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In der Nacht vom 17. zum 18. Juli 1918 ertönten wieder ringsum die
Sirenen und meldeten Fliegergefahr. Neunkirchen war total abgeblendet
und auch das Eisenwerk hatte rechtzeitig den Betrieb stillgelegt und
soweit wie möglich verdunkelt. Trotzdem war es dem Feind gelungen, sich
zu orientieren und versuchte den Angriff auf die industriellen Anlagen.
Die Abwehrbatterien beschossen den Feind mit Salven. Dieser ließ sich
jedoch nicht beirren und begann Bomben abzuwerfen. Eine Bombe fiel in
das auf der Oberschmelz eingerichtete große Lebensmittellager. Sie
durchschlug den Bau vollständig und explodierte auf dem Boden. Mehl,
Reis, Erbsen, Bohnen, Konservendosen, kurzum der ganze Inhalt des Lagers
war erheblich beschädigt, die Säcke aufgerissen, der Inhalt mit dem
herumliegenden Schmutz vermengt: unbrauchbar in einer Zeit wo die
Bevölkerung nur noch knapp Kartoffeln, Kohlrüben und dergleichen zum
Lebensunterhalt hatte. Besonderes Glück hatte der im Lager wohnende
Lagerwärter Gebhard und dessen Frau. Ihre Wohnung war ebenfalls
zerstört, doch beide blieben unverletzt.
Weitere Bomben schlugen in
der Adjustage Nord ein. Die erste durchschlug das Dach der großen Halle,
riss einen tiefen Trichter und richtete mit ihren Sprengstücken ringsum
erhebliche Verwüstung an. Die in unmittelbarer Nähe stehende
Richtmaschine wurde durch die Wucht der Explosion stark beschädigt. Eine
weitere Bombe riss die Hackenplatten-Fräsmaschine aus ihrem Fundament
und schmiss sie seitlich hin. Eine dritte Bombe schlug im Schienengleis
ein und verbog deren Schwellen und Stahlschienen so, als ob sie von
einem Kunstschmied extra so geschmiedet worden wären. Der Gegner setzt
von hier aus seinen Flug in Richtung Bahnhof wo er auch erheblichen
Schaden hinterließ. Beim Rückflug warfen sie noch eine Bombe in der Nähe
der Badeanstalt am Mehlpfuhl ab.
Auf dem Eisenwerk ging der Betrieb
mit einigen Einschränkungen seinen normalen Gang weiter. Die
angerichteten Zerstörungen hatten kaum nennenswerten Einfluss auf die
Produktion, und die Granatenerzeugung wurde überhaupt nicht in
Mitleidenschaft gezogen. Man hatte jedoch aus der Verwendung gewaltiger
Bomben amerikanischen Ursprungs gelernt und die sofortige Verstärkung
der vorhandenen Unterstände in Angriff genommen. Auch auf dem Bahnhof
konnte durch Umleitung der Verkehr aufrecht erhalten werden.
Von dem Bombenangriff auf den Bahnhof schilderte ein Augenzeuge noch folgendes Erlebnis:
„Nachdem
die Flieger durch das starke Abwehrfeuer verjagt waren, suchten wir
gemeinsam mit dem Militär den Bahnhof ab und stellten den angerichteten
Schaden an den Gebäuden und Gleisanlagen fest. Bei dieser Gelegenheit
wurde auch ein Blindgänger gefunden und unschädlich gemacht. Doch groß
war unser Erstaunen, als wir bei Tagesanbruch nochmals alles absuchten
und bei dieser Gelegenheit einen weiteren Blindgänger entdeckten, der in
dem Hohlraum zwischen einer Schiene und dem darunter aufgeschütteten
Kleinschlag lag. Beim Befahren der Gleise wurde die Bombe von der
Schiene heruntergedrückt. Hier hatte die Vorsehung ein Wunder getan,
denn nach dem Angriff waren über diese Stelle drei Militärzüge gerollt.
Ein
folgenschwerer Angriff erfolgte am 17. August 1918, abends zwischen
22.50 Uhr und 23.25 Uhr auf der Grube Heinitz. Der Angriff erfolgte
überfallartig, so dass sich ein großer Teil der Bergleute, die sich im
Schichtwechsel befanden nicht mehr in die Deckung begeben konnten. Neun
Bergleute waren auf der Stelle tot, und zwölf wurden teils schwer, teils
leicht verletzt. Die danach erfolgten Bombenabwürfe auf Neunkirchen
richteten keine weiteren Schäden an.
Der amtliche Bericht über die Angriffe vom 17. zum 18. August 1918 lautete:
Saarbrücken, - 19. August 1918 (amtlich).
In
der Nacht vom 17. zum 18. August 1918 versuchten mehrere feindliche
Flieger Saarbrücken und Neunkirchen anzugreifen. Die in der Umgebung von
Saarbrücken abgeworfenen Bomben richteten keinen Schaden an. Auf einer
Grube sind leider beim Schichtwechsel fünf Bergleute, drei russische
Kriegsgefangene und ein Wachmann getötet und eine Anzahl verletzt
worden. In der vergangenen Nacht erfolgte ein weiterer Angriff. Die
hierbei abgeworfenen sieben Bomben richteten keinen Schaden an.
Am
23. Oktober 1918 gegen Abend wurde das Eisenwerk angegriffen. Die
riesigen Bomben amerikanischen Ursprungs schlugen im Kohlwald in der
Nähe des Gebläsehauses im Nordwerk ein, ohne jedoch großen Schaden
anzurichten.
Der letzte Angriff auf Neunkirchen fand am 31. Oktober 1918 statt, der jedoch durch die Luftabwehr abgewiesen wurde. |
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Bombenschaden an aufgerissenem Bahngleis |
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Bombenschaden an einer Rollenmaschine |
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Notlandung eines englischen Flugezeuges bei Bexbach |
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Karte der Flugwachen und Flak-Batterien im ersten Weltkrieg |
Quellen: |
- Saarkalender 1927, 1929, 1930
- Neunkircher Hüttenzeitung 1937
- Neunkircher Stadtbuch 1955
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