Historischer Verein
Stadt Neunkirchen e.V.

Historischer Verein Stadt Neunkirchen e.V.

Die Polizei Neunkirchen in den ersten Nachkriegsjahren
von Armin Schlicker  – Teil 3 –
 
hvn_02.jpg
Das großzügige Polizeigebäude am Stadtpark im Rohbau ca. 1937
Quelle: Archiv Schwenk
hvn_03.jpg
Die Verwaltungsspitze der Stadt Neunkirchen mit dem ehemaligen Bürgermeister Knobloch (4. von rechts) und den Vertretern der Militärregierung vor dem Polizeipräsidium (Sitz der Stadtverwaltung) am 14. Juli vermutliche 1945 (französischer Nationalfeiertag).
Quelle: Stadtarchiv Neunkirchen
Wilhelm Antes wurde zum ersten Dezember im Jahre 1946 mit seinem Dienstgrad Polizeikommissar zunächst noch von der kommunalen zur staatlichen Polizei übernommen und blieb Leiter der Polizeidienststelle in Neunkirchen. Es stellte sich nun aber bald heraus, dass er für dieses Amt völlig ungeeignet war. Da er zu diesem Zeitpunkt fast 68 Jahre alt war, nahm man dies zum Anlaß und beurlaubte ihn am 9. Mai 1947 mit sofortiger Wirkung und entließ ihn zum 31. Dezember 1947 ohne Pensionsanspruch aus dem Polizeidienst.

Leiter der für die Stadt Neunkirchen zuständigen Polizeidienststelle 17 wurde nun ab 1. November 1947 der frühere Kriminalbeamte Paul Leibrock, der 1935 aus politischen Gründen aus dem Dienst entfernt worden war. Im April 1946 war er zunächst als Kriminalsekretär bei der noch kommunalen Polizei in Brebach wieder eingetreten. Nach der Verstaatlichung der Polizei wurde er am 9. Oktober 1947 zum Polizeikommissar ernannt und nach Neunkirchen als Dienststellenleiter versetzt. 1949 wechselte er zur Landeskriminalpolizei, wurde Kriminalrat und Vertreter des Leiters der Landeskriminalpolizei. 1957 ließ er sich nach dem politischen Anschluss an die Bundesrepublik unter Berufung auf einen entsprechenden Vertrag zwischen Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland, wie auch Friedrich Krumbach, vorzeitig in den Ruhestand versetzen.
In Neunkirchen war schon bei der kommunalen Polizeidienststelle eine Kriminalabteilung eingerichtet, die organisatorisch auch nach der Verstaatlichung zunächst dort verblieb. Ihre sachliche Zuständigkeit ist nicht geklärt . Leiter dieser Kriminalabteilung war der Kriminalobersekretär Wilhelm Dusemund.

Am 1. März 1947 begann an der Polizeischule in Saarburg der 1. Einweisungslehrgang für saarländische Polizeibeamte. An diesem Lehrgang nahmen auch Polizeibeamte aus Neunkirchen teil. Der Lehrgang dauerte damals zwar nur einen Monat, aber er war der Beginn der Bemühungen, mit einer kontinuierlichen Ausbildung neu eingestellter Polizeianwärter allmählich aus den chaotischen Zuständen der Nachkriegszeit herauszukommen und eine demokratische Polizei aufzubauen. Schon am 1. Juli 1947 wurde die Polizeischule von Saarburg nach St. Ingbert verlegt, da die Gemeinden des Kreises Trier und der größte Teil der Gemeinden des Kreises Saarburg wieder aus dem Saarland ausgegliedert wurden.
Zum Schluß noch einige Anmerkungen zu den nach heutigen Maßstäben fast unzumutbaren Arbeitsbedingungen vor allem der Wachdienstbeamten der uniformierten Polizei in dieser Zeit unmittelbar nach der Besetzung durch die Amerikaner und in den ersten Nachkriegsjahren:
 
  • Es wurde ein 24-Stunden-Wechseldienst verrichtet, d.h. die Beamten hatten 24 Stunden Dienst am Stück und dann 24 Stunden dienstfrei(6). Da viele Beamte nicht am Dienstort wohnten und eigentlich niemand ein Kraftfahrzeug besaß, mußte in der dienstfreien Zeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln oft noch die zeitaufwendige An- und Heimfahrt bewältigt werden. Der Weg von und zum Dienst war nach einer generellen Anordnung grundsätzlich in Uniform zurückzulegen, so daß die Beamten auch außerhalb ihrer Dienstzeit allein durch ihre Erkennbarkeit zum Sicherheitsgefühl der Bevölkerung beitrugen.
  • Wie sahen die Polizisten in der „Stunde Null“ aus? Mit Armbinden, auf denen „Police“ stand, versahen die Polizisten ihren Dienst in zerschlissener dunkelblau gefärbter Zivilkleidung oder Militäruniform mit oft leerem Magen. Dazu trugen sie dunkle Schirmmützen, die aus der Kleiderkammer der Hüttenwächter ausgeliehen waren. Es waren von ihrem äußeren Erscheinungsbild her zu urteilen fürwahr keine Respektspersonen, welche die Staatsgewalt verkörperten. Dennoch paßten sie in das Gesamtbild der damaligen Zeit, denn die Bevölkerung war im Durchschnitt ebenfalls nicht besser gekleidet und ernährt. Die Stadt Saarbrücken hat schon im Oktober 1945 eine Bekleidungskammer eingerichtet, um das Erscheinungsbild der Polizisten zu verbessern. Ob und wann dies in Neunkirchen geschehen ist, ist nicht bekannt.
  • Die ersten Polizisten nach der Besetzung durch die Amerikaner durften keine Waffen tragen. Ihre einzige Ausrüstung waren Stöcke mit denen sie aber gegen die Banden, die sich zum Teil aus nicht heimkehrwilligen ehemaligen Zwangsarbeitern zusammensetzten, wenig ausrichten konnten. In Saarbrücken wurden am 5.4.1945 zehn Polizisten mit Karabinern und je 10 Schuß ausgerüstet. Als sie diese aber am 8.4.1945 erstmals gegen aus dem Osten stammende Straßenräuber einsetzten, mußten sie sie am 10.4.1945 schon wieder abgeben(7). Eine generelle Bewaffnung der Polizei erfolgt erst später.
  • Als am 16.8.1946 erstmals Überlegungen zur Verstaatlichung der kommunalen Polizei angestellt wurden, hatten die kommunalen Polizeidienststellen im Kreis Ottweiler folgende Personalstärken (einschließlich der Kriminalbeamten): Neunkirchen 39 Beamte, Ottweiler 6 Beamte, Wiebelskirchen 7 Beamte, Spiesen 10 Beamte, Schiffweiler 5 Beamte. Im ganzen Saarland gab es zu diesem Zeitpunkt 525 kommunale Polizeibeamte.
  • Im Jahre 1937 hatte Neunkirchen ein eigenes großzügiges Polizeigebäude am Stadtpark erhalten. Vorher war die Polizeidienststelle im Bürgermeisteramt in der Wellesweilerstr. untergebracht. Das schöne Gebäude des Polizeipräsidiums blieb während des 2. Weltkrieges vor nennenswerten Zerstörungen verschont(8). Dagegen war das Bürgermeisteramt in der Wellesweilerstr. völlig zerstört und andere Verwaltungsgebäude ebenfalls erheblich in Mitleidenschaft gezogen worden. Aus diesem Grunde wurde die Stadtverwaltung im Polizeipräsidium untergebracht. Die Vollzugspolizei mußte sich in dem Gebäude mit etwa einem Viertel der Räume begnügen. Auch das war in einer Stadt, in der mehr als 70% der Gebäude zerstört oder erheblich beschädigt waren, nichts außergewöhnliches.
 
– Ende –