Historischer Verein
Stadt Neunkirchen e.V.

Historischer Verein Stadt Neunkirchen e.V.



Die Postkutschenzeit allgemein
Die Geschichte der Post in und um Neunkirchen
von Günter Schwinnn

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Zeichnung von Ludwig Richter (1803 – 1884 )

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Auszug aus „Die wundersame Reise mit der Postkutsche“
von Werner Cornelius
Die erste allgemeine zugängliche Postlinie quer durch Deutschland eröffnete Franz von Taxis um 1490 auf Befehl des späteren Kaisers Maximilian I.. Das war kurz vor der Entdeckung Amerikas. Später richteten dann immer mehr deutsche Staaten ihre eigene Landesposten ein. Anno 1516 errichtete Fürst v. Turn und Taxis die erste Post von Wien nach Brüssel.

Wie war es später doch so schön, mit Eisenbahnen sehr bequem. So möchte ich, die Geschichte der Post, in unserer Heimat beginnen. Bevor 1680 bei uns die Post am Anfang einer neuen Ära stand, war das Reisen zu fernen Städten und über Land nur für die herrschende Klasse und sonstige wohlbegüterte, einigermaßen bequem. Nämlich wenn es per Reisewagen oder Kutsche über Stock und Stein ging.
Für das übrige Volk war die Überwindung von Entfernungen nur auf Schusters Rappen üblich. Demzufolge wurde damals, verglichen mit späteren Zeiten, auch wenig gereist. Denkt man an eine solche Reise zu Fuß, während einer schönen Jahreszeit, bei der man über Berg und Tal schreitet, dabei Land und Leute kennen lernte, so kann man sich diese Art zu Reisen in der damaligen Zeit noch schön und vor allem erlebnisreicher als heute vorstellen. Aber ein anstrengendes Tun blieb es doch, wenn weite Strecken zurück zu legen waren. Acht Stunden zu marschieren war eine gute Tagesleistung. Bei dem Zustand der Straßen und Wege, vor einigen hundert Jahren, war eine Reise von mehreren Tagen bestimmt sehr mühsam und anstrengend. Ermüdung und wunde Füße waren nicht der einzige Preis der für solche Erlebnisse zu zahlen waren, denn es mussten ja bei Mehrtagesreisen auch die Nachtquartiere bezahlt werden. Ohne Zeit, Geld und großen Anstrengungen „lief“ also nichts. In Zeiten in denen dann noch Regen, Gewitter, Eis oder Schnee hinzu kam, wurde nur noch gereist wenn es unbedingt sein musste. Ein Neunkircher, der in Köln, Frankfurt oder gar noch weiter weg gewesen war, hatte nach den damaligen Begriffen eine weite Reise gemacht. Von hier bis Trier brauchte man fast 3 Tage, bis Köln mindestens sechs Tage. Die Leute blieben gewöhnlich an dem Ort wohnen an dem sie geboren waren. Selten hatte jemand nahe Verwandte an einem entfernten Ort, die er einmal besuchen konnte. Daher war es auch nicht alltäglich wenn jemand von einer Reise zurück kam und von dieser erzählen konnte. Gespannt lauschten Angehörige und Freunde den Schilderungen der Heimgekehrten.

Für eine bestimmte Gruppe von Menschen war das Wandern aber so selbstverständlich wie das tägliche Brot. Bei den Handwerksgesellen war es Brauch, dass sie auf „die Wanderschaft“ gingen. Das Ränzel auf dem Rücken, den Stock in der Hand, schritten Handwerksburschen durch das Land. In fernen Städten suchten sie Stellung bei einem Meister bei welchem sie sich in ihrem Handwerk vervollkommnen konnten bevor sie später, selbst als Meister, einen eigenen Betrieb gründen konnten. Einen Trunk, ein Mahl oder einen Zehrpfennig erhielten sie auf ihrer Wanderung bei den Meistern ihrer Zunft, bei welchen sie vorsprachen oder von sonstigen mildherzigen Leuten. Die Nächte verbrachten sie wenn möglich in einer Herberge. Außer den Handwerksburschen waren nicht selten auch Großkaufleute mit Pferd und Wagen auf den Straßen unterwegs, wenn sie auf Messen oder an anderen fernen Orten ihre Waren einkauften und heimbrachten.
Auf steilen Strecken reichte die Zugkraft der beiden Rösser meistens nicht aus, um die schwer beladenen Fuhrwerke ohne Vorspannpferde über den Berg zu bringen. Vollbeladen mit Handelsgütern war es auch nicht ungefährlich, oft viele Tage lang durch Stadt und Land zu fahren. Es war üblich, sich auf gefährdeten Wegstrecken vor Räubern und Wegelagerern schützen zu lassen indem man sich gegen Entrichtung eines Geleit-Entgeldes von bewaffneten Männern, welche von der Landesherrschaft gestellt wurden, begleiten ließ.
Wie aber wurden damals Nachrichten und Briefe befördert? Auf jeden Fall kostspielig und viel langsamer als heute, wenn diese an entfernte Orte zu befördern waren. Entweder musste man einen Extraboten dafür bezahlen oder eine günstige Gelegenheit zur Beförderung abwarten. Im Bereich der herrschaftlichen Verwaltung war es z.B. einige Zeit die Pflicht der Metzgerzunft, im Bedarfsfall Botenritte zu unternehmen. Als Gegenleistung durften sie vierhundert Hämmel auf städtischer Weide halten.
Eine Verbesserung der Brief- Güter- und Personenbeförderung trat in der Zeit der Franzosen- Herrschaft, unter der Regierung König Ludwigs XIV. ein, als bei uns die Post eingeführt wurde. Die schmucken Postwagen, von flinken Rössern gezogenen, befuhren als erste Strecke in unserer Heimat die alte Heerstraße von Metz über Saarbrücken, St. Ingbert und Zweibrücken nach Mannheim. An den Posthaltereien bei größeren Orten wurden frische Pferde bereit gehalten und gegen die ermüdeten ausgewechselt. Die Posthalter erhielten für jedes Pferd eine jährliche Entschädigung von 20 bis 25 Reichstalern und durften drei Fuder Wein abgabenfrei verzapfen. Die Brief-, Paket- und Personenbeforderung konnte ab dieser Zeit mit einer gewissen Regelmäßigkeit durchgeführt werden. Die Beförderung von Briefen durch besondere Boten an einen an der Poststrecke gelegenen Ort war ab dieser Zeit verboten. Ein Monopol war geboren. Als Nachteil beklagte man damals das hohe Porto und die Verletzung des Briefgeheimnisses. Zu Anfang des 18. Jahrhunderts gab es schon Postverbindungen auf allen Hauptstraßen unseres Landes.
Preußen verfügte im 18. Jahrhundert bereits über eine perfekt organisierte Landespost, um seine weit auseinander liegenden Provinzen reibungslos verwalten zu können. Daraus entstand – nach der Reichsgründung 1871 – die Reichspost, welche lange Zeit unter der Leitung des Generalpostmeister Heinrich von Stephan stand. diese Entwicklung endete in der deutschen Bundespost. Die Posthaltereien wurden nach Bedarf vermehrt. Ebenso konnte es vorkommen, dass ein zweiter Wagen mitfahren musste, wenn einer für die Beförderung nicht ausreichte. Trotzdem lief der Postbetrieb noch eine gute Zeit mangelhaft. Ein Brief von Saarwerden bis Mainz war 5 Tage unterwegs. Unter Fürst Wilhelm Heinrich wurde es um die Mitte des 18. Jahrhunderts dann besser mit den Postverbindungen. Nach einem Gespräch das er mit dem Fürsten von Thurn und Taxis geführt hatte, wurde eine neue Postordnung eingeführt. Nach dieser fuhr die Post von Saarbrücken nach Mannheim dann zweimal wöchentlich. Die Linie über Kusel, Meisenheim, Kreuznach, Bingen nach Mainz zweigte in Schwarzenacker hinter St. Ingbert, ab.
Die Post, die abends um 6 Uhr in Mannheim abfuhr, erreichte nun schon am anderen Tag, nachmittags 2 Uhr Saarbrücken. Der Fahrpreis für eine Person betrug sieben Gulden zehn Kreuzer, d.i. das Doppelte einer Eisenbahnfahrt zweiter Klasse in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Zwischen Saarbrücken und Ottweiler wurde ebenfalls ein zweimaliger Postverkehr in der Woche hergestellt. Die Post nach Saarlouis und nach Saarwerden erhielt Anschluss an die französische Post in den genannten Städten.
Briefe wurden außerdem auch von reitenden Postboten befördert. Das Porto für einen Brief zwischen Saarbrücken und Hornburg oder Saarwerden betrug 3 Kreuzer, bis Mainz das Dreifache. Die Briefe und Pakete der fürstlichen Familie und der fürstlichen Regierung wurden dagegen unentgeltlich befördert. Die schnelleren Verbindungen wurden nicht zuletzt durch einen besseren Zustand der Landstraßen ermöglicht. Wo es nötig war, wurden Straßen neu befestigt, eine neue Brücke gebaut oder Streckenabschnitte in andere Straßen verlegt. Stellt man sich mittels Bildern mit Motiven aus dieser Zeit eine Landschaft mit einer dahin rollende Postkutsche vor, das Dach hoch bepackt mit den Gepäckstücken der Reisenden, auf hohem Bock der Postillion, der womöglich seine Ankunft an der nächsten Haltestation gerade mit fröhlichen Weisen aus seinem Horn ankündigt, so fühlt man sich in eine Zeit versetzt in welcher die Hektik der heutigen Zeit noch keinen Platz hatte.
Die Ankunft der Postkutschen an den Toren der Städtchen wurde nicht nur von der Jugend sondern auch von der Bürgerschaft gebührend beachtet. Die Postillione, in ihren schmucken Uniformen, mit wetterfesten, schwarz- lackierten Hüten und den gelben, gewundenen Hörnern an der Seite, fanden damals mindestens so viel Beachtung wie heute die Wachsoldaten in ihren Paradeuniformen vor fürstlichen und königlichen Residenzen bei den Touristen auf Reisen in benachbarte Länder. Als Reisender der heutigen Zeit, sei es in einem ICE oder einem anderen modernen Verkehrsmittel, kann man den Ausblick auf die vorüber ziehende Landschaft nicht mehr so geruhsam genießen wie in der romantischen Zeit der Postkutschen.
Quelle: Buch „Unsere Saarheimat im Wandel der Zeiten“, Verlag Gebr. Hofer A.G., Saarbrücken 1923. Von Rektor Constantin Zimmer.
Die in alten Zeiten dem Personenverkehr dienende Fahrzeuge der Post, die Kutschen, die Diligencen, als Ordinari-, Eil- oder auch als Extraposten bezeichnet, sind ein Stück Kulturgeschichte und gleichzeitig ein Stück Poesie. Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts waren diese Einrichtungen, zu denen wie selbstverständlich Poststationen und das auf dem Posthorn geblasene Lied des Schwagers gehörten, tief in das menschliche Bewusstsein eingedrungen. Das Wort Schwager entstand in der Postkutschenzeit. Es ist die Verballhornung des französischen Wortes Chevalier. Mit Chevalier wurde der auf dem Sattelpferd sitzende Postillion bezeichnet. Eingedeutscht wurde aus dem Chevalier ein Schewalger, der abgeschliffen von der Dialektvielfalt als Schwager in Literatur und Liedgut einging.
Fortsetzung folgt
Günter Schwinn