und das Neunkircher Eisenwerk im 1. Weltkrieg |
1. Teil |
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Bericht von Günter Haab |
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Kriegsproduktion
Mit Ausbruch des Krieges am 02.
August 1914 wurde im Neunkircher Eisenwerk, wie auch in allen anderen
großen Industriebetrieben die Produktion auf kriegswichtige Erzeugnisse
umgestellt. In Neunkirchen wurden 15 cm Granaten hergestellt.
Die
Arbeitsstellen, die auf dem Eisenwerk der Granatenerzeugung dienten,
waren möglichst geschützt und auch unauffällig angelegt. In der
Gießhalle des Thomaswerkes und in der Gießerei gegenüber den Hochöfen
wurden die Granaten gegossen, und zwar in Formen von je fünf Stück.
Hinter der Gießhalle befand sich die Kernmacherei. Im Trägerlager und
im Walzwerk Süd waren Plätze eingerichtet, wo die Granatenbündel
auseinander genommen, der Kern entfernt und die einzelnen Granaten
geputzt wurden. Von hier aus wurden sie mittels Schmalspurwagen zu den
beim Walzwerk E eingerichteten zwei Granatendrehereien transportiert, wo
sie auf vielen Drehbänken ihre endgültige Bearbeitung erfuhren.
Hier
arbeiteten insgesamt rund 400 Personen, von denen etwa 100 Frauen
waren. Es musste allerfeinste Präzisionsarbeit geleistet werden, damit
keine Reklamationen von den staatlichen Munitionsdepots einliefen.
Feuerwerker aus Spandau waren im Werk tätig, die die fertig gestellten
15-Zentimeter Granaten nachkontrollierten und für den Transport
freigaben. Die Tagesproduktion der beiden Drehereien lag bei 400 bis 450
Granaten.
Außer im Neunkircher Eisenwerk wurden zu jener Zeit auch
im Orte selber noch Granaten gegossen. Schlossermeister Strohm hatte in
der Irrgartenstraße einen Elektroofen errichtet und erzeugte ebenfalls
eine beachtliche Menge Granaten, die er fertig geputzt dem Eisenwerk
zuführte.
Schutz- und Abwehrmaßnahmen
Der
erste Angriff auf das Saargebiet erfolgte am 9.8.1915 vormittags in der
Zeit von 8.00 Uhr bis 8.30 Uhr. Die feindlichen Flugzeuge hatten
unbemerkt Saarbrücken erreicht und warfen auf die Stadt Bomben. Da die
Bevölkerung sich keine Vorstellungen von der furchtbaren Wirkung der
Bomben machte und auf den Straßen, Balkonen und an den Fenstern blieb,
war die Wirkung eine sehr große. 13 Personen waren tot, 27 schwer und 17
leicht verletzt. Zur gleichen Zeit wurde auch Brebach und die Halberger
Hütte angegriffen, bei dem auch mehrere zivile Opfer zu beklagen waren.
Die folge dieses Überfalles waren umfangreiche Schutz- und
Abwehrmaßnahmen. Ein besonderer Fürsprecher und eifriger Förderer dieser
Maßnahmen war der Herr Kommerzienrat Hermann Röchling. Auf Grund
persönlicher Vorstellungen bei der Obersten Heeresleitung und dem Chef
des Stabes für das gesamte Flugwesen, Oberst Thomson, wurde die Oberste
Heeresleitung von der Notwendigkeit überzeugt, das südwestdeutsche
Industriegebiet gegen Fliegerangriffe zu schützen. Es wurden deshalb in
diesem Gebiet (Saar, Lothringen) stationiert:
10 Flak Züge, 1
Motorbatterie, 18 große Scheinwerfer mit einem Durchmesser von 100 cm, 1
Ballonabwehr-Batterie, 30 Maschinengewehre (deren Zahl später auf über
100 gesteigert wurde) sowie mehrere Kampfflugzeuge ab 1916.
Das
Saargebiet erhielt als besondere Maßnahme eine Schutzkette von Ballons,
die auf den Höhen längs der Saar, beginnend bei Brebach bis Dillingen
und auf dem anderen Ufer zurück unter Einschluss von St.Ingbert ein
einheitliches Schutznetz schufen. Die Ballons wurden in einer Entfernung
von ca. 400 bis 500 Meter stationiert, sodass ungefähr 180 Stück zur
Verwendung kamen.
An dem Seil der Fesselballons waren in bestimmten
Abständen wiederum Drähte angebracht, an deren Enden sogenannte
Windtüten befestigt waren. Die Windtüten ermöglichten nun das Schweben
der Drähte in horizontaler Richtung. Die Ballons selbst konnten bis zu
2000 Meter hochsteigen. Wenn auch durch diese Maßnahmen noch kein
absoluter Schutz gegen Fliegerüberfälle geschaffen war, so diente die
oben beschriebene Schutzkette wesentlich der Beruhigung der Bevölkerung.
Die
wohl bekannteste Flak-Stellung in Neunkirchen befand sich in der oberen
Hermannstraße. Der Name „Die Flak“ als Ortsbezeichnung hat sich bis
heute erhalten. Weitere Flak-Batterien befanden sich am Ziehwald, am
Kissel und auf dem Hirschberg. Zur Flakgruppe Neunkirchen gehörten auch
die Batterien St.Ingbert, Sulzbach und Schiffweiler. Der
Maschinengewehr-Zug am Kohlwald sollte Tiefflieger abwehren. Rund um
Neunkirchen wurden in einem dreifachen Gürtel Scheinwerfer ausgestellt.
Zur Flakgruppe Neunkirchen gehörten auch zwei Flugwachen bei Göttelborn
und zwischen Spiesen und Neuhäusel.
Infolge der sich vermehrenden Fliegerangriffe auf das Saargebiet erließ das Neunkircher Eisenwerk folgende Bekanntmachung:
Das
Herannahen feindlicher Flieger wird zunächst durch die Brandsirenen
bekannt gegeben. Wenn das Fliegersignal ertönt, müssen alle Maschinen
und Motoren nach dem Auswalzen der noch in den Walzen befindlichen Stäbe
außer Betrieb gesetzt werden. Dann haben alle Arbeiter ohne
Überstürzung und in aller Ruhe in die für die einzelnen Betriebe
angewiesenen geschützten Unterstände zu gehen. Alle Arbeiter sind
verpflichtet, wegen der drohenden Lebensgefahr die Unterstände
aufzusuchen und vor beendeter Gefahr nicht mehr zu verlassen, da auf
anderen Werken durch neugieriges Beobachten der Flieger viele Todesopfer
zu beklagen sind.
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Formen der Granten |
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Frau in der Gießerei |
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Motorisierte Abwehrkanone in Fahrt |
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Verhaltensregeln bei Fliegerangriff |
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Ende des 1. Teils, Fortsetzung folgt
Quellenangaben folgen im letzten Teil |
Ein Bericht von Günter Haab |
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