Historischer Verein
Stadt Neunkirchen e.V.

Historischer Verein Stadt Neunkirchen e.V.

Aus der Kohlhofer Schulchronik
Bestimmungen über die Schulchronik von 1937 von Günter Schwinn
 
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Eintragungen zum Ende des Krieges
Okt. 1918 Wie allerorts – nach Zeitungsberichten – im Reiche eine furchtbar matte Stimmung eine Kriegsmüdigkeit sich eingestellt hat, so auch bei uns im Dorfe. Nur noch ein Wunsch besteht: Kriegsschluss auf jeden Fall.
10.11.18: Die Abdankung des Kaisers wurde heute hier bekannt, von den Arbeitern wurde sie mit Freuden begrüßt. Die Bauern verhielten sich reservierter.
11.11.18: In Neunkirchen wurde gestern der Arbeiter- und Soldatenrat gegründet. Im Dorfe herrscht Ruhe.
16.11.18: Ab heute hat Kohlhof eine Posthilfsstelle. Herr Ludw. Sauerbrey hat sie übernommen.
18.11.18: Heute Abend wurde auch bei uns ein Bauernrat gewählt. Er besteht aus 3 Mitgliedern: Hausecker – Hans – August Limbach
19.11.18: Die ersten heimkehrenden Krieger passierten heute unser Dorf. Es war das bayerische Feld-Artillerie-Regiment Nr. 10.
02.12.18: Gestern ist die franz. Besatzung in Neunkirchen eingerückt. In der Nacht zogen die ersten Franzosen hier durch. Sie kamen von Neunkirchen und hatten Limbach als Ziel.
Ende Dezember 1918 Kohlhof hat bis jetzt noch keine Besatzung. Der Ort ist der Kommandantur in Neunkirchen unterstellt. Der Kommandeur ist der Oberst Weiller.
03.11.19: Zu einem blutigen Zusammenstoß zwischen Schiebern und Gendarmen kam es heute gegen Abend an der Pfälzischen Grenze auf der Straße Kohlhof– Niederbexbach.
Die Händler Gebr. Höffner aus Neunkirchen versuchten, trotzdem es gestern erst durch die Ortsschelle als verboten bekannt gemacht worden war, ungefähr 10 Wagen mit je ungefähr 30–35 Ztr. Kartoffeln über die Grenze zu schaffen. Dem zuständigen Bayrischen Gendarm Damm war von dem Vorhaben gemeldet worden. Dieser suchte mit einem jüngeren Kollegen die Schiebung zu vereiteln. Am „Stockhübel“ erwarteten sie die Kolonne. Kaum hatten diese die Gendarmen bemerkt, so versuchten sie auch schon mit den Wagen durchzugehen. Da sie also auf die Haltrufe der Beamten nicht hörten, fiel der Wachtmeister Damm den vorderen Pferden in die Zügel. Der Knecht Ulanowski aber schlug sofort mit der Peitsche auf Damm u. stieß ihn rückwärts den Abhang hinunter. Da es seinem Begleiter ebenso ergangen war und weitere Tätlichkeiten folgten, griffen die beiden Beamten nun zu ihren Schusswaffen und feuerten. Der 1. Schuss verletzte einen Knecht am rechten Oberarm. Durch den 2. Schuss wurde der Händler Max Höffner, der mit einer Peitsche auf den D. losging, so verletzt (Bauchschuss), dass er sofort zusammenbrach. Die Umstehenden(!?) brachten ihn in die Wohnung des Karl Scheiber von hier. Während seiner Fieberträume soll er hier, wie mir Herr Scheiber selbst versicherte, oftmals die Worte: „So, jetzt sind die 100.000 M. (Hunderttausend Mark) fort“, gesprochen haben. Während dieser Zeit war der Bäckermeister Karl Hans nach der Unglücksstelle gekommen und sagte, es solle jemand nach Bexbach laufen um den Arzt und Pastor zu rufen. Daraufhin ging der jüngere der Gendarmen, um diese Hilfe zu holen. Jetzt hatten die Schieber Damm allein. Er wich, seine Pistole vorhaltend, Schritt für Schritt rückwärts gehend nach der Bliesbrücke zurück. Und vielleicht wäre ein weiterer Zwischenfall unterblieben, wenn nicht die umstehenden Bauern, durch eine kurz bestehende Presse und Organisation aufgehetzt, die Verfolger mit Worten wie“: Schlagt ihn doch zusammen; ihr fürchtet euch vor dem, ich würde mit nicht so mit der Pistole vor der Nase rum spielen lassen etc“. An den Akazien überfielen sie nun Damm, der Knecht Weihs riss ihm die Pistole aus der Hand und feuerte nun auf den Beamten los, während ihn die anderen mit seinem eigenen Seitengewehr u. Stöcken bearbeiteten. Schon tot, schlug man noch weiter auf ihn zu. Während dieses „Schauspiels“ standen viele Christen umher und lachten, dass die Knechte das fertig gebracht hatten. Nicht unterlassen möchte ich noch eine Äußerung eines Bürgers, die ich selbst hörte, niederzuschreiben“: Gut ist es, dass der Gendarm verreckt ist; aber der arme Höfler, so ein christlicher Mann“. Soweit sind wir. Wenn von diesen bekannten Seiten noch weiter gegen jede Autorität gehetzt wird, so darf man sich nicht wundern, wenn sie auch eines Tages diese „Autorität“, die jetzt alles, was uns früher heilig war, in Staub und Schmutz zieht, absetzt. Gemeinschaftsgefühl – beseelte Gesellschaft – Utopie, aber egoistisch – mammonistisches Begehren das wird zum Verderben unseres Landes, nur um jetzt anstatt 11 M = 17 M pro Zentner zu bekommen.
04.10.19: Zahlreiche Verhaftungen sind schon vorgenommen. Unter anderem auch der Privatmann Friedrich von hier. Das Zweibrücker Untersuchungsgericht war heute hier und nahm den Tatbestand auf.
13.10.19: Der obengenannte Friedrich wurde heute, weil zu unrecht verhaftet, entlassen.

 

Ausschnitte aus dem „Pfälzischen Merkur“ zum Gendarmenmord bei Niederbexbach

 
 

Samstag, den 4. Oktober 1919:
„Ein fluchwürdiges Verbrechen hat sich gestern Abend bei Niederbexbach zugetragen. Wir erhielten noch im Laufe der Nacht hierüber folgende Meldung:
Gestern Abend gegen 6 Uhr wurde der Gendarm Damm im Bann von Niederbexbach von Kartoffelschmugglern erschossen. Bis zum Abschluss unseres Blattes konnten wir noch folgendes in Erfahrung bringen: Zwischen 6 und 7 Uhr gestern Abend wurden von zwei in Mittelbexbach stationierten Gendarmen zwischen Niederbexbach und dem Kohlhof zwölf mit Kartoffeln beladene Wagen, die verschoben werden wollten, gestellt. Es gab zwischen den Beamten und den Schiebern Auseinandersetzungen, die zu Handgreiflichkeiten führten, in deren Verlauf der Gendarmeriesergant Damm durch zwei Schüssel so schwer verletzt wurde, dass er den Verletzungen alsbald erlag. Der andere Gendarmeriesergant konnte sich der Übermacht seiner Angreifer nicht erwehren und musste die Flucht ergreifen. Der erschossene Damm, ein pflichttreuer, eifriger Beamter, stammte aus Mittelbexbach. Er stand Ende der dreißiger Jahre, war verheiratet und hinterlässt außer seiner Frau ein Kind. Die Kartoffelschmuggler – 7 bis 8 an der Zahl – stammen aus Neunkirchen (Saar). Hoffentlich gelingt es der sofort verständigten Zweibrücker Staatsanwaltschaft, die sich heute Nachmittag an den Tatort begibt, Licht in das Dunkel dieses Verbrechens zu bringen und die entkommenen Täter der gerechten Strafe zuzuführen“.

Montag, den 6. Oktober 1919
Mittelbexbach, 5. Oktober: Über die ruchlose Ermordung des Gendarmerieserganten Damm von hier, dessen Beerdigung morgen Montagnachmittag 2 Uhr auf dem hiesigen Friedhof stattfindet, wird der „Saarbrücker Zeitung.“noch folgendes gemeldet: Die vier Gebrüder Emil, Ludwig, Max und Felix Höfner, Kartoffelhändler in Neunkirchen, waren mit ihren Knechten sowie Angestellten anderer Neunkircher Kartoffelhändler am Freitag in der Pfalz gewesen und hatten dort Kartoffeln aufgekauft. Als sie abends gegen 7 Uhr mit sechs mit Kartoffeln beladenen Fuhrwerken über die von Niederbexbach nach Kohlhof führende Straße fuhren, wurden sie in der Nähe der Bliesbrücke von zwei bayrischen Gendarmen angehalten. Über die Berechtigung zur Ausführung der Kartoffeln aus der Pfalz entstand zwischen den Händlern und den Gendarmen ein heftiger Wortwechsel, der schließlich in Tätigkeiten ausartete, so dass die Gendarmen von ihren Waffen Gebrauch machen mussten. Der Gendarmeriesergant Damm aus Mittelbexbach wurde von dem Knecht Ulanowski die Böschung hinuntergeworfen, worauf der andere Gendarm mehrere Schüsse auf die Angreifer abgab. Der Händler Max Höfner erhielt zwei schwere Bauchschüsse, während einem seiner Brüder durch das rechte Bein geschossen wurde. Auch der Gendarmeriesergant Damm schoss, und die Kugel ging seinem Angreifer Ulanowski durch den rechten Oberarm. Nunmehr fielen die Leute über Damm her, misshandelten ihn und nahmen ihm seine Schusswaffe sowie sein Seitengewehr ab. Die Gendarmen mussten nunmehr der Übermacht weichen. Hierbei erhielt Sergant Damm von hinten einen Schuss aus seinem ihm vorher abgenommenen Dienstrevolver. Die Kugel drang an der rechten Rückenseite ein und kam an der Brust wieder heraus. Hierbei hatte sie die Lunge zerrissen, so dass der Beamte auf der Stelle, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben, durch innere Verblutung starb. Den schwerverletzten Max Höfner nahmen die übrigen Händler mit nach Neunkirchen, er liegt nicht vernehmungsfähig im Knappschaftslazarett. An seinem Wiederaufkommen wird gezweifelt, da lebensgefährliche innere Verletzungen festgestellt sind. Die Kriminalpolizei von Neunkirchen verhaftete auf Grund der oben geschilderten Vorgänge am Samstag vormittags die Gebrüder Ludwig, Felix und Emil Höfner sowie den Knecht Ula-nowski und führte sie dem Gerichtsgefängnis in Zweibrücken zu. Ein weiterer an dem Zusammenstoß beteiligt gewesener Knecht des Händlers Porker aus Neunkirchen ist geflüchtet. Nachmittags war eine Gerichtskommission aus Zweibrücken an dem Tatort, um den genauen Hergang des Zusammenstoßes festzustellen. Bei ihrer Vernehmung gaben sie an, dass der geflüchtete Knecht den tödlichen Schuss abgegeben hätte, nach ihm wird gefahndet.

2. und letzter Teil –
Günter Schwinn