Historischer Verein
Stadt Neunkirchen e.V.

Historischer Verein Stadt Neunkirchen e.V.

Die ersten Ordnungshüter in Neunkirchen
Ein Bericht von Armin Schlicker – 1. Teil –
 
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Anfang des 18. Jahrhunderts war Neunkirchen, das 1281 erstmals urkundlich erwähnt worden war, ein kleines völlig unbedeutendes Dorf im Oberamt Ottweiler des Fürstentums Nassau- Saarbrücken. 1707 hatte es gerade mal 215 Einwohner (155 Lutheraner, 7 Reformierte und 53 Katholiken). Andere Orte im heutigen Kreis Neunkirchen hatten da schon eine ereignisreichere Geschichte hinter sich und durch den Sitz einer Herrschaft eine herausragendere Bedeutung.
So wurde z. B. Ottweiler schon 1544 Residenz einer Nebenlinie des Hauses Nassau-Saarbrücken. 1550 verlieh Kaiser Karl V. der Residenz des Grafen Johann IV. von Nassau-Saarbrücken (gleichzeitig Johann I. von Nassau-Ottweiler) die Stadt- und zwei Jahre später die Marktrechte. Ottweiler wurde Sitz eines Oberamtes. Von hier aus wurden die nördlichen Gebiete der nassauischen Herrschaft im Saarraum verwaltet.
In Illingen residierten die reichsunmittelbaren Freiherrn von Kerpen über eine der kleinsten, nur aus vier Dörfern bestehende Herrschaften der ca. 2500 selbständigen Territorien des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Nominell war hier zwar der Kaiser unbeschränkter Herrscher, tatsächlich aber waren die Freiherrn von Kerpen souveräne Herren. Sie waren auch Inhaber des Halsgerichts (das Recht „zu henken und zu ertrenken und alle Bosheit zu bestrafen“) 1).
Aus seinem Dornröschenschlaf wurde Neunkirchen durch zwei Entwicklungen geweckt. Im Unterdorf an der Blies war 1593 „die Eisenhütte im Tale von Neunkirchen“ durch Graf Albrecht von Ottweiler gegründet worden und hatte sich schon gut entwickelt. Durch den 30-jährigen Krieg wurde die Aufwärtsentwicklung stark gehemmt, nicht zuletzt durch Arbeitskräftemangel. In einem Bericht aus dem Jahre 1641 heißt es: „Neunkirchen und Spießen sind mehr als halbabgebrannt, in diesen beiden Orten leben nicht mehr als 4 Untertanen“. Damit konnte man natürlich kein Werk betreiben. Erst nach dem westfälischen Frieden 1648 und dem danach einsetzenden allmählichen Bevölkerungswachstum, insbesondere durch Rückkehr von vor dem Krieg geflohenen Dorfbewohnern und durch Zuzug aus dem Alpenraum, konnte das Hüttenwerk wieder aufgebaut und zu einer ersten Blüte gebracht werden. Von 215 Einwohnern im Jahre 1707 wuchs die Einwohnerzahl bis 1764 auf 1250 Seelen (die Einwohnerzahl konnte damit in 57 Jahren fast versechsfacht werden). So konnte schon am 14. August 1752 in einem fürstlichen Dekret „das zur Passage wohlgelegene Dorff, Neunkirchen mit zwey Jahr-Märckten“ ausgestattet werden 2).
Ebenfalls im Jahre 1752 wurde in Neunkirchen mit dem Bau eines Barockschlosses im Bereich zwischen heutiger Schlossstraße, Alleestraße und Irrgartenstraße begonnen. Zwar gab es in Neunkirchen zu diesem Zeitpunkt schon ein Renaissanceschloss (am Standort der heutigen Gebäude Burgkeller, Burg-Kino, Debeka-Versicherung), das in der 2. Hälfte des 16. Jahrhundert erbaut worden war. Es war wegen des Wildreichtums der Wälder um Neunkirchen als Jagdschloss von den Nassauern genutzt worden. Bei dem neuen Schloss dagegen handelte es sich um ein repräsentatives Gebäude mit großem Schlossgarten. Die Bauarbeiten zogen sich über viele Jahre hin. Es existiert noch eine Steinmetzrechnung aus dem Jahr 1765.
Mit der Industrie und den Baustellen kamen viele neue Menschen in den Ort. Außerdem erforderten diese Baustellen neben vielen Arbeitskräften auch riesige Mengen Material. Und wo Güter sind, entstehen oft Begehrlichkeiten und Kriminalität.
Schon im Jahre 1748 stellte Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken eine Truppe von zunächst 12, später 27 Landhusaren unter dem Kommando eines Wachtmeisters zusammen, „um das liederliche Gesindel auszurotten“ 3).
Davon wurden drei Mann in Saarbrücken stationiert, um „die täglichen Befehle des Fürsten auszuführen“, die anderen Husaren wurden auf das Herrschaftsgebiet verteilt.
Der genaue Tag an dem die Landhusaren ihren Dienst aufnahmen, steht nicht fest. Es muß aber Anfang 1748 gewesen sein, denn der Fürst teilte den Oberämtern unter dem Datum vom 3. April 1748 schriftlich mit, dass die Landhusaren „die Straßen und Nebenwege in Feldern und Wäldern fleißig bereiten, anbei denselben ernstlich auferlegt worden, sich nicht gelüsten zu lassen, die gringsten Excesse zu begehen“ und sich im übrigen mit ihrem Sold zu begnügen 4).
Offenbar haben sich die Landhusaren an diese generelle Anweisung nicht strikt gehalten, so dass der Fürst sich gezwungen sah, am 18. August 1752 ein Reglement 5) zu erlassen „wonach unser Husaren-Wachtmeister und die ihm untergebenen Land-Husaren sich hinführen untertänigst zu achten haben“. Diese Vorschrift legte die Aufteilung der Korporale und Mannschaften auf die Grafschaften Saarbrücken, Ottweiler und Saarwerden fest. In der Grafschaft Ottweiler wurden je drei Landhusaren in Ottweiler, Neunkirchen und Dirmingen stationiert. Diese drei Landhusaren waren wohl die ersten Ordnungshüter in Neunkirchen, die auch einen eindeutigen Polizeiauftrag hatten.
Die Truppe hatte die Aufgabe, auf die Einhaltung der fürstlichen Polizey-Ordnungen, der Wald- und Forstordnung, der Zollbestimmungen, der Marktordnung, der Münzordnung und weiterer Vorschriften zu achten. Trafen die Landhusaren bei ihren Streifen Vagabunden an, so hatten sie diese festzunehmen und dem nächsten Amtmann oder Meier (Ortsvorsteher) zu übergeben. Sie warenForstbedienten und Gerichtspersonen zur Amtshilfe verpflichtet, wenn sie wegen Wilderei, Waldfrevels oder Diebstahls darum ersucht wurden. Ein besonderes Augenmerk sollten sie auf Zollfrevler richten. Wenn sie einen solchen erwischten, war er mit der zollpflichtigen Ware dem Amt zu übergeben. Ein solcher Fang konnte dann für die Husaren durchaus lukrativ sein. Handelte es sich bei der konfiszierten Kontrabande um Salz oder Branntwein, so stand ihnen die Hälfte davon zu, wenn es sich um Tabak handelte, dagegen „nur“ ein Drittel „zur Ergötzlichkeit vor sich“, wie es dazu in dem Reglement ausdrücklich heißt. Bei großen Mengen sichergestellten Schmuggelgutes war auch eine Barauszahlung des Anteils möglich.
Das Reglement bestimmte für die Landhusaren im Detail was sie zu tun hatten bzw. was ihnen erlaubt oder verboten war. Aus diesem Reglement ist ein ausgeprägtes Mißtrauen, möglicherweise wegen schlechter Erfahrungen, gegenüber der neuen Truppe erkennbar. Dabei muß man bedenken, dass es sich um (vorherige) Soldaten handelte, die keinerlei Schulung für die neue Aufgabe erfahren hatten. Leider ist nicht überliefert, welche Kriterien für die Übernahme in das Landhusarencorps angelegt wurden. Auch über Besoldung, Uniform und Bewaffnung ist nichts bekannt.
Der Wachtmeister sollte die Landhusaren alle 10 bis 11 Tage in ihren Quartieren persönlich visitieren und dabei auch die Ausrüstung, insbesondere die wertvollen Pferde inspizieren, um festzustellen, ob sie sich in gutem Zustand befinden. Er sollte auch in Erfahrung bringen, ob in den Dörfern Klagen über die Husaren geführt werden. Überhaupt hatte der Wachtmeister auf eine gute Manneszucht der Husaren zu achten.

 Quellenhinweise:
  1. Robert Kirsch, Unter dem kerpischen Zickzackbalken in Landschaften und Leute im Wandel der Zeit, Hrsg. Landkreis Neunkirchen
  2. Landesarchiv Saarbrücken, Best. N-S II, Nr. 2776
  3. Landesarchiv Saarbrücken, Best. N-S II, Nr. 3631
  4. Landesarchiv Saarbrücken, Best. N-S II, Nr. 3631
  5. Dr. Elmar Müller, Justiz und Polizei vor 200 Jahren in Festschrift zum Landesdeligiertentag 1968 der Deutschen Polizeigewerkschaft im Beamtenbund
  6. K. Hoppstädter, Der Saarbrücker Hofadel im 18. Jahrhundert
  7. Landesarchiv Saarbrücken, Best. N-S II, Nr. 5240
  8. Manfred Teufel, Die südwestdeutsche Polizei im Obrigkeits- und Volksstaat
  9. Saarbrücker Intelligenzblatt von 1828
  10. Landesarchiv Saarbrücken, Best. N-S II, Nr. 4610
  11. Landesarchiv Saarbrücken, Best. N-S II, Nr. 4611
Armin Schlicker