Historischer Verein
Stadt Neunkirchen e.V.

Historischer Verein Stadt Neunkirchen e.V.

Gaststätte „Walrad’s Katche”      
Die Hohlstraße – eine der ältesten Straßen in Neunkirchen
    1. Teil
Bericht von Armin Schlicker
hvsn_01 Die Hohlstraße ist eine der ältesten Straßen von Neunkirchen. Im so genannten Nordheimplan von 17971 ist sie als eine von vier Straßen mit einem Namen (damals noch als Zweibrücker Straße) eingezeichnet.
In der Chronik von Neunkirchen von 19132 heißt es zu der Hohlstraße: „Eine sehr alte Straße, die ihren Namen jedenfalls daher hat, dass sie zwischen zwei Felsen durchführt (Hohlweg)”.
Die Straße führt von der Kreuzung Marktstraße/Brunnenstraße/Talstraße nach Süden bis zum Mantes-la-ville-Platz und mündet dort in Höhe der Einmündung der Friedrichstraße in die Zweibrücker Straße. Sie ist ein Teil der Hauptverkehrsachse Neunkirchens vom Hauptbahnhof über den Stummplatz, den Oberen Markt und die Scheib Richtung Furpach, Zweibrücken, Pfalz.
Die Hohlstraße ist ohne Zweifel die Straße in Neunkirchen, die ihr Erscheinungsbild in der zweiten  Hälfte des 20 Jh. ohne große Kriegsschäden am nachhaltigsten verändert hat. Zwar waren im zweiten Weltkrieg nahe des Heusners Weihers auch einige Häuser durch Bomben zerstört worden, aber ab der Haspelstraße aufwärts waren die Häuser in ­Richtung Marktstraße links und rechts intakt geblieben.
Wenn man früher durch diese Straße ging oder fuhr, fühlte man sich durch die seitlichen Anhöhen des Haspel auf der östlichen Seite und des Büchel mit der Schloßbrauerei auf der westlichen Seite und die auf beiden Seiten davor stehen Häuser sehr beengt. Die vor den Häusern verlaufenden Bürgersteige waren stellenweise so schmal, dass zwei Leute nicht nebeneinander gehen konnten.
Dazu kam, dass durch die Straße seit 1907 auch zwei Straßenbahngeleise verliefen, die ­stellenweise die gesamte Straßenbreite einnahmen und den übrigen Verkehr erheblich behinderten.
In der nur gut 300 m langen Straße gab es früher insgesamt 5 Gaststätten und wenn man noch die Gaststätte Scharfes Eck an der Ecke Marktstraße-Brunnenstraße dazu rechnet, waren es sogar 6 Lokale. Es waren dies:

1. Gasthaus Zur Fels (Bonner’sch Wertschaft), Hohlstraße 13
2. Gaststätte Vogel, Hohlstraße 21, mit Saal/zeitweise Kino
3. Gaststätte Zum Felsenkeller (Rixecker), Hohlstr. 28
4. Gastwirtschaft Ww. Chr. Schmidt (Walrad’s Katche), Hohlstraße 30
5. Gaststätte Olympia (vorher Gasthaus und Metzgerei Fried, zeitweise Gasthaus Friedrichspark), Hohlstraße 41
6. Gasthaus Zur Schlossbrauerei (Scharfes Eck) (die stand allerdings nicht mehr in der Hohlstraße, sondern unmittelbar davor)

Von diesen sechs Gaststätten existiert nicht eine mehr.
Darüber hinaus gab es in der Saargebietszeit (1920 – 1935) in der Straße im Haus Nr. 28 auch noch ein Café. Werner Raber schrieb dazu 1990 in den Scheiber Nachrichten3: „Wer erinnert sich noch an das in den 30er Jahren neben der Wirtschaft (Zum Felsenkeller) befindliche Café des Konditormeisters Erich Fochler? An einem Schaufenster war geschrieben – 1 Stück Kuchen = 1 Franc und an dem anderen stand 1 Stück Torte = 1,50 Franc. Wegen dieser Reklame wurde der Betrieb auch das Franc-Café genannt”.
Zusammen mit Günter Haab habe ich auch Belege für die Existenz dieses Cafés gefunden (einen Umbauplan von 1919 und eine Genehmigung für die Anbringung eines Reklameschildes von 1930).
In den 1960er, den 1970er und Anfang der 1980er Jahre wurden auf der östlichen Straßenseite die Anwesen Nr. 3, 5, 21 (Gaststätte Vogel) und Nr. 23 (Haus Leibenguth) und auf der westlichen Straßenseite mit einer Ausnahme (Nr. 4, heute Tapetengeschäft Schirra) alle Häuser von der Einmündung Talstraße bis zum Anwesen Hohlstraße 30 (Walrad’s gegenüber der Haspelstraße) abgerissen. Da am 10 Juni 1978 auch die letzte Straßenbahn durch die Straße gefahren war, konnten nun die Schienen herausgerissen und die Straße neu geplant und wesentlich verbreitert werden.
Das hatte zur Folge, dass die Straße nun einen großzügigen Eindruck macht und der Verkehr nun wesentlich leichter und geordneter fließt.
Die älteste der Gaststätten war die von Christian Schmidt und das Gebäude in dem sie sich befand war eines der ältesten Häuser in Neunkirchen. Schräg gegenüber stand das Haus Leibenguth. Es war zum Zeitpunkt des Abrisses in den 1960er Jahren das wohl älteste Profangebäude in Neunkirchen. Bereits im Bannbuch von 1740 ist an dieser Stelle verzeichnet: „Ein Hauß, Scheune, Stall und Hofgering”. Als Eigentümer sind „Wolfarts Erben” angegeben. Eine Enkelin des Michel Wolfart heiratete 1772 den Christian Leibengut, geb. am 17. März 1747. Seither war das Haus im Besitz seiner Nachkommen4.
Die Gastwirtschaft Schmidt, die den alten Neunkirchern als Walrad’s Haus oder Wirtschaft „Walrad’s Katche” bekannt war, lag auf der westlichen Straßenseite gegenüber der heutigen Einmündung der Haspelstraße. In seinem Äußeren stellte sich das Gebäude als das typische Bauernhaus unserer Gegend dar: Wohnung, Scheune und Stallung unter einem Dach vereint, die Front zur Straße, aber etwas im Winkel stehend, so dass vor dem Stall Platz für die Dunggrube (den Misthaufen) blieb. Es war 1819 erbaut worden, wie die Ziffern auf dem Türsturz bezeugen und zwar von (Georg) Christian Schmidt.
Im Tractus I, einem Katasterplan aus dem Jahre 1822, der die Grundstücke im Bereich des heutigen Oberen Marktes, der Marktstraße, der Talstraße, der Hohlstraße und der Heizengasse mit ihren Eigentümern zeigt5, ist das Gebäude bereits mit dem Namen ­Georg Christian Schmid(t) eingezeichnet.
Neben dem Haus war die Toreinfahrt zum Hof, in dem sich ein weiteres Stallgebäude an die Bergwand des Büchel anlehnte, während ein Keller tief in den Fels hinein gehauen war. Auch der zugehörige Garten lag auf einer dem Berg abgerungenen Terrasse, wie die Saarländische Zeitung im Februar 1941 schrieb6.
Weiter heißt es dort: „In den 1860er Jahren erhielt das Haus einen Anbau, der sich nach der Hofseite im rechten Winkel an das Haus anschloss. Dieser Anbau ist in einem Situationsplan von 1868 eingezeichnet.
Der Anbau diente vor allem der Schaffung eines großen Saales im oberen Stockwerk; der Überlieferung nach soll es der erste größere Saal in Neunkirchen gewesen sein. Unten gab der Anbau Raum für die Küche und ein schönes Nebenzimmer zur Wirtschaft. Aber schon in den 1880er Jahren wurde der Tanzsaal wieder aufgegeben und in Wohnräume unterteilt. Für die Gaststätte blieben der alte Schankraum und das Nebenzimmer”.


                                                                                                                                                                                                   
 
Nordheimplan von 1797
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Die Enge der Straße wird durch diese Fotos
dokumentiert. Quelle: W. Raber
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Gasthaus Zur Fels
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Gaststätte Vogel
Quelle: Archiv Schwenk 57-25A
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Gastwirtschaften Schmidt (Walrads Katche) (links)
und Zum Felsenkeller (Rixecker) (rechts).
Quelle: Archiv Schwenk 141-20
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Gaststätte Fried, im Krieg zerstört, danach Olympia.
Quelle: Archiv Schwenk 364-9
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Gaststätte Zur Schlossbrauerei (Scharfes Eck)
Quelle: Archiv Schwenk 248-28
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Rechts das Haus Leibengut, darüber
die Gaststätte Vogel, beim Abriss 1963.
Links die Gaststätte Rixecker.
Quelle: Archiv Schwenk 63-34A
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Ausschnitt aus Tractus I
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Situationsplan von 1868
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Anbau nach hinten kurz vor dem Abriss des Hauses
im Jahr 1983. Quelle: L. Klein
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Weiterer Blickwinkel des Anbau nach hinten.
Quelle: L. Klein
Quellen:
  • 1. Geometrischer Grundriss Tractus I des
    Neunkircher Bannes, 1797 gefertigt durch
    J. Heinrich Nordheim auf Grundlage der
    Generalrenovatur von 1770,
    LArchiv Saarbrücken, Bestand Katasterkarten
  • 2. Chronik von Neunkirchen, 5. Jahrgang,
    Nr. 1, 1913, Herausgeber:
    Jakob Lehnen, Neunkirchen
  • 3. Raber Werner: Scheiber Gaststätten,
    in: Scheiber Nachrichten, Nr. 21/1990
  • 4. Krajewski Bernhard:
    Heimatkund­liche Plaudereien 4
  • 5. Geometrischer Grundriss des
    Tractus I des Neunkircher Bannes von 1822,
    LArchiv Saarbrücken, Bestand Katasterkarten,
    noch ohne Signatur
  • 6. ­STZ (Saarländische Tageszeitung)
    vom 01.02.1941
 
 
Ende des 1. Teils, Fortsetzung folgt
Armin Schlicker