Historischer Verein
Stadt Neunkirchen e.V.

Historischer Verein Stadt Neunkirchen e.V.


Geschichte der Mahl- und Ohligmühle
Reise zurück bis ins letzte vorchristliche Jahrhundert
von Werner Fried -Teil 2

Laut Niederschrift vom 10. November 1633 hat dann der Johannes Heuser aus St. Johann die Mühle zum Preis von 460 Gulden erworben, und danach war sie dann wohl in den Besitz des Müller Georgen aus St. Johann übergegangen (5).
Des ungeachtet – die fürstliche Verwaltung hinkte da wohl erheblich nach – war aber schon mit dem zwischen Nassau-Saarbrücken und Pfalz-Zweibrücken vereinbarten „Abschied“ vom 18.6.1581 bereits die „Enbach“ – es war der Bach aus dem Hirschbergtal, der um den Hirschberg herum seinen Lauf zur Blies nahm – als Grenze zwischen dem „Lauxweiler Eigen“ und der Gemarkung Wellesweiler, festgelegt worden. Diese „Enbach“ floss zwischen Hirschberg und Mühle zur Blies, so dass die Mühle nun innerhalb der Banngrenze von Wellesweiler lag. (6)
Wie so vieles, so war auch die „Lauxweiler/Wellesweiler Mühle“ im Verlauf des 30-jährigen Krieges, aber erst nach der Bestandsaufnahme von 1634 untergegangen, wurde dann aber von den Grafen in den Jahren nach 1650, so ist zu vermuten, wieder aufgebaut. Sie betrieben die Mühle dann aber nicht in eigener Regie, sondern überließen dies jeweils einem Pächter, einem sog. Erbbeständer, der sein Pachtrecht auch auf seine Erben übertragen konnte. Der erste Erbbeständer nach dem Wiederaufbau der Mühle war wohl der Endres Thönges, der laut einer Urkunde vom 15.3.1686 von den Grafen die Rechte zur Nutzung des Kasbruchswassers erwarb. Er war vielleicht auch derjenige, der im Auftrag der Grafen den Wiederaufbau oder die Wiederinstandsetzung bewerkstelligte. (7) Dieser Endres (Andreas) Thönges wird dann noch einmal in einer Urkunde aus dem Jahre 1697 erwähnt, die sich im Besitz des Landesarchivs zu Saarbrücken, befindet. (8) Da war nämlich am 25. Februar 1697 der Besitzer (Pächter) der Mühle, Peter Fröhlich, dem „gewesenen Müller zu Wellesweyler, anjetzo zu Frankenthal wohnhaftlich“ bei der Probstei zu Ottweiler erschienen, um nach zuvor eingeholtem „Herrschaftlichen Consens“ die Mühle zum Kauf zu geben, also zu verkaufen, und zwar an die gleichfalls erschienenen, Johann Balthasar Henke, „dermahliger Haushofmeister beim Hof zu Neunkirchen“ und Hans Siegfried Eisenbeiß mit „seiner ehelichen Hausfrau Annam Margaretam“.

Angemerkt sei, dass es hier ganz eindeutig „Siegfried Eisenbeiß“ heißt, während die Ahnenforscher ihn als „Seyfried Eisenbeiß“ kennen.
Wie Peter Fröhlich laut diesem Schriftstück bekundete, war Andreas Thönges der Vorbesitzer der Mühle; und dieser habe sie zuvor von der „Gnädigsten Herrschaft von Nassau-Saarbrücken“
erworben. Dies ist mit ein Beleg dafür, dass Thönges nach dem Wiederaufbau der Mühle dort der erste Erbbeständer war.
Wirklich gekauft oder verkauft wurde die Mühle natürlich nie, denn sie blieb stets in herrschaftlichem Besitz. Es fand vielmehr nur ein Wechsel der Pächter statt, wobei der neue Pächter seinem Vorgänger eine Entschädigung zahlte und er selber als der neue Erbbeständer die daraus entstehenden Pflichten gegenüber der gräflichen Herrschaft übernahm.
Der hier als Käufer titulierte Haushofmeister Johann Balthasar Henke war nicht wirklich als Käufer, sondern nur als Vertreter der gräflichen Herrschaft erschienen, um deren Rechte zu wahren, die darin bestanden, dass der jeweilige Erbbeständer der „Hochgräflichen Rentnerey anhero vier Malter Korn hiesiger Maßung an guter sauberer dürrer Frucht“ jährlich zu liefern hatte. Schließlich musste sich der neue Erbbeständer auch verpflichten, die Mühle vor jedem „Verkauf“ der gräflichen Herrschaft anzubieten, womit das Verbot umschrieben war, ohne gräfliches Einvernehmen die Mühle einem anderen zu „verkaufen“ oder zu verpachten.
Alleiniger „Käufer“ war also hier im Jahre 1697 der Siegfried Eisenbeiß, und der erwarb nun die Mühle „um die Sume von 420 Gulden zu je 60 Kreuzern oder 30 Albus gerechnet sambt zwey halbjährigen Schweinen“, was der Verkäufer schon vor Ausfertigung dieses Dokumentes als erhalten quittierte. Darüber hinaus übernahm Siegfried Eisenbeiß auch noch die Zahlung des Zehenden von „sothaner Summe“ = 42 Gulden an die gnädigste Herrschaft, die ihm ihrerseits das Recht der Fischerey im Mühlengraben bis an die Blies, in dem bei der Mühle gelegenen Weyher und auch im sog. Untersten Hirschweyer übertrug, unter dem „Beding“, dass er diesen „in gehörig guten stand setzt“.
Wie aus dem evangelischen Kirchenbuch von Neunkirchen zu entnehmen ist (9) war der Zimmermann Siegfried Eisenbeiß, stammend aus Gahma in der Grafschaft Reiß im Vogtland (Thüringen) auf seiner Wanderschaft schon vor 1694 nach Neunkirchen gekommen, wo er am 2.9.1686 die Susanna Margaretha Schmeltzer ehelichte. Seit 1695 war er als Zimmermann und Müller auf der Wellesweiler Mühle tätig.
Das „Wellesweiler Heimatbuch“ bedarf daher insoweit einer Korrektur, als der Seyfried Eyssenbeiß nicht die Tochter des damaligen Mühlenbesitzers Peter Fröhlich ehelichte. Er hat aber bei diesem Peter Fröhlich wohl das Müllerhandwerk gelernt und auch lernen müssen, denn er musste als Müllermeister auch dem Artikel 21 der Müllerzunftordnung gerecht werden (10), die verlangte, dass derjenige, der Meister werden will, der Zunftordnung nachkommen muss und demzufolge einen Lehrbrief vorzeigen und nachweisen muss, dass er 3 Jahre auf dem Handwerk in Mühlen gedient hat, wovon allerdings die gräfliche Herrschaft Dispens erteilen konnte.
Diesbezüglich geht zwar aus den bislang bekannten Akten nichts hervor, doch darf man das, analog zu anderen Mühlengeschichten durchaus unterstellen, so dass dann im Jahre 1697 alle Voraussetzungen erfüllt waren, und nach hergestelltem herrschaftlichem Consens, Siegfried Eisenbeiß neuer Müller und Erbbeständer werden konnte.
Seine in diesem „Kaufvertrag“ genannte Hausfrau Annam Margaretham ist nach alledem identisch mit der Susanna Margaretha Schmeltzer, denn der Name „Annam“ war nichts weiter als die Kurzform von Susannam, Susannam.
Seit 1481 war die „Wellesweiler Mahl- und Ohlig-Mühle“, wie sie später auch genannt wurde, stets im Besitz der Herrschaft von Nassau-Saarbrücken, und nur vorübergehend um 1762 gehörte sie kurzzeitig der Witwe Hauser geb. Marqué aus Straßburg.
Anlässlich dieses kurzen Besitzwechsels wurde sie als eine Mühle mit 2 Gängen beschrieben, zu der Scheuer und Stall, sowie 5 1/4 Morgen Hofgring, 37 1/2 Morgen Wiesen, 74 Morgen Ackerland und Weiden, Trift und Tränkgerechtigkeiten gehörten (11).
Im Jahre 1763, die Mühle war wieder in nassau-saarbrück’schem Besitz, wertete Fürst Wilhelm Heinrich den Lützelholzer Hof zu einem selbständigen, nun Kohlhof genannten Pachthof auf, u.a. in der Weise, dass er diesem 790 Morgen aus dem Forbacher Hofbann zuordnete.
Diesen Pachthof gab man dann per Vertrag vom 8. Febr. 1763 für 9 Jahre, und zwar für die Zeit vom 23. April 1763 bis zum 23. April 1772 in den Bestand des Daniel Moser, „zusamt der Kohlhofer Schäferei in der Herrschaft Ottweiler und die ohnweit davon gelegene WELLESWEILER MÜHLE“. Mit einbezogen sollen nach diesem Vertrag noch die beiden Hirschweiher werden, „so sie von Herrschaftswegen wirklich ins Trockene gelegt und begräbet worden sind“, wie ebenso auch der Birgenweiher (12).
Unter dem Datum vom 8.8.1766 sind dann auch im Staatshaushalt des Fürstentums, wenn leider auch nicht detailliert, für die neue Anlage des Kohlhofes und für die Reparatur der Mühle, Ausgaben in Höhe von 7800 Gulden aufgeführt (13).
Die Mahlgerechtigkeit aber blieb gemäß diesem Vertrag in Wellesweiler, und das Neunkircher Hüttenwerk, der Forbacher Hof und auch der Kohlhof, „dürfen ihre Früchte nirgendanderswo als in der Wellesweiler Mühle mahlen lassen“ (14).
Ungeachtet all dieser Besitzer- bzw. Pächterwechsel, so muss man vermuten, wurde aber die Mühle über Generationen hinweg stets von der Familie Eisenbeis bewirtschaftet. Belegt ist dies auch durch den Umstand, dass der Christian Eisenbeis, Müller auf der Schafbrückermühle bei Ottweiler, im Jahre 1790 die Wellesweiler Mühle von seinem Neffen Jakob Eisenbeis übernommen hat (15).
Auch für das Jahr 1813 ist die Mühle als Eisenbeis’scher Besitz durch einen längeren Eintrag in dem evgl.-luth.-Kirchenbuch der Pfarrei Neunkirchen, zu der damals auch Wellesweiler gehörte, eindeutig belegt, in welchem der Pfarrer schrieb (16):
„d. 29. Dez. starb auf der Wellesweiler Mühle an der sogenannten Franzosenplage – hitzige Krankheit – Christian Eisenbeis, 25 Jahre. Seine vor ihm in die Ewigkeit gegangenen Eltern waren: Christian Eisenbeis, Eigner obgedachter Mühle und Anna Maria, eine geb. Müllerin. So starben denn binnen weniger Wochen in einem Hause Vater, Mutter und Sohn an der nämlichen Krankheit.“
An den Rand dieses Sterbeeintrages schrieb er dann weiter:
„Durch die französischen Soldaten auf ihrem Jammerrückzuge aus Rußland hat diese Krankheit in vielen Gegenden sich verbreitet und gewüthet.“ Und auf der nächsten Seite des Kirchenbuches, bezogen auf die obengenannten Sterbefälle, schrieb er noch ergänzend hinzu:
„Es war entsetzlich, die Franzosen bei ihrem Rückzuge aus Rußland, und insbesondere nach der Völkerschlacht bey Leipzig, anzusehen.
Straßen, Felder Scheunen, Ställe waren mit diesen Weltstürmern und sogenannten Unüberwindlichen, Menschenschindern und Mordbrennern angefüllt. So stolz und übermütig sie sich als Sieger zeigten, so feige und furchtsam waren sie als Besiegte. Das Wehen eines Laubblattes setzte sie in Schrecken. „nicht wahr“ – redete mich ein französischer Offizier im Monat November in Wellesweiler an, „nicht wahr, die Franzosen sind Spitzbuben?“ – „Das sage ich nicht“ war meine Antwort, „die Franzosen werden wohl am besten wissen, wer sie sind.“ Der Offizier war in Verlegenheit, aber sehr höflich. Nicht so sein Bedienter. Ich sah’s ihm an, dass er zu einer anderen Zeit und unter anderen Umständen mit ein paar Dutzend Prügeln mich garstig würde zugedeckt haben.“
Einige Zeit später hat er diesen Vermerk wieder durchgestrichen und wohl erleichtert dazugeschrieben:
„Ende gut, alles gut!“
Die Todesdaten im Hause Eisenbeis waren für die Mutter der 9.12.1813, für den Vater der 14.12.1813 und für den Sohn der 29.12.1813.
Trotz dieser Tragik war aber das Ende der Eisenbeis’schen „Dynastie“ auf der Wellesweiler Mühle noch nicht gekommen, denn im Gefolge der französischen Revolution und während der Herrschaft der Franzosen ging die Mühle offenbar ganz in das Eigentum der Familie Eisenbeis über, und wenn auch in einem Bericht der königlichen Regierung in Trier vom 15. September 1823 (Wellesweiler gehörte ab 1816 zu Preußen) Georg Wohlfarth als der Müller von Wellesweiler genannt wurde17, so war dieser zwar der Müller, aber nicht Besitzer der Mühle, denn laut einem Mühlenkataster von 1827 war er nur Pächter. Eigentümer war vielmehr der (Georg) Ludwig Eisenbeis und die Mühle, so wurde sie hier noch einmal beschrieben, besaß zwei oberschlägige, eingängige Mahlgänge, angetrieben mit dem Wasser aus einem Weiher mit Zuflüssen aus dem Kasbruchtal und dem Hirschbergtal. Ein Gang war mit 12 Talern, und ein Gang mit 2 Talern, zusammen mit jährlich 14 Talern belegt. In Anspruch genommen wurde die Mühle von 40 Mahlgästen, und dass es hier immer viel zu tun gab, das bezeugt auch eine Statistik aus dem Jahre 1843, wonach das Wohnhaus der Wellesweiler Mühle 19 evangelische Bewohner beherbergte (18).
Letzter Besitzer und Betreiber der Mühle war der Michael Bach von der Woogsackermühle, der sie im Jahre 1847 käuflich erwarb und nach dessen Vornamen die Mühle nun auch „Michels Mühl“ genannt wurde (19).
Nicht belegt ist bislang von wem Bach die Mühle erwarb, vermutlich aber von der Familie Eisenbeis, in deren Besitz sie ja nachweislich noch 1827 war.

Quellen:
 5.) Landesarchiv Saarbrücken, Bestand 22 Nr. 2405, Blatt 353
 6.) Bernhard Welter; s. Nr. 2 Seite 14
 7.) Bernhard Krajewski; Saarländische Volkszeitung vom 27. August 1951
 8.) Landesarchiv Saarbrücken, Bestand NS II Nr. 3941
 9.) Register zu dem 1. evangelischen Kirchenbuch Neunkirchen, 1665 - 1728, Taufen, Konfirmation, Heiraten und Sterbefälle - eine Arbeit von
B. Gölzer, Scheidt
10.) Paul Raßier: „Die Geschichte der
Ottweiler Mühlen“, 1974; S. 108
11.) Gustav Remy: „Heimatbuch von
Wellesweiler“, S. 68
12.) Bernh. Krajewski: „Heimatkundliche Plaudereien“ Nr. 2, S. 23/24
13.) E. Klein: „Der Staatshaushalt des
Fürstentums Nassau-Saarbrückenunter der Regierung von Wilhelm Heinrich 1741 – 1768, Jahrbuch für Westdeutsche Geschichte 3/1977, S. 253
14.) siehe Nr. 12
15.) Bernh. Welter, „Die alten Mühlen
Weiler und Höfe im Raum Höcherberg-Bexbach“, S. 49
16.) Ev.-luth. Kirchenbuch der Pfarrei Neunkirchen - Abschrift der Heiratsanträge 1728 – 1882 von Marliese Mathieu-Brenner
17.) Gustav Remy, „Heimatbuch von Wellesweiler“, S. 68
18.) Bernh. Krajewski, „Heimatkundliche Plaudereien“ Nr. 4, S. 13
19.) Gemeinderats-Beschlussbuch von Wellesweiler, Beschluss 24.5.1847
Ende Teil 2
Werner Fried