern war also der Grund für die aufgezeichnete Entwicklung. Und das war auch der Grund für viele Wohnungsbaumaßnahmen der Zukunft, von den Werkswohnungen der Stumms und anderer Fabrikantenfamilien bis zu dem Prämienhausprogramm der staatlichen Bergwerke.
– Ende –
Fotos: Archiv NE, Sammlung: Birtel