![]() Die Postkutschenzeit allgemein |
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Die Geschichte der Post in und um Neunkirchen
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von Günter Schwinnn – 3. und letzter Teil
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Die Satiriker fanden reichlich Stoff sich darüber auszulassen. Beispiele: 1809 schreibt der Berliner Universitätsprofessor Karl Friedrich Zelter an Goethe: Ein Soldat im Krieg braucht doch das Pulver und die Kartätsche nicht zu bezahlen, womit er erschossen wird. Von solchen Vorteilen hat ein mit der so genannten Post Reisender nichts, ja noch weniger als nichts. es wird ihm ein mit Eisen verzierter Kasten angewiesen. dies ist der Altar, auf dem er seine weichen Teile zum Opfer bringt. Der Kulturhistoriker Gustav Freitag überliefert: „Um 1790, zwar waren die Wagen der ordinairen Post auf den Hauptstraßen bedeckt, aber ohne Federn, mehr für Lasten als Personen berechnet, sie hatten keine Seitentüren, man musste unter der Decke oder über die Deichsel hineinkriechen. Im Hintergrund wurden Pakete bis an die Decke mit Stricken befestigt, Pakete lagen auch unter den Sitzbänken, Heringstönnchen, geräucherter Lachs und Wild kollerten unermüdlich auf die Bänke der Passagiere, welche eine fortdauernde Bewegung darin fanden sie zurückzudrängen, da man die Füße wegen des Gepäcks nicht ausstrecken konnte, hingen verzweifelte Passagiere wohl gar die Beine zur Seite des Wagens hinaus“. 1778 klagt Georg Christoph Lichtenberg, (Physiker und Schriftsteller): „Wenn in Deutschland ein Mädchen mit ihrem Liebhaber durchgeht und der Vater den Verlust der Tochter erst am dritten Tag gewahr würde, so kann er sie, wenn er weiß, dass sie mit der Post gegangen ist, zu Pferde immer noch auf der dritten Station wiederkriegen.“ Gottlieb Saphir schrieb 1837 im satirischen Witzblatt „Der Humorist“. Die geistigen Unannehmlichkeiten, welche eine vierundzwanzigstündige Fahrt auf einer sächsischen „Post – Bei- Chaise“ gewährt, sind ungefähr folgende: Kopfweh, Schulterschmerz, Rückendarre, Rippenbruch, Wadenkrampf, Kniegicht, Seitenstechen, Bluthusten, Schenkelverrenkungen und andere ähnliche Folgen des Leichtsinns und der schwärmerischen Umarmungen mit ihr. Zu den Nebengeschäften gehören: Zerrissene Mäntel, verlorene Felleisen, zerknickte Hüte, abgetretene Stiefel, zerbrochene Pfeifen und dergleichen.“ Als Goethe 1786 von Karlsbad kommend von einer „unglaublichen Schnelle“ der Reise begeistert war dürfte diese 6 Stundenkilometer betragen haben. Hier einige Zahlen über die Reisedauer: Berlin-Köln sechs Tage, Elberfeld-Königsberg 14 Tage, Augsburg – Frankfurt 68 Stunden wobei man drei Nächte im Wagen zubringen musste. Von München über Ingolstadt und Nürnberg nach Frankfurt fuhr man 74 Stunden bei vier Nachtreisen. Die Strecke Wien-Prag-Görlitz-Berlin wurde in 116 Stunden zurückgelegt (nach Maderholz). Unerträglich war immer noch der lange Aufenthalt auf den Stationen, unter 2 Stunden wurde der Wagen nicht abgefertigt, von Cleve nach Berlin fuhr man elf Tage und elf Nächte in tödlicher Langeweile, zerstoßen und verlahmt (nach Gustav Freytag). Eine Reise mit der Postkutsche, also lange nicht nur eine schöne Legende. Nach und nach wurde das Hauptwegenetz verbessert und die Einführung der Schnellposten - 1821 – brachte einen wesentliche Fortschritt. Nunmehr brauchte die Postkutsche von Kassel nach Frankfurt 24 Stunden, von Königsberg nach Berlin 72 Stunden und von Berlin nach Köln war man von Dienstagabend 7.00 Uhr bis Samstags früh 1.20 Uhr unterwegs. Eine Ersparnis von 52 Stunden. So trabten die braven Postpferde bis weit über die Mitte des 19., ja hier und da noch bis in die Anfängen des 20. Jahrhunderts, jahraus jahrein vor der gelben Kutsche. Dann brachten das Schnauben und Prusten der Dampflokomotiven die Klänge des Posthorns endgültig zum Verstummen. Bernhard Krajewski schrieb über Post- und Eilkutschen Bediente man sich in der Frühzeit zur Übermittlung mündlicher oder schriftlicher Mitteilungen wandernder oder reitender Boten, so übernahmen später die Postkutschen diese Aufgaben. Bis zum Ende der Territorialherrschaft im Raum an der Saar (1793) diente das damals spärlich vorhandene Nachrichtenwesen im wesentlichen den Bedürfnissen der regierenden Landesherrschaften und er kulturtragenden Oberschicht des Landes, denn Brief- und Schriftverkehr setzten die Kunst des Schreibens und Lesens voraus, die bei dem leibeigenen und grundhörigen Landvolk selten anzutreffen war. Zur Fürstenzeit gab es eine Postkutschenverbindung zwischen Saarbrücken – Neunkirchen und Ottweiler, den beiden Residenzen der Saarbrücker Fürsten. Auch zwischen Zweibrücken und Tholey bestand eine Fahr- und Briefpost, seit das Oberamt Tholey 1786 durch einen Tauschvertrag mit Frankreich zweibrückerisch geworden war. Auch diese Postlinie lief über Neunkirchen. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts traten in unserer Heimat weiträumigere Postverbindungen auf, die den langsam wachsenden allgemeinen Bedürfnissen dienten. Am 29. März 1832 eröffneten die Thurn- und Taxis´sche Generalpostdirektion, welcher der Postverkehr im Blies und Nahetal unterstand, die erste Eilpostlinie von Saarbrücken über Neunkirchen, Ottweiler, St. Wendel, Birkenfeld, Oberstein, Kirn, Kreuznach nach Bingen. In der Bekanntmachung von 1832 wurde besonders darauf hingewiesen, dass die Fahrpost Saarbrücken-Bingen im Anschluss an die aus Frankfurt, Mainz, Koblenz und Köln eintreffenden Eilwagen in Betrieb genommen werde. Die Eilposten fuhren montags und donnerstags in der Frühe in Bingen ab und erreichten dienstags und freitags gegen Abend Saarbrücken, wobei in Birkenfeld übernachtet werden musste. Zweimal in der Woche war also in Neunkirchen Gelegenheit, Brief- und Paketpost nach beiden Richtungen hin mitzugeben oder selbst mitzufahren. Bei einem Personenfahrgeld von acht Silbergroschen pro Meile war das Reisen eine teuere Angelegenheit. Der Verwalter der Poststelle Neunkirchen führte – ebenso wie in den anderen Orten – den Titel eines Thurn- und Taxis`schen Postrittmeisters. Doch scheint das preußische Generalpostamt die Linie nach einigen Jahren selbst übernommen zu haben. Die Thurn- und Taxis´sche Post blieb bis zu ihrer Ablösung 1867 auf Süddeutschland und Thüringen beschränkt. Neunkirchen wurde damals viermal wöchentlich von der Schnellpost Saarbrücken-Kreuznach berührt. Dechant Hansen schreibt 1843 in seiner Chronik, als ein neuer Postwagen in Dienst gestellt wurde, folgende amüsante Bemerkung nieder: 6. Juni, Abend kam der neue Postwagen hier an, der zwischen Birkenfeld und Saarbrücken einen neuen Doppelkurs haben soll. Das Volk nennt ihn den „Prozesskasten“, in dem er denen, die in Saarbrücken Prozesse zu führen haben, eine besondere Bequemlichkeit ist. Er sei auch tatsächlich zum größten Teil mit Prozessern besetzt. Als am 15. September 1850 die erste saarländische Eisenbahn Neunkirchen-Bexbach eröffnet wurde, mit Anschluss an die 1849 gestellte Pfälzische Ludwigsbahn; Ludwigshafen-Bexbach, war im Postwesen eine Verbesserung eingetreten. Als am 16. November 1852 die Eisenbahnlinie Neunkirchen-Saarbrücken mit Anschluss an die französische Ostbahn dem Verkehr übergeben wurde, war Neunkirchen verkehrsmäßig und postalisch in die große Verkehrsachse Paris-Saarbrücken-Ludwigshafen einbezogen. Danach fuhren beide Personenposten nur noch zwischen Kreuznach und Neunkirchen und gingen nachdem die Rhein-Nahebahn dem Verkehr übergeben war und zur Postbeförderung benutzt wurden am 25. Mai 1860 ein. Weitere Informationen über den „Historischer Verein Stadt Neunkirchen“ e.V. erhalten Sie auch im Internet unter der Adresse: www.hvsn.de |
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Günter Schwinn
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