Historischer Verein
Stadt Neunkirchen e.V.

Historischer Verein Stadt Neunkirchen e.V.

Die Entwicklung des Straßennetzes und der Straßennamen      
                                                                                                                            
   2. Teil
Bericht von Armin Schlicker


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Nordheim Plan  1797
Erste Straßennamen für Neunkirchen gibt es dann in einem Katasterplan von J. Heinrich Nordheim aus dem Jahr 1797, die den Bereich um den Oberen Markt und die beiden Schlösser zeigt (6).

Konkret bezeichnet sind hier
• ein „Weg nach Spiesen“ (das ist die heutige Talstraße),
• eine „Zweibrücker Straße“ (heutige Markt- und Hohlstraße),
• der „Schwebler Weg“ und
• die Hüttenbergstraße (auch  Chaussee nach Saarbrücken und Ottweiler genannt).
Die heutige Heizengasse, der Steinbrunnenweg, die Langenstrichstraße und die Rollerstraße sind zwar in dem Plan eingezeichnet, jedoch noch ohne Namen.

 
 
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Tranchot-Karte 1818
Es gibt dann weitere Pläne von Neunkirchen, die zwischen 1818 und 1867 entstanden sind und die Straßen von Neunkirchen zeigen, jedoch keine Straßennamen enthalten:
• Bei der Tranchotkarte von 1818 handelt es sich um ein Blatt einer topografischen Aufnahme der rheinischen Gebiete, die durch französische Ingenieurgeografen unter Oberst Tranchot (1803 – 1813) begonnen und durch preußische Offiziere unter Generalmajor Freiherr von Müffling (1816 – 1820) fortgeführt wurde (Maßstab 1 : 25 000) (7).
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Auszug aus dem Schreiben
an die Fa. Welle 1879

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Wiebelskirchen vor 1850

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Wiebelskirchen vor 1860


Der Tractus I von 1822 (8) zeigt die Grundstücke mit den Namen der Eigentümer im Bereich um den Oberen Markt.
• Der Preußischen Urkataster Neunkirchen von 1847 – 49 ist eine Flurkarte des Dorfes Neunkirchen. In ihr sind auch Straßen ohne Namen eingezeichnet.
• Auch ein Ortsplan von 1867 enthält keine Straßenbezeichnungen (9).
Am 20. 12. 1878 beschloss der Gemeinderat von Neunkirchen emaillierte Straßenbezeichnungsschilder (blaues Feld mit weißer Schrift) anbringen zu lassen sowie die Häuser bzw. Grundstücke zu nummerieren und Nummernschilder aus dem gleichen Material anbringen zu lassen. Der Ortsbaumeister Riemann schlug nach Einholung von Angeboten dem Bürgermeister Jongnell am 15. 05. 1879 schriftlich vor, bei der Fa. Selle in Leipzig 78 Straßenbezeichnungsschilder (für 49 Straßen und 8 Wohnplätze) und 1200 Hausnummern für 1114 vorhandene und 86 im Bau oder in der Planung befindliche Häuser zu beschaffen. In diesem Schreiben sind die 49 Straßennamen und Wohnplatzbezeichnungen aufgeführt (10). Die Straßennamen müssen also irgendwann davor in der 2. Hälfte des 19. Jh. festgelegt worden sein.
Diese Straßennamen waren dann auch erstmals in einem im Stadtarchiv Neunkirchen vorhandenen Ortsplan von 1883 eingezeichnet (11). Das  Adressbuch Neunkirchen von 1888 gibt für die Wohnungen der Einwohner ebenfalls Straßennamen und Hausnummern an. Die ersten Straßennamen hatten meist einen örtlichen Bezug (sie trugen die Namen der ersten Bewohner, hatten Flurbezeichnungen übernommen oder ergaben sich aus der Ortsgeschichte).
Im 19. Jh. stieg die Zahl der Einwohner Neunkirchens durch die Industrialisierung und Verstädterung explosionsartig von
• 3.007 im Jahre 1847 über
• 15.423 im Jahre 1880 auf
• 36.402 im Jahre 1910.
Wir haben also eine Verzwölffachung der Einwohnerzahl in 63 Jahren zu registrieren.
Alle diese neuen Bürger suchten Wohnraum. So entstanden ständig neue Straßen, die in der Zeit nationaler Begeisterung nach dem gewonnenen Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 oft nach Mitgliedern des neuen Kaiserhauses (Hohenzollern, Kaiser Wilhelm, Prinz Heinrich, Prinz Adalbert, Prinz Friedrich Karl), nach Politikern (Bismarck, Hardenberg, Stein), nach siegreichen Generälen (Moltke, Steinmetz, Manteuffel, Falkenstein, Bredow, Herwarth, Roon), auch nach solchen der Befreiungskriege (Blücher, York, Gneisenau), oder nach Schlachtenorten (Sedan, Spichern) benannt wurden. 1903 wurde außerdem in einer groß angelegten Aktion eine Reihe weiterer Straßen, die vorher andere, neutrale Namen hatten, nach patriotischen Gesichtspunkten umbenannt (12).
Diese patriotischen Straßennamen wurden auffälligerweise auch nach dem verlorenen 1. Weltkrieg während der Verwaltung des Saargebietes durch den Völkerbund und der Besetzung durch französische Truppen beibehalten, obwohl die Franzosen sonst während dieser Besatzung durchaus nicht zimperlich waren. In den übrigen heute zur Stadt gehörenden Orten gab es vor 1895 noch keine Straßennamen, aber die Häuser waren durchnummeriert. Dies war 1882 nach zwei diesbezüglichen Verordnungen des damaligen Präsidenten Jungen des Regierungsbezirks Trier geschehen (13). Eine vergleichbare Maßnahme war in den rheinischen Städten bereits unter Napoleon erfolgt. Eine bekannte Kölner Parfümerie führt bekanntlich seither ihre damalige Hausnummer 4711 als Markennamen. Straßennamen wurden in den Gemeinden, wo es sie bis dahin nicht gab, 1910 ebenfalls auf Anordnung der Bezirksregierung einheitlich eingeführt. In der damals selbständigen Gemeinde Wiebelskirchen, die man eigentlich als Muttergemeinde von Neunkirchen bezeichnen kann, gab es eine andere Entwicklung als in Neunkirchen. Im ausgehenden 18. Jh. bestand das Dorf aus zwei Ortsteilen, die durch die Blies getrennt waren
• dem Ortsteil Dorf um die evang. Kirche und dem Ortsteil Seiters (auf der Neunkirchen zugewandten Bliesseite).
Im Ortsteil um die Kirche gab es um 1767 insgesamt 27 Wohnhäuser und im Ortsteil Seiters die gleiche Anzahl jeweils mit Nebengebäuden (14). Bis Mitte des 19. Jh. sind wohl nur wenige Häuser dazu gekommen. Das änderte sich, als nach dem Bau der Eisenbahn der Bergbau und die Eisenindustrie eine stürmische Entwicklung nahmen. Die Industrie zog Arbeitskräfte an, die arbeitsplatznahe Wohnungen suchten. Die beiden Ortsteile wuchsen nun zusammen, und der Ortsteil Seiters entwickelte sich die Höhe des Kuchenbergs hinauf in Richtung Neunkirchen.

 
 
   
 
 
   
 
 
Ende des 2 ten Teils
Armin Schlicker