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Ein Schlagbaum in der Stadtmitte |
Banngrenze zwischen Wellesweiler und Mittelbexbach |
von Werner Fried |
Vor längerer Zeit, und zwar am 10. April 2000, hat die Saarbrücker Zeitung von einem Aufsatz berichtet, den August Seyl, Vater des Berghauptmanns a.D. Gustav Seyl, im Jahre 1938 geschrieben und darin ausgeführt habe, dass es nach seiner Erinnerung bis zum Jahre 1866 an der Ecke Wellesweiler- und Bahnhofstraße einen Schlagbaum gegeben habe.
Das ist richtig, aber dort stand dieser Schlagbaum nicht immer. Er hat vielmehr eine lange Vorgeschichte, die an der Banngrenze zwischen Wellesweiler und Mittelbexbach ihren Anfang nahm. Dort gab es schon im Jahre 1590 eine Zollschranke, einen Zollstock, wie es damals hieß.(1) Doch als 1629 im Wege einer Erbteilung das Amt Homburg mit den Dörfern Mittel- und Oberbexbach der Grafschaft Nassau-Saarbrücken zugefallen war, hatte der Zollstock dort aufgehört zu existieren.(1) Im Jahre 1755 aber, nachdem gemäß dem so genannten „Homburger Austausch“ das Amt Homburg wieder zu Pfalz-Zweibrücken gekommen war, Mittel- und Oberbexbach aber bei Nassau-Saarbrücken verblieben sind, und nun zum Oberamt Ottweiler gehörten, wurde ein neuer Zollstock östlich von Mittelbexbach an der neuen Grenze gegen Pfalz Zweibrücken errichtet. Während der französischen Zeit von 1793 bis 1814 waren die Nassau-Saarbrück’schen Grenzen keine Zollgrenzen mehr, und so gab es dann hier auch keine Zollstöcke mehr. Erst im Jahre 1829, nachdem bereits im Jahre1816 die Bexbachorte wieder zu Bayern und damit zum Kreis Zweibrücken gekommen waren, wurde an der Preußisch-Bayrischen Grenze, nun also wieder zwischen Wellesweiler und Bexbach ein Zollstock errichtet.(1) In unserem engeren Bereich gab es damals noch Zollstöcke auf dem Weg von Neunkirchen nach Kirkel, und auf dem Weg vom Kohlhof nach Limbach. Auf dem Kohlhof erinnert daran heute noch der Torhausweg.(2) Erwähnt sei auch noch, dass es nachgewiesener- maßen 1843 auch ein Torhaus am Ende der Saarbrückerstraße mit 9 Bewohnern gegeben hat, das auch auf einer Karte aus dem Jahre 1848 eingezeichnet ist.(3) Vermutlich war es aber kein Zollstock, sondern nur eine Wegegeldhebestelle, was nachfolgend noch erläutert wird. Die größere Bedeutung aber kam offensichtlich dem Zollstock in Wellesweiler zu, und so berichtete der Neunkircher Bürgermeister am 19. Mai 1833: „Das Zollamt Wellesweiler hat nunmehr die vollkommene Abfertigungs-Befugnis eines Zollamtes 1. Klasse erhalten, und dürfen nunmehr Wein, Bier, Essig, Tabak und Tabakblätter nach Entrichtung der konventionellen und ermäßigten Ausgleichsabgaben, eingeführt werden.“(4) Doch nur ein Jahr später, am 29. März 1834 schreibt das Königliche Hauptzollamt: „Infolge eingegangener Verfügung benachrichtigen wir sie, dass vom 1. April ab, die bisher gegen Bayern noch bestandene Grenzbewachung, soweit sie nicht zum Schutze der Ausgleichsabgaben erforderlich ist, gänzlich aufhören soll. Diesem nach geht das Neben-Zollamt zu Wellesweiler von jenem Tag ab ein und wird die Erhebung der inneren Steuern aus dem Hebesprengel dieses Amtes an das Unter- Steueramt zu Ottweiler übertragen, von welcher Amtssprengel-Erweiterung sie dem betreffenden Bürgermeister der eingehenden Stelle zu Wellesweiler ungesäumt Nachricht zu geben haben, um die Verwaltungsangehörigen davon in Kenntnis zu setzen.“(5) Diese Königliche Verfügung ist zurückzuführen auf den am 1. Jan.1834 gegründeten „Deutschen Zollverein“ und die damit verbundene Abschaffung der Binnenzölle, der Zölle also, die bis dahin an den einzelnen Landesgrenzen erhoben wurden.(6) Es ging also nun nicht mehr um die Verzollung von Waren an den Landesgrenzen der Grafschaft, und damit hatte der Zollstock in Wellesweiler seine Berechtigung verloren. Um diesen Einnahmeverlust zu kompensieren, wurde von nun an im Inland von den Fuhrleuten wieder ein Wegegeld gefordert, und dazu hat man dann von der Grenze weg im Inland überall sog. Wegegeld-Hebestellen eingerichtet. Nach 1834, das genaue Datum fehlt hier, wurde dann auch in Neunkirchen am Anfang der Wellesweilerstraße eine solche Wegegeld-Hebestelle errichtet, von der, wie eingangs erwähnt, die Saarbrücker Zeitung berichtet hat. Betroffen davon war hauptsächlich der „Fernverkehr“ von der Pfalz her, über Wellesweiler kommend, in Richtung Wiebelskirchen-Ottweiler oder auch nach Neunkirchen hinein, und betroffen waren vielleicht auch zwei oder drei Fuhrleute aus der Wellesweilerstraße, die ja dann auch an dieser Hebestelle vorbei mussten. Einen Protest aber gab es nicht. Das änderte sich aber schlagartig im Jahre 1863, als laut einer Eintragung im Beschlussbuch der Gemeinde Neunkirchen vom 4.Februar dieses Jahres diese Chausseegeld-Hebestelle, wie sie jetzt genannt wurde, nicht wie gewünscht aus dem Baurayon von Neunkirchen hinaus, sondern in den Ort hinein, an die Bliesbrücke, verlegt wurde. Verständlich ist diese Kgl. Verfügung insofern, als es ja nicht mehr um Zoll-Einnahmen sondern um ein Wegegeld ging, das man nun auch von allen Neunkircher Fuhrleuten forderte, konnten diese doch bis dahin unbehelligt an der Hebestelle in der Wellesweilerstraße vorbei zum Güterbahnhof und in Richtung Wiebelskirchen-Ottweiler fahren. Durch die Verlegung der Hebestelle an die Bliesbrücke mussten aber nun alle Neunkircher Fuhrleute, schon dann, wenn sie nur zu ihrem eigenen Neunkircher Güterbahnhof fuhren, das Wegegeld entrichten, während jetzt alle die, die aus der Wellesweilerstraße kamen, dorthin praktisch freie Fahrt hatten. Die Entrüstung in Neunkirchen war groß, und so forderte der Gemeinderat am 7. Dezember 1863 den Bürgermeister auf, wenn es sein muss, auch auf gerichtlichem Wege zu bewirken, dass diese Barriere an der Blies, also auf Gemeindeeigentum, entfernt wird. Der Erfolg aber ließ lange auf sich warten, denn erst ab dem 1. Februar 1865 war die Chausseegeld-Hebestelle wieder von der Blies weg verlegt worden, nicht aber an den alten Platz am Anfang der Wellesweilerstraße, sondern auf den Kuchenberg.(7) Doch schon im folgenden Jahr 1866 sind dann auch dort endgültig diese Schranken gefallen.(8) Ergänzend sei aber noch angeführt, dass es außer diesem in preußischer Zeit eingeführten Wegegeld, auch schon zur Zeit der Fürsten von Nassau-Saarbrücken ein so genanntes Weg- und Brückengeld gegeben hat. So verfügte z.B. der Fürst Ludwig zu Nassau-Saarbrücken am 1. November 1785, also zu Zeiten, da es in Neunkirchen noch das Schloss „Jägersberg“ gab, für den Bereich der Ottweiler Herrschaft, dass alle außerhalb der Herrschaft Ottweiler ansässigen Untertanen, seien es Christen oder Juden, wenn sie die Stadt Ottweiler oder die Ortschaften Wiebelskirchen, Neunkirchen oder Wellesweiler passieren, ein Weg- und Brückengeld zu entrichten haben, und außerdem alle Fremden, auch dann, wenn ihnen Zollfreiheit zustehe. Mit Fremden waren Juden und Handelsleute gemeint, die man, wenn sie zu den seit 1752 genehmigten Neunkircher Märkten kamen, für die ersten drei Jahre von Zöllen, Stand- und Kreuzgeldern freistellte. Von der Zahlung des nun hier verfügten Weg- und Brückengeldes waren nur die Untertanen befreit, die selbst im Bereich der Ottweiler Herrschaft ansässig waren. Ansonsten waren folgende Weg- und Brückengelder zu entrichten: Für einen Wagen: 4 Kreuzer Für einen Karren: 2 Kreuzer Für einen mit Waren beladenen Schubkarren oder für ein mit Waren beladenes Pferd: 2 Pfennig Für ein Stück Pferd oder Rindvieh: 2 Pfennig Für ein Schaf oder Schwein: 1 Pfennig Dieses Weg- und Brückengeld war nur einmal zu entrichten, und zwar bei der ersten im Ottweiler Bereich angetroffenen Zollstätte. Wer sich dem entzog, der musste zusätzlich für jeden unterschlagenen Kreuzer 1 Gulden Strafe zahlen, und letztlich wurde verfügt, dass dieses Weg- und Brückengeld zum Besten der Ottweilerischen Spezial-Land-Kasse zu erheben, und zur Unterhaltung der Chausseen und Brücken in den genannten Ortschaften zu verwenden sei. Einen Abdruck dieser Verfügung finden Sie im grauen Kasten der Vorseite. Wortlaut der Verfügung vom 1. November 1785: (siehe Abbildungen rechts) Von Gottes Gnaden, Wir, Ludwig, Fürst zu Nassau, Graf zu Saarbrücken und Saarwerden, Herr zu Lahr und Mahlberg, Auch Wiesbaden und Idstein usw. General- Lieutenant derer Königlich französichen Armeen, und eigenthümlicher Inhaber derer beyden Regimenter Nassau-Saarbrück Infanterie, und Nassasu-Saarbrück Cuirassiers, des Königlich Französischen pour le Merite Militaire, Königlich Dänischen Elephanten und Churpfälzischen St. Huberti-Ordens-Ritter. Fügen hiermit zu wißen: Nachdeme wegen des in Unserer Herrschafft Ottweiler eingeführten Weg- und Brücke- Geldes bisher annoch keine besondere Verordnung ergangen, was masen Wir zu Vermeidung alles Mißverstandes und Unterschleifs deshalb folgendes hiermit annoch zu verordnen Uns gnädigst bewogen gefunden haben, daß nemlich: §1) Alle und jede sowol Unsere auser der Herrschafft Ottweiler wohnende übrige Unterthanen, als auch Fremde ohne Unterschied, auch selbst diejenigen, welchen die Zoll-Freyheit zustehet, wann selbige mit ihren geladenen Wägen, Karren oder Hndels-Vieh durch die Stadt Ottweiler, oder die Ortschaften Wiebelskirchen, Neunkirchen oder Wellesweiler paßiren, nach benahmtes Weg- und Brücken-Geld, und zwar, von einem Wagen 4 Kr., von einem Karren 2 Kr., von einem mit Waren beladenen Schubkarren oder Pferd 2 Pf., von einem Stück Pferd oder Rindvieh 2 Pf., und von einem Schaft oder Schwein 1 Pf., hinführo bey der ersten im Ottweilerischen berührenden Zollstätte zu entrichten verbunden — sämtliche in der Herrschafft Ottweiler wohnenden sowohl Christen als Juden hingegen von dieser Abgabe befreyet seyn sollen. §2) Ist dieses Weg- und Brücke-Geld nur einmal beym Eingang, wie gedacht bey der ertsen Zoll-Stätte zu entrichten. §3) Sollen die Zöllner dagegen denen Paßanten das herkömmliche Weg- und Brücken-Geld ohne den mindesten Aufenthalt ertheilen. §4) Der Paßant aber das erhaltene Zeichen bey jeder Zollstätte vorzeigen. §5) In deßen Entstehen aber und bey betrüglicher Vorbeygehung der ersten Zollstätte vor jeden unterschlagenen Kreutzer einen Gulden samt dem Fah(?) Gulden und Kosten erlegen, und endlich §6) Sothanes Weg- und Brücken-Geld von denen Zöllnern nach wie vor zum Besten der Ottweilerischen Special-Land-Caße erhoben und zu Unterhaltung der Chauseen und Brücken in genannter Stadt und Ortschaften verwendet werden, wornach sich dann (von?) jedermänniglich zu achtenist. Urkundlich Unserer eigenhändigen Unterschrift und beygedruckten Fürstlichen Insiegels. Saarbrücken, den 1. November 1785 (L. S.) L. Fürst zu Naßau |
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Die Quellen: - (1) Zeittafeln -Fakten und Daten zum Zeitgeschehen- von Bernhard Welter, Bexbach - (2, 4, 5, 7) Stadtarchiv Neunkirchen, Bestand A1 Nr. 83, Seiten 75,101,107,219 - (3) Mundartliche Plaudereien von B. Krajewske, Bd. 1, Seite 30 - (8) wie vor Bd. 3, - (6) Der kleine Brockhaus: Zollverein |
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Werner Fried |