Historischer Verein
Stadt Neunkirchen e.V.

Historischer Verein Stadt Neunkirchen e.V.

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Das Gymnasium am Krebsberg
Geschichte einer gemeindeeigenen höheren Schule
von Wolfgang Melnyk - 2. Teil
 
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Das Krebsberg-Gymasium um 1990

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Durch die 1985 beginnenden Renovierungsarbeiten erhielt die Schule ihr heutiges ansprechendes Äußeres
1922 ging ein lang ersehnter Wunsch der Gemeinde Neunkirchen in Erfüllung, Neunkirchen wurde endlich Stadt. Damit wurde die Schule, bisher Realgymnasium der Gemeinde Neunkirchen städtisches Realgymnasium. Bereits 1925 herrschte erneut Raumnot. Zwar blieb die Schülerzahl bis zum Zweiten Weltkrieg in etwa konstant und pendelte so um die 500. Doch vermehrte Fächerkombinationsmöglichkeiten vermehrten die Anzahl der Klassen.
Ein Wettbewerb zur Gestaltung eines Neubaus wurde 1929 ausgeschrieben und ein Bauplatz ausgesucht. Die Realisierung dieser Pläne scheiterte schließlich jedoch an Finanzierungsschwierigkeiten. So mußte die Schule sich in den nächsten zweieinhalb Jahrzehnten noch mit den beengten Raumverhältnissen abfinden.
Die national-sozialistische Schulreform 1937 brachte für das Realgymnasium Neunkirchen erhebliche Änderung mit sich. Dazu zählte u. a. die Verkürzung der Schulzeit von neun auf acht Jahre sowie eine Vereinfachung der Schultypen verbunden mit einer Namensänderung.
Der Name lautete jetzt Oberschule für Jungen. Die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges lähmten wie im Ersten Weltkrieg auch jetzt wieder die gesamte Unterrichtstätigkeit. Infolge des Eintritts vieler Lehrer und Schüler in die Wehrmacht, mußte der Unterricht wesentlich eingeschränkt werden. Die Schüler der Oberstufe waren fast alle eingezogen, sodass der Unterricht nur noch für die Unter- und Mittelstufe stattfand. Zeitweise fiel der Unterricht ganz aus, da die Klassenräume von den durchziehenden Truppen belegt waren. In den letzten beiden Jahren konnte durch die ständigen Flieger-Alarme und Angriffe kaum noch unterrichtet werden. Mehrere Klassen wurden im Zuge der Kinderlandverschickung nach Südbayern verlegt.
Bis zum Ende des Krieges hatte das Schulgebäude keine nennenswerten Schäden davongetragen. Die fürchterlichen Fliegerangriffe am 15. März legten ganze Straßenzüge in Schutt und Asche und vernichteten auch das schöne Schulhaus in der Oststraße. Sechs Tage nach dieser militärisch sinnlosen Zerstörung zogen die amerikanischen Truppen in Neunkirchen ein. In den ersten Monaten nach dem Krieg war an einen Schulunterricht nicht zu denken. Zuerst galt es die schweren Schäden, die durch die Bombardierungen entstanden waren notdürftig zu beseitigen.
Auf Anordnung der Regierung sollte dann am 1. Oktober 1945 der Unterricht wieder aufgenommen werden. Dies war für Neunkirchen besonders schwierig, da neben den Gebäuden für die höheren Schulen auch viele Volksschulen beschädigt waren. Es galt daher den vorhandenen Schulraum so aufzuteilen, dass alle Schulformen mit dem Unterricht, wenn auch stark eingeschränkt mit dem Unterricht beginnen konnten. Dem Gymnasium wurde das älteste Neunkircher Schulgebäude zugewiesen – die Schlossschule. Der gesamte Komplex war bei Schulbeginn in einem trostlosen Zustand. Große Teile des Daches waren zerstört, die Fensterrahmen überwiegend stark beschädigt. Der Hofraum war durch einen tiefen Graben aufgerissen. Dennoch waren Schüler und Lehrer froh endlich wieder den Schulbetrieb aufnehmen zu können. In Eigenleistung wurde der Graben verfüllt, die kaputten Fenster wurden mit Pappe notdürftig verkleidet. So konnte der erste Nachkriegswinter unter vielen Schwierigkeiten überstanden werden.
Die Einrichtung der Klassen unterlag dauernden Schwankungen, da viele Schüler erst nach und nach aus den Verschickungslagern heimkehrten, wodurch teilweise während des Schuljahres neue Klassenaufteilungen notwendig wurden. Am nachhaltigsten wirkte sich die verspätete Heimkehr für die Schüler der oberen Klassen aus. Sie kamen anfangs nur vereinzelt aus der Kriegsgefangenschaft zurück und fanden oft nur sehr schwer den Anschluss an den Leistungsstand ihrer Klasse. Viele von ihnen waren jahrelang weg und leisteten entweder Kriegsdienst oder waren als Luftwaffenhelfer eingesetzt. Um diesen jungen Menschen zu helfen wurden Sonderklassen für Kriegsteilnehmer eingerichtet. Zur planmäßigen Durchführung des Unterrichts mussten die Klassen so aufgeteilt werden, dass die eine Hälfte vormittags und die andere Hälfte nachmittags Unterricht hatte. Dies brachte vor allem den auswärtigen Schülern große Unannehmlichkeiten, da zu dieser Zeit kaum ausreichend Fahrmöglichkeiten bestanden.
Im internen Schulbetrieb trat vor allen Dingen der Mangel an Lehr- und Lernmittel schwerwiegend in Erscheinung. Die noch teilweise vorhandenen Schulbücher aus der national-sozialistischen Zeit durften nicht verwendet werden und neue standen noch nicht zur Verfügung. An Stelle der achtjährigen Oberschule trat jetzt wieder das neunjährige Realgymnasium. Die großen Schäden die der Krieg der Hüttenstadt zugefügt hatte, wirkten sich auch finanziell derart aus, dass die Stadt aus eigener Kraft die erforderlichen Mittel für den Wiederaufbau nicht bereitstellen konnte. So war es nahe liegend, dass die Stadt infolge ihrer Notlage wieder die Frage der Verstaatlichung der beiden höheren Schulen aufgriff. Am 2. September 1948 war es dann soweit, dass ein Vertrag mit der Regierung des Saarlandes über die Verstaatlichung der beiden Gymnasien unterzeichnet wurde.
In dem Vertrag wurde u. a. geregelt, dass die Stadt den für einen Neubau erforderlichen Grund und Boden kostenfrei zur Verfügung stellen muss. Sofort nach dem Übergang der Schule in Staatsbesitz suchte das Kultusministerium die große Notlage durch Erstellung eines Neubaus zu lindern. Bereits in dem Haushaltsplan 1949 wurden die erforderlichen Mittel für den ersten Bauabschnitt eingestellt. Nun galt es einen geeigneten Bauplatz ausfindig zu machen. Da in den Jahren kein Gesamtbebaungsplan aufgestellt wurde, fehlte es jetzt an größeren geeigneten Plätzen. Der frühere Anstaltsbereich in der Oststraße konnte für einen Neubau nicht in Frage kommen, da der Platz einfach nicht mehr ausreichte. Nach langem Suchen einigten sich Stadtverwaltung und Regierung auf den Platz am Hang des Krebsberges, der wegen seiner schönen Lage und der Nähe zur geplanten Stadterweiterung gut geeignet schien. Die Pläne fertigte das Wiederaufbauamt des Saarlandes, die Ausführung des Baues übernahm das Stadtbauamt. Bereits im Juli 1949 wurde mit den Planierungsarbeiten begonnen. Die Ausführung der Hochbauarbeiten wurden den hiesigen Firmen Franz Emmrich & Söhne und Heil & Söhne übertragen. Bereits im November konnte die Firma Sperling das Gebälk aufschlagen und am 21. Dezember wurde das Richtfest gefeiert.
Nachdem in den Wintermonaten die Pläne für den Weiterbau erstellt wurden und auch die erforderlichen Mittel bereitgestellt waren, konnte zügig mit dem zweiten Bauabschnitt begonnen werden. Die Firmen Albert, Cronau, Emmrich und Heil, die sich zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen hatten, führten die Maurer- und Betonarbeiten bis Ende Juni durch. Zwischenzeitlich war auch schon mit dem Bau der Turnhalle begonnen worden. Bereits im Oktober wurde hier mit der Dacheindeckung begonnen.
Zwar konnte der Umzug von der alten Schlossschule am 19. Oktober 1950 erfolgen, die offizielle Einweihungsfeier mußte jedoch verschoben werden, da sie auf Anordnung des Ministers im Hause vorgenommen werden mußte, die Aula jedoch noch nicht fertig gestellt war. Nachdem 1950 nur der Ostflügel seiner Bestimmung übergeben werden konnte wurden nach und nach auch die übrigen Teile des Gebäudes bezugsfertig. Im Juni 1951 wurden die elektrischen Einrichtungen für Physik, Chemie und Biologie fertig. Im gleichen Monat konnte der Turnbetrieb in der neuen Halle aufgenommen werden und der Direktor bezog seine Dienstwohnung neben der Schule. Die Arbeiten an der Aula verzögerten sich jedoch länger als geplant, so dass die feierliche Übergabe des Gebäudes erst am 26. April 1952 im Rahmen eines Festaktes erfolgen konnte. Aus der geplanten 75-Jahr-Feier war eine 77-Jahr-Feier geworden.
Die Schule wuchs rasch weiter, so dass das neue Haus schon bald wieder zu klein werden drohte. 1965/66 war das Krebsberggymnasium mit rund 1300 Schülern und 40 Klassen zum größten Gymnasium für Jungen im Saarland geworden. Sogar Kellerräume mussten als Schulsäle herhalten.
1965 begannen die Bauarbeiten zum ersten Erweiterungsbau. Als Notlösung für die Zwischenzeit plante man den Bau eines Schulpavillons neben der Turnhalle. Dieser Pavillon wurde an Ostern 1966 mit vier Klassen belegt. Eine richtige Entlastung brachte jedoch erst die Fertigstellung des ersten Erweiterungsbaus Ende 1967. Dieser dreigeschossige westliche Trakt war für acht Klassen mit Nebenräumen errichtet worden. Anschließend stellte man den östlichen Trakt mit der zweiten Turnhalle, Musiksaal, Kombinationsraum und weiteren Nebenräumen fertig. Wegen der weiter ansteigenden Schülerzahlen und der Erfordernisse eines modernen naturwissenschaftlichen Unterrichts plante man schon damals die Errichtung eines zusätzlichen Erweiterungsbaues. 1973 war es dann soweit und am 16. September 1976 übergab Kultusminister Werner Scherer den naturwissenschaftlichen Neunbau seiner Bestimmung. Durch die 1985 beginnenden Renovierungsarbeiten erhielt die Schule ihr heutiges ansprechendes Äußeres.
Ende
Quelle: Fotos Raber/Schwenk
Wolfgang Melnyk