Historischer Verein
Stadt Neunkirchen e.V.

Historischer Verein Stadt Neunkirchen e.V.

Forbach – ein niedergegangenes Dorf
von Günther Gensheimer
 
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Sandsteinrelief der keltischen Tierschutzgöttin Epona´

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Silbermünze des Soldatenkaisers Marcus Philippus

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Quelle: „25 Jahre Stadt Neunkirchen“ von 1947

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Ausschnitt aus der Tilemann-Stella-Karte aus dem Jahre 1564

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Kleine schwarze Silber-Tournois
Menschliche Ansiedlungen sind bis in unsere Zeit hinein weitgehend abhängig von der geografischen Beschaffenheit des Landschaftsraumes. So erschwerten beim Bliesknie (heute Unterstadt Neunkirchen) Sumpfböden und häufige Überschwemmungen der Blies viele Jahrhunderte lang menschliche Ansiedlung.
– Erst an und jenseits der nördlichen und südlichen Hänge – Spieserhöhe und Scheiberberg, Kuchenberg, Biedersberg und Ziehwald begann die früheste Besiedlung unseres Heimatraumes.
Seit dem Dänen Christian Thomsen (Anfang d. 19 Jahrh.) benennt man die frühen Kulturepochen der Menschheit nach den von ihnen vorwiegend benutzten Materialien für Werkzeuge, Waffen und Schmuck.
Von der älteren Steinzeit (100.000 v. Chr.) über die mittlere Steinzeit (7.000–3.000 v. Chr.), die Jungsteinzeit (3.000–2.000 v. Chr.), Bronzezeit (2.000–800 v. Chr.), Eisenzeit (ab 800 v. Chr.). die Kelten- und Römerzeit bekunden nur Funde von Werkzeugen – Waffen – Schmuck und Bauten die frühe Besiedlung. Erst mit der fränkischen Zeit (fränk. Gauverfassung 451 nach Chr.) und dem kulturellen Aufschwung unter Karl d. Großen (800 n. Chr.) bezeugen schriftliche Nennungen Ansiedlungen als Urkunden zu Schenkungen – Gebietsveräußerungen – Besitzerwechsel. – Meist sind die so genannten Orte einiges älter als eine solche Urkunde aus zufälligem Anlass dokumentiert. In unserem Raum wird nördlich des Bliesknies der Ort Wibileschiricha (heute Wiebelskirchen) bereits 893 (evt. sogar bereits 765 n. Chr.) in fränkischen Urkunden genannt.
Die Wüstungskarte des Raumes Neunkirchen (gez. von Bernhard Krajewski) zeigt, dass viele Siedlungen nur über kurze Zeit bestehen konnten. Davon künden die beiden niedergegangenen Dörfer Alsweiler (1200–1500) im Bereich Biedersberg/Ziehwald und Rodenbach (1200–1400) südöstlich des Ebersteins. In der heutigen Flurbezeichnung „Rombach“ ist wahrscheinlich „Rodenbach wiederzufinden. Das Dorf Forbach südlich von Scheiberberg und Kasbruch wird in seiner frühesten Urkunde 1234 genannt und damit (urkundenmäßig) früher als das Dorf Neunkirchen 1281.
Der Name der Ansiedlung Forbach wurde zunächst vom keltischen feor-for = Wasser mit „Dorf am Wasser“ gedeutet, dann aber wohl richtiger von german. furten = durchschreiten als Furtbach, Dorf an der Furt durch den Erlenbrunnenbach vor einer Weiheraufschüttung. Das weitverzweigte Wegenetz der keltischen Mediomatriker wurde ab 57 vor Chr. von den neuen römischen Herren übernommen und ausgebaut für Kuriere und Transporte.
Rektor Josef Braun, Neunkirchen, schreibt 1911 über die Römerstraße - Trier - Tholey - Schiffweiler - Limbach - Bitsch - Straßburg, dass beim Furpacherhof „Spuren dieser ältesten Straße nachgewiesen wurden“. Das um 1850 entdeckte grobe, graue Sandsteinrelief (H.: 68 cm, B.: 41 cm, T.: 20 cm) der keltischen Tierschutzgöttin EPONA aus der Sammlung des Furpacher Gutsbesitzers Eduard Karcher sieht J. Braun als „Reste einer römischen Poststation. Außerdem seine noch als zuverlässige Zeugen aus Römerzeit die mannigfachen Funde von alten Werkzeugen, Münzen und Gefäßen.... erwähnt“.
So wurde 1863 an der Nordseite des Gutes eine Kupfermünze des Imperators Alexander Pius, 1937 westlich des Hofes (Hirschdell/Kälberweide) eine Silbermünze des Soldatenkaisers Marcus Philippus (244-249 nach Chr.) und in den fünfziger Jahren im Geißbrünnchen eine Kupfermünze mit dem Bild der Marc Aurel – Gattin, Kaiserin Faustina (101 – 180 n. Chr.) gefunden.
Diese römischen Spuren rings um die Furt im Bach belegen kelt.-röm. Ansiedlung im 2./3. Jahrhundert n. Chr.
Professor Dr. A. Kolling datiert den von Prof. Schröter, Saarbr., 1858 auf einem Flößsand-Acker nordwestlich des Hofgutes, nahe der Kirschallee Einzelgrabfund eines Kriegers in die frühfränkische Zeit. Eine um eine eingedrückte Aschenurne gebogene Schwertklinge und eine gut erhaltene Lanzenspitze konnten nicht zu einem römischen Krieger (s. Schröter) gehören, weil die Waffen röm. Soldaten als Staatseigentum nie mitbestattet werden durften.
Als 1857 (nach Dr. Schröter, Sb.) auf der Südostseite des Weihers beim Furpacherhof (heute Parkseite zum Zentralfriedhof Nk.) „zur Rechten der nach Zweibrücken führenden Straße eine Erhöhung von 3 Fuß (=3 mal 0,34m =1m) aufgegraben wurde“ ging man mit den Funden dort recht liederlich um.
– Nichts wurde aufbewahrt, nichts dokumentiert.- Erst Jahre später hält Dr. Schröter diese Aussagen von Augenzeugen, bekräftigt durch den Hofbesitzer E. Karcher, so fest: „dass man ungefähr 200 zum Teil wohlerhaltene Gerippe menschlicher Leichname fand“ und dass“ daselbst die Fundamente eines Gebäudes herausgenommen worden seien“. Die Augenzeugen meinten „es sei eine Kapelle gewesen; ein daselbst gefundener Goldgulden habe das Wappen der Kurfürsten von Trier/Mainz/Köln getragen, ein tönernes Gefäß habe die Form eines Kelches gehabt“. Nahe bei einem „ausgemauerten Brunnen“ habe ein „dort herausgenommener Stein in römischer Schrift die Jahreszahl 860 getragen“. – Es ist dies eine zu ungesicherte Angabe, um daraus ein bereits 860 an der Furt bestehendes fränkische Dorf Forbach zu belegen.- Erst der schriftliche Beleg durch die Schenkungsurkunde von 1224 wird als sichere Nennung des mittelalterlichen Forbach genutzt.
„Heinrich, Graf von Castel (Blieskastel) und seine Frau Agnes schenken der Kirche zu Wörschweiler (Kloster Wörschweiler gegründet 1131) den freien Weidegang in den Wäldern um das Dorf Forbach“. Eine weitere Schenkungsurkunde der Schwester des Grafen Heinrich, Mathilde von 1237 bekräftigt den Bestand von Forbach.Bei dem mittelalterlichen Forbach handelte es sich um von reichlich Wald umgebenes Waldrodungsdorf, wohl schon viele Jahre zuvor an der Furt angelegt. In den zahlreichen späteren Urkunden wechselt die Benennung 1289 auf Forpach – 1418 auf Furpach – 1429 zu Furtbach.
Ein Auf und Ab von Verpfändungen, Abfindungen, Wiedereinlösungen ist im Wesentlichen der Inhalt der 38 Urkunden. So geht der Besitzerwechsel von Heinrich von Castel (1279) zu Heinrich von Salm, zu Ludwig von Homburg – Stift Homburg/Lothringen, Bischof Burkhard von Metz, Bischof Balduin von Trier (1326), zu Graf Friedrich von Saarwerden (1336), Graf Johann von Mörs – Saarwerden (1418) bis hin zu den Grafen von Saarbrücken (1521).
Man erfährt von Ludwigs Abfindung mit 80 Metzer Pfund Denare (1289), von der Verpfändung für 300 Pfund schwarze Tournois (kleine schwarz gewordene Silbermünzen der Loire – Stadt Tours) durch Friedrich v. Saarwerden. Sogar die Bestellung eines „Seelgeredes“ (Totengedächtnis) aus einer Pfandschaft von 35 Schillingen Metzer Pfennige für das Kloster Wadgassen wird am 17.7.1346 von Johann von Forbach beurkundet.
1346 ist Pfarrer Simon von Forbach Zeuge einer Beurkundung an Ritter Johann von Kirkel.
Ein Dorf mit eigenem Pfarrer deutet auf Wohlstand hin. Der heute noch erhaltene Gemarkungsname „Pfaffental“ weist auf eine begüterte Kirche hin. Im Verzeichnis der päpstlichen Steuer der Metzer Diözese, Dekanat Neumünster / Ottweiler von 1357 – 1361 erscheint Forbach mit einer Abgabe von 6 Gross in gleicher Höhe mit Bexbach und dem dreifachen Betrag, den Spiesen zu entrichten hatte.
Als in einer Urkunde 1429 das Dorf Forbach von Graf Johann von Mörs – Saarwerden „wegen großer Schuldenlast“ wieder einmal verpfändet wird, „gehen in Furtbach 16 Pflüge“. Diese hohe Anzahl von Pflügen zeigt das Dorf Furtbach / Forbach wohl in der Blüte seines Bestehens. Über 100 Jahre im Besitz des Klosters Wörschweiler sind dann auch keine Pfändungs-/Einlöseurkunden mehr zu finden. Vom Ende des Dorfes hin zum Hof Furpach kündet 1521 dann die Urkunde des Grafen Johann Ludwig von Saarbrücken mit der Auflösung der Pfandschaft des Klosters Wörschweiler, dem Dorf Furpach „in dem nur noch 1 Hofmann lebt“. Die Karte des Zweibrücker Geometers Tilemann Stella zeigt zwar 1564 noch Furpach als Kirchdorf, war aber zu diesem Zeitpunkt nur noch ein Hof der Grafen von Saarbrücken. Die nächsten 100 Jahre bis 1664 erfolgt überhaupt keine Nennung mehr.
Das ehemalige Waldrodungsdorf, wohlhabend im 15 Jahrhundert, mit seinen Wäldern ein bedeutsames Pfandgut, ist spätestens seit 1564 eine Wüstung – niedergegangen aus unbekannten Gründen – wie viele Dörfer um Neunkirchen im ausgehenden Mittelalter.
 
Günther Gensheimer