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Die ersten Untersuchungen über elektrische Erscheinungen fanden schon
vor über 400 Jahren statt. Zur weiteren Entwicklung haben viele
Forscher beigetragen. Es sei hier nur an die Namen Volta, Ampère oder
Ohm erinnert. Den ersten Schritt für die Erzeugung von elektrischem
Strom tat 1831 Michael Faraday mit Entdeckung der elektro-magnetischen
Induktion, d.h. der Stromerzeugung durch Bewegung eines Magneten. In
allen Industrieländern wurde nun nach einer praktischen Möglichkeit
gesucht, dieses „elektromagnetische Prinzip“ auszunutzen. Es hat über
30 Jahre gedauert, bis Werner Siemens 1866/67 die brauchbarste
Konstruktion zur Stromerzeugung gelang. Er gilt daher als der Erfinder
des Stromgenerators, des Dynamos. Es war nun möglich, Strom von
unbegrenzter Stärke auf bequeme und preiswerte Art zu erzeugen.
Zunächst kam es nur zur Erzeugung von Gleichstrom. Das hatte zur Folge,
dass die Anwendung der Elektrizität anfangs auf den Ort der Erzeugung
beschränkt blieb und nur einige 100 Meter weitergeleitet werden konnte.
Nach Herzig, der sich ausführlich mit der Elektrizitätsversorgung an
der Saar befasst hat, waren etwas später Weiterleitungen bis drei
Kilometer möglich[1a].
Siemens sah in dem elektrischen Strom vor allem eine Möglichkeit zur
Krafterzeugung. Hinsichtlich der Lichterzeugung schrieb er noch 1880:
„...ich möchte hierbei aber doch bedenken, dass das elektrische Licht
schwerlich jemals das Gaslicht wird verdrängen können“[2]. Nun war es
aber das Licht, mit dem die Elektrizität den Weg an die Saar fand. In
der Zeitschrift „Der Bergmannsfreund“ vom 25. April 1879 erschien der
vierte und letzte Teil einer unsignierten Artikelserie mit dem Titel
„Das elektrische Licht und die Lichtmaschinen“[3]. Der Beitrag stammt
mit ziemlicher Sicherheit aus der Feder des damaligen Bergrates Anton
Haßlacher, der bei Gründung der Zeitschrift 1870 mit der Redaktion und
Herausgabe beauftragt worden war und dieses Amt bis 1880 innehatte[4].
Vermutlich hat Haßlacher seine Tätigkeit an der Saar in Heinitz
begonnen, denn in der Festschrift zum 50-jährigen Jubiläum der Grube
Heinitz wird 1865 der „Bergeleve Haßlacher“ als Gasinspektor
genannt[5a]. In dem o.g. Artikel wird zunächst auf die Vorteile der
„dynamo-elektrischen Maschinen“ in der Industrie hingewiesen. Es heißt
dann weiter:“ Sie sind indessen doch hauptsächlich für die Erzeugung
des elektrischen Lichtes von Bedeutung geworden, wenn auch freilich
nicht abzusehen ist, ob sich die großen Fehler, an denen die
elektrischen Beleuchtung bis jetzt noch leidet, mit der Zeit werden
beseitigen lassen.... In der Saarbrücker Gegend hat das elektrische
Licht seit Anfang des Jahres (1879) auf den Dechen-Schächten der Kgl.
Steinkohlengrube Heinitz Anwendung gefunden, und zwar zur Erleuchtung
der Rätteranlage (Siebanlage). So hat man über jedem Leseband eine
elektrische Lampe aufgehängt. Jede der Lampen wird durch eine besondere
Siemens’sche Lichtmaschine gespeist und liefert eine Lichtmenge gleich
etwa 200 Gasflammen.“ Die Dynamos wurden von den Dampfmaschinen der
Rätteranlage mit betrieben. An anderer Stelle findet sich noch die
nähere Angabe: „Zwei Lampen nach dem System Hefner von Alteneck
verbreiteten an den drei Lesebändern, verschiedenen Ladegeleisen, der
Ladebühne und einer Drehscheibe so viel Licht, dass sämtliche
Manipulationen und deren Beaufsichtigung mit der nämliche Sicherheit
wie bei Tage durchzuführen waren“[6]. Nachdem Herzig festgestellt hat,
dass es vor 1879 keine elektrische Kraftübertragung an der Saar gegeben
hat[1b], kann man also sagen: Die Elektrifizierung hat hier mit der
Lichterzeugung auf Grube Heinitz begonnen. Bei den erwähnten Lampen
handelte es sich noch nicht um Glühlampen, sondern um
Kohlenbogenlampen. Diese bestanden aus zwei Graphitpolen, an welche
über einen Vorwiderstand eine Gleichspannung angelegt wurde. Wenn die
Pole sich berührten, erhitzte sie der Strom und sie kamen an einer
kleinen Stelle zum Glühen. Zog man die Pole dann etwa 1 cm auseinander.
so entstand ein intensiver Lichtbogen mit hellem weißem Licht. Nach
dieser Beschreibung ist es verständlich, dass solche Lampen nicht für
einen allgemeinen Anwendungsbereich geeignet waren. Das blieb der
Kohlenfaden-Glühlampe vorbehalten. Sie war zwar schon 1854 von Heinrich
Göbel für private Zwecke erfunden worden, aber erst 1879 fand Thomas
Edison (ohne Kenntnis der Göbel’schen Lampe) eine technische
Möglichkeit zur serienmäßigen Fabrikation dieser Lampe. Er gilt daher
allgemein als Erfinder. Bis diese Neuerung in der damaligen Zeit aus
den USA nach Europa gelangte, dauerte es noch einige Jahre.
Die Elektrizität fand auch auf dem Gebiet der Nachrichtentechnik eine
Anwendung. Die elektrische Übertragung der menschlichen Sprache war
Philipp Reis 1861 gelungen. Den großen Aufschwung der Fernsprechtechnik
brachten aber die Erfindung des elektromagnetischen Telefons durch
Graham Bell (1861) und des Kohlemikrofons durch Thomas Edison (1877)
und David Hughes (1878). Bereits im Frühjahr 1884 heißt es in den Akten
der Grube Heinitz: „Einrichtung einer Telefonanlage auf der Grube“[7a].
Nach Herzig ist es die erste Telefonanlage im Gebiet der
Bergwerksdirektion Saarbrücken[1c], und damit die zweite große Leistung
der Grube Heinitz zur Einführung elektrischer Anwendungen im
Saargebiet.
Welche Gebäude über Tage mit Telefon verbunden waren, ist nirgends
vermerkt. Es ist anzunehmen, dass innerhalb des großen
Inspektionsgebäudes die wichtigsten Büros miteinander verbunden waren,
sowie das westlich davon stehende Wohnhaus des Bergwerksdirektors.
Möglicherweise hatten auch andere wichtige Gebäude auf den Anlagen
Heinitz, Dechen und Geisheck, die teilweise über 2 km auseinander
lagen, einen Telefonanschluss. Die Telefonanlage wurde während der
Amtszeit des Heinitzer Bergwerksdirektors Otto Täglichsbeck (1876-1884)
installiert[5b]. In dieser Zeit war auch die Einführung des
elektrischen Lichtes 1879, sodass auch dies ihm zu verdanken ist. Im
Berichtsjahr 1890/91 vermerken die Grubenakten, dass im Schachtgebäude
von Heinitz-Schacht III eine elektrische Anlage mit 15 Bogenlampen à 9
Ampère eingerichtet wurde[7b]. Die ersten Glühlampen brannten nicht in
Grubenbetrieben. Aus einer Festschrift ist zu entnehmen, dass auf der
Völklinger Hütte 1887 70 Bogenlampen in den Fabrikanlagen und „einige“
Glühlampen in den Büros brannten[8]. Für Grube Heinitz findet sich am
21. September 1893 nachstehende Zeitungsnotiz: „Gestern Abend wurde die
elektrische Beleuchtung der verschiedenen Diensträume des hiesigen
Inspektionsgebäudes probiert. Die Probe fiel recht gut aus, da das
Licht sehr ruhig brennt und recht schön beleuchtet“[9]. Für das große
Inspektionsgebäude muss eine größere Zahl von Glühlampen eingesetzt
worden sein. Vier Jahre später heißt es in der Festschrift von 1897,
dass neben 39 Bogenlampen 189 Glühlampen auf der Grube Heinitz
vorhanden sind. Zur Stromerzeugung dienten vier Dampfmaschinen von
zusammen 40 PS, ein Gasmotor von 12 PS und eine Turbine von
2,5 PS. Die vorher an mehreren Stellen untergebrachten
Lichtmaschinen sind nun zu einer elektrischen Zentrale vereinigt
worden. Dort waren auch die Maschinen untergebracht, die zur Erzeugung
von elektrischer Kraft für den Betrieb der 800 Meter entfernten
Pumpstation im Weilerbachtal dienten[5c]. Das war der Anfang der
elektrischen Krafterzeugung auf Grube Heinitz. Bei den anderen
Bergwerken im Saarrevier hatte es damit 1894 auf Grube Altenwald
begonnen. Dort wurde der Strom durch eine Wasserturbine auf der 4.
Tiefbausohle erzeugt, und mit einem Bleikabel zu einem 600 m im Schacht
entfernten Elektromotor geleitet, der eine Wagenförderung mit Seil ohne
Ende antrieb[10]. In Heinitz erfolgte 1897 die Inbetriebnahme einer
elektrischen Koksausdrückmaschine, zum Materialtransport vom Lagerplatz
zum Heinitz-Schacht III wurde eine Elektro-Lokomotive eingesetzt und
eine Mörtelmaschine und eine Heupresse elektrisch betrieben. 1902
erhielt die Koksausdrückmaschine eine Stampfvorrichtung mit
elektrischem Antrieb. Im Binsenthal kam 1904 ein elektrischer
CapellVentilator zum Einsatz[7c]. Unter Tage waren wegen der
bergbehördlichen Vorschriften nur magnetelektrische Signalapparate im
Gebrauch. Über diese Geräte gibt es 1901 einen Bericht, in dem aber
der Beginn des Einsatzes bei den Saargruben nicht angegeben ist[11].
Auf der Grube Heinitz waren sie jedenfalls schon 1897 im Einsatz[5d].
Die eigentliche Elektrifizierung unter Tage begann wesentlich später:
1947 betrug der Anteil erst 16 % und 1960 waren es 68%[12]. Der schon
genannte Gasmotor war mit Leuchtgas aus der grubeneigenen Gasanstalt
betrieben worden und hatte 1897 einen Anteil von 28 % an der
Stromversorgung der Grube. Seit wann der Gasmotor hier im Einsatz war,
geht aus den Unterlagen nicht hervor. Er war jedoch der Anlass, ein mit
Koksgas betriebenes großes Kraftwerk zu bauen, der dritte und letzte
große Beitrag der Grube Heinitz zur Stromerzeugung und
Stromversorgung. Zu diesem Plan beigetragen hatte auch die inzwischen
eingetretene bahnbrechende Entwicklung der Strom-Fernleitung. Zur
Internationalen Elektrizitätsausstellung 1891 war es Oskar von Miller
gelungen, Drehstrom – das ist dreiphasiger Wechselstrom – von Lauffen
am Neckar in das 180 km entfernte Frankfurt zu übertragen. In einer
Beschreibung der Kraftwerke der kgl. Bergwerksdirektion Saarbrücken
heißt es dazu: „Als dieser Versuch bewiesen hatte, dass man mittels der
Elektrizität Kräfte auf große Entfernung rationell übertragen kann,
fing man sofort an, die Betriebskräfte an günstige gelegenen Punkten zu
erzeugen und sie durch die Elektrizität an die einzelnen Abnehmer zu
verteilen, während man früher gezwungen war, an jeder Stelle, wo Kräfte
gebraucht wurden, einen entsprechend kleinen Krafterzeuger
aufzustellen.... Man entschloss sich von diesen Gesichtspunkten
ausgehend zum Bau großer elektrischer Zentralen, welche das ganze
Saarrevier mit Strom versorgen sollten. Man hatte in Heinitz eine
billige Kraftquelle zur Verfügung, da bei der Verkokung der Kohlen in
der großen Heinitz-Kokerei Gase gewonnen werden, welche bisher nur
unvollkommen ausgenutzt werden. Da die Gase jedoch nicht für den
gesamten Bedarf an Elektrizität ausreichen, so wurde in Luisenthal noch
eine Dampfturbinenzentrale errichtet[13].“ Nach Schult war es
ursprünglich vorgesehen, auch in Luisenthal eine Gaszentrale zu
errichten, aber nach dem durchschlagenden Erfolg des Einsatzes der neu
entwickelten Dampfturbine zur Stromproduktion veranlasste die
Bergwerksdirektion von dem ersten Plan abzuweichen[14]. In Heinitz
wurde 1904 mit dem Bau begonnen und dazu eine Maschinenhalle (siehe
Abbildung zwei) und ein Gasometer von 1000 cbm errichtet. In der Halle
begann man mit der Montage eines Gasmotors, der eine Leistung von 700
PS hatte. Nach Mengelberg/-Peucker musste Heinitz schon 1905 in Betrieb
gehen, da einige Gruben durch Störungen der eigenen
Elektrizitätsanlagen Schwierigkeiten hatten. Es wurde außerdem ein 1200
PS-Gasmotor nahezu fertig montiert. |
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Quellen
[1] Herzig, Thomas: Geschichte der
Elektrizitätsversorgung des
Saarlandes unter
besonderer Berücksichtigung der Vereinigten
Saar-Elektrizitätswerke, 1987.
a) S.57, b) S.25-42, c) S.28,
d) S.34-35, e) S.60
[2] Elektrotechn. Zeitschrift 1, 1880, S.21.
Zit. v.Herzig [1]: S.23
[3] Der Bergmannsfreund, 1879,
S.70-71
[4] Bruch, Ludwig:
Saarbr. Bergm. Kal. 1970, S.68,69
[5] Festschrift zum 50-jährigen
Jubiläum der Grube Heinitz
1897. a) S.17, b) S. 23, 27
c) S. 74, d) S. 70
[6] Zeitschr. f. d. Berg-,
Hütten- und Salinenwesen 1881,
S. 234. Zit. v. Herzig [1]: S.25
[7] Akte BWD 147, Landesarchiv SB.
a) S. 47, b) S. 53, c) S. 89-93, 97,
d) S. 99-105, e) S.101
[8] 50 Jahre Röchling, 1931,
S. 300. Zit. v. Herzig {1]: S.39
[9] Der Bergmannsfreund 1893,
S. 610
[10] Der Bergmannsfreund 1900, S.469.
Zit.v.Herzig [1]: S.28
[11] Saarbr.Bergm.Kal. 1901, S.77
[12] Wagner, Otto: Saarbr. Bergm.
Kal. 1962, S. 30
[13] Saarbr.Bergm.Kal. 1910, S.29-31
[14] Schult,Heinrich:
Technikgeschichte 30, 1941,
S. 17., Zit. v. Herzig [1]: S.32
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