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Die alte Jugenstilhalle in Neunkirchern-Heinitz beherbergte das
ehemalige Kokereigas-Großkraftwerk des Königlichen Steinkohlebergwerks
Heinitz. Der 160 m lange Ost – West ausgerichtete Monumentalbau hat 20
Gebäudeachsen, die mitmassiven, gegossenen Eisentürmchen markiert sind.
Die geschickt angeordneten Längs- und Querbauten zeigen einen besonderen
Rhythmus. Das Monumentalbauwerk steht auf der Geländestufe, die den
ehemaligen Grubenbahnhof nach Norden begrenzt. Die richtungsweisende
Stahlskelett – Architektur (Delf Slotta) wurde konstruiert von dem
Professor für Brückenbau an der TH Aachen, Reinhold Krohn (1852 – 1932),
der ab 1886 auch Direktor der Brückenbau-Anstalt der Gutehoffnungshütte
in Oberhausen war. Einer der ersten und weit bekannt gewordenen
Jugenstil – Architekten Bruno Möhring (1863 – 1929) gab dem
konstruktiven Gerüst der Halle den auffallend eleganten
Jugenstil-Charakter. Besonders bewundernswert ist auch, dass diese
elegante Gerüstkonstruktion im Inneren der Halle über Laufkräne verfügt,
die zig Tonnen schwere Lasten tragen können.
Die Stahlskelett – Konstruktion wurde von mehreren Spitzenfachleuten als das Nationale Denkmal der Region bezeichnet.
Das
Schwestergebäude auf Zollern 2/4 in Dortmund-Bövinghausen, das heutige
Industriemuseum wurde ebenfalls von Reinhold Krohn und Bruno Möhring
entworfen und von der Gutehoffnungshütte Oberhausen gebaut. Auch hier
wird zum ersten Mal und gleichzeitig die Energie-Erzeugung in einem
einzigen Gebäude zusammengefasst. Der ehemalige Innenminister von
Nordrhein-Westfalen hat dieses Bauwerk zum „Nationalen Denkmal” erklärt.
Nach Delf Slotta u.a. steht einer ähnlichen Bewertung der
Gasmaschinenzentrale nichts entgegen. Das monumentale Bauwerk besteht
aus einem Längsbau mit vier Querbauten.
Die besondere
baugeschichtliche Bedeutung der Gasmaschinenzentrale in Heinitz wurde im
Laufe der Jahre von mehreren Spitzenfachleuten hervorgehoben:
- Prof. Dr. Boris Klein: Die Erhaltung der Halle ist eine nationale Aufgabe
- Armin Schmidt, 1989, Staatlicher Konservator Saarbrücken: Die
Gasmaschinenzentrale gilt als eine der eindrucksvollsten
Stahlskelettbauten an der Saar.
- Prof. Dr. Rainer Slotta: Die Heinitzer Gaszentrale ist ein Denkmal von nationaler· Bedeutung.
- Oberregierungsrat Delf Slotta: Die Heinitzer Gaszentrale in Neunkirchen zeigt· richtungsweisende Bauweise, ein
technisches
Denkmal, Stahlskelettbau von großer Qualität. Die Maschinenhalle in
Dortmund-Bövinghausen ist zum nationalen Denkmal erklärt worden,
einer ähnlichen Bewertung in Heinitz steht nichts entgegen.
- Das Landesdenkmalamt Saarbrücken unter der Leitung von Prof. Dr
Baulig setzt die Gasmaschinenzentrale Heinitz auf Platz 1 der im
Saarland zu unterhaltenden Denkmäler.
- 2003 hat die Initiative den Antrag gestellt und gebeten, die Halle zum Nationalen Denkmal zu erklären.
Die Frage ist hier eigentlich: was muss man noch tun, um das
Gebäude tatsächlich zum nationalen Denkmal zu erklären oder erklären zu
lassen?
1992 wurde die Halle unter das Saarländische
Denkmalschutzgesetz (SdschG) gestellt. Einige Punkte des Gesetzes in der
Fassung vom 19.5.2004 sollen hier in Kurzform angeführt werden.
Dabei wird die Frage gestellt: „Was schreibt das Denkmalschutzgesetz vor und was bewirkt es tatsächlich?”.
§1
(1) Kulturdenkmäler sind als Zeugnisse menschlicher Geschichte und
örtlicher Eigenart zu schützen, zu pflegen, sinnvoll zu nutzen und
wissenschaftlich zu erforschen.
§1 (2) Bei öffentlichen Planungen
sind die Belange des Denkmalschutzes so einzubeziehen, dass das
Kulturdenkmal erhalten und seine Umgebung angemessen gestaltet wird
§1
(3) Den juristischen Personen des öffentlichen Rechts obliegt in
besonderem Maße, die ihnen gehörenden Kulturdenkmäler zu pflegen
§1(4)
Das Land trägt zu den Kosten der Erhaltung und Instandsetzung von
Kulturdenkmälern nach Maßgabe der im Haushaltplan bereitgestellten
Mittel bei.
Eine Rechtsverordnung kann von der Landesdenkmalbehörde erlassen werden.
Ordnungswidrigkeit kann festgestellt und verfolgt werden, wenn die unter §1 aufgeführten Forderungen nicht erfüllt werden.
Die
Strafen, die bei einer Ordnungswidrigkeit verhängt werden, schwanken in
den Bundesländern ja neben der Wiedergutmachung durchschnittlich etwa
zwischen 250.000 und 500.000 Euro. In Mecklenburg-Vorpommern werden z.
Zt. 1,5 Mio Euro angesetzt.
Welche bautechnischen Kennzeichen des
ehemaligen Großkraftwerks fordern nun den Schutz des Gesetzes und
veranlassten außerdem die Spitzenfachleute, es zum „Nationalen Denkmal”
zu erklären?
Die wichtigsten bautechnischen Kennzeichen sind:
- Das einmalig sauber durchdachte, mathematisch begründete, elegante
und daher richtungsweisende Stahlskelett – Gerüst, auf das die
hervorragend passenden Formen des damals modernen Jugendstils
meisterhaft angepasst sind.
- Die rhythmische Anordnung der korbbogigen Fenster, jeweils die
dritte Fensterachse ist wesentlich breiter als die beiden seitlichen.
- Die korbbogig abgeschlossenen Fenster sind von einer Korbbogenblende überfangen.
- Jedes Fenster ist in der Mitte durch einen Stahlträger geteilt.
- Sprossenartige, leiterartige Zierrahmen untergliedern die Fenster im westlichen Gebäudeteil.
- Oberhalb der Fensterbögen ist das Dachgesims in der Art einer Attika Geschwungen an der Trauflinie weitergeführt.
- Gegossene Pfeilerchen aus massivem Eisen markieren die Gebäudeachsen.
- Die Höhendimension ist beträchtlich, Querbauten sind höher als die
Längsbauten, der 2. Querbau (Zentraler Querbau) überragt die anderen
Dächer.
- Das Satteldach ist von einer Fenster-Kuppel-Reihe gekrönt.
Diese typischen bautechnischen Kennzeichen sind klar, deutlich
und unübersehbar. Sie wurden auch immer wieder in der Literatur
besonders hervorgehoben und betont. Bei der 100-Jahrfeier trug Delf
Slotta vor allen Verantwortlichen, nochmals die Begründung für eine
Erklärung zum nationalen Denkmal vor und brachte auch die Erläuterungen
dazu. Soweit die anerkannte Baukunst, die im §1 , Abs.1 des
Denkmalschutzes geschützt ist.
Zur Geschichte der Entstehung des Denkmals:
Neben
den bautechnischen Kennzeichen des wichtigen Gebäudes gehört nach dem
Denkmalschutz-Gesetz auch seine Geschichte. Diese „Industrie-Kathedrale”
hat die Landschaft, das Dorf, die Region und die Menschen, die den
Grundstein zum Bau dieses Denkmals gelegt haben, grundlegend geformt und
geprägt. Der notwendige und nützliche Einsatz der Elektrizität im
Bergbau und in vielen anderen Betrieben hat umfangreiche Entwicklungen
erfordert. Man hat hier zur richtigen Zeit die richtige Mannschaft
gefunden, die diesen kreativen Arbeiten gewachsen war und die diese
Arbeiten mit größtem Einsatz auch gemeistert hat. Die Elektrizität hat
über viele Jahrhunderte die Menschen beschäftigt.
An der Entwicklung
der Stromerzeugung haben sehr viele Wissenschaftler aus mehreren
Ländern seit mehr als 400 Jahren gearbeitet.(Volta, Ampère, Ohm usw.).
Im Jahre 1831 entdeckt dann Michael Faraday die elektromagnetische
Induktion. Dabei entsteht Gleichstrom, wenn ein elektrischer Leiter
durch ein Magnetfeld bewegt wird.
1868 erfindet Werner von Siemens
die Dynamos zur Stromerzeugung. Diese Erfindung hat bereits die
besondere Nützlichkeit der Elektrizität aufgezeigt. Der erzeugte
Gleichstrom konnte allerdings nur über kurze Entfernung transportiert
werden. Deswegen musste praktisch neben oder nur in geringer Entfernung
der stromverbrauchenden Arbeitsmaschine ein Generator mit Motor
betrieben werden. Dadurch bestanden große Schwierigkeiten bei der
Einführung der Elektrizität in die praktische Arbeitswelt. Die
vielseitigen Möglichkeiten des Elektrizitäts-Einsatzes im Zustand der
Entwicklung hat nun das königliche Steinkohlebergwerk durch die
Anpassung, den Einsatz der verschiedensten Geräte und ihre technische
Entwicklung in die Hand genommen, um den Sprung von der Erfindung zum
praktisch-technischen Einsatz zu ermöglichen. Nur deshalb war die
beschleunigte technische Entwicklung auf der Grube Heinitz möglich
geworden. Kleine Stromzentralen, wie sie in Heinitz z.B. im Schacht 3 im
Malakoffturm betrieben wurden, waren aber nur ein Schritt zur
Elektrifizierung eines Betriebes oder des weiteren Gebrauches. Außerdem
waren bei diesem Verfahren die Stromkosten noch recht hoch. Es wurde
konzentriert und zielstrebig an mehreren Fronten der technischen
Entwicklung in Zusammenarbeit mit speziellen Fachfirmen gearbeitet:
- 1879 Einsatz von elektrischem Licht auf der Siebanlage Dechen, wobei jede Lampe von einer Siemens-Lichtmaschine gespeist wurde
- 1884 Erste Telefonanlage auf einer Grube an der Saar
- 1890 Im Malakoffturm des Schachtes 3 entsteht eine zentrale elektrische Anlage mit 15 Bogenlampen von je 9 Ampère
- 1897 39 Bogenlampen, 189 Glühlampen auf Heinitz in Betrieb. Der
Strom kommt aus der zentralen Anlage des Schachtgebäudes und wird von 4
Dampfmaschinen mit zusammen 40 PS, 1 Gasmotor mit 12 PS, 1
Turbinenmotor mit 2,5 PS erzeugt.
- Betrieb einer Wasserpumpe in 800 Meter Entfernung
- 1897 Betrieb einer Elektrolok zum Materialtransport zum Schacht 3
- Betrieb einer Koksausdrückmaschine
- Betrieb einer Mörtelmaschine
- Betrieb einer Heupresse
Wie man sieht, hat sich das Steinkohlebergwerk mit sehr vielen
Möglichkeiten des Einsatzes von Elektrizität und Arbeitsmaschinen
beschäftigt. Das besondere Engagement der Beschäftigten wird an vielen
Stellen überaus deutlich.
Als es 1891 Oskar von Miller aber gelang
Drehstrom (dreiphasiger Wechselstrom) von Lauffen am Neckar nach dem 180
km entfernten Frankfurt zur internationalen Elektrizitätsausstellung zu
transportieren, beschloss man in Heinitz, den elektrischen Strom, der
an verschiedenen Stellen des Betriebes zum Antrieb der Motore gebraucht
wurde, in einer einzigen Elektrozentrale konzentriert zu gewinnen. Mit
großen und starken Motoren war der Strom wesentlich kostengünstiger
herzustellen. Man beschloss den Bau eines größeren Kraftwerks, das
zunächst die beiden Gruben Heinitz und Dechen mit Strom versorgen
sollte. Als Betriebsmittel für den Antrieb der Motore der Dynamos setzte
man d as sonst frei in die Luft entweichende Koksgas ein.
Diese
hervorragende und Erfolg versprechende technische Entwicklungsarbeit
sollte auch durch ein Bauwerk mit modernster Technik unterstrichen und
herausgestellt werden.
Mit der Planung des Gebäudes beauftragte man
die bereits weithin bekannten Baufachleute, den Konstrukteur Prof. Dr.
Reinhold Krohn und den Jugendstil-Architekten Bruno Möhring. 1904
begannen die Arbeiten mit dem Bau der Halle und des dazu notwendigen
1000 cbm Gasometers. Zunächst montierte man einen Gasmotor mit 700 PS.
1905
folgte dann ein Motor mit 1200 PS. 1906 kam eine Erweiterung mit drei
weiteren Gasmotoren von je 1500 PS. Die Erweiterung 1907 bestand aus
zwei Gasmotoren mit je 3000 PS. Auch das damalige Dorf Neunkirchen
sollte laut Vertrag vom 17.9.1906 ebenfalls aus diesem damaligen
Großkraftwerk mit Strom versorgt werden. Ein zügiger und zielstrebiger
Ausbau kennzeichnet also diese Stromzentrale.
Eine enge
Zusammenarbeit mit der Lieferfirma der Gasmotore, Erhard und Sehmer,
sorgte für die ständige Verbesserung der Motore und ihre Anpassung an
die Konzentration des Koksgases, das einer ständigen Bearbeitung bedarf.
So mussten die verschiedensten Verunreinigungen herausgenommen, d.h.
das Gas musste mit entsprechend zu entwickelnden Reinigungsverfahren
gereinigt und seine Konzentration gesteuert werden. Koksöfen waren zu
spezialisieren.
Es gab kaum Betriebsausfälle. Die mit dem Strom
belieferten Betriebspunkte konnten reibungslos und ohne Störungen
arbeiten. Dies wurde überall mit Lob zur Kenntnis genommen und als
besondere Leistung herausgestellt. Als Beispiel wird eine Kolonne der
Dynamos von 1910 gezeigt.
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