Historischer Verein
Stadt Neunkirchen e.V.

Historischer Verein Stadt Neunkirchen e.V.

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Neunkirchen und seine Straßen
Die Geschichte der Straße nach Landsweiler
von Armin Schlicker

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Ausschnitt Ortsplan NK 1905

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Brücke der Fischbachbahn über die Redener Straße (B 41)

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Oben rechts Kohlenlager auf dem Gelände des ehemaligen Bergwerks Kohlwald seitlich des Kohlwaldaufstiegs

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Südliche (stadtseitige) Einfahrt in den Plättchesdohle

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Kreisverkehr auf der Nordseite des Plättchesdohle

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Kreisverkehr bei Sinnerthal,
rechts zur Autobahn auf der Spieser Höhe

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Nördliche Einfahrt in den Plättchesdohle mit
davor liegendem Kreisverkehr
Armin Schlicker vom Historischen Verein Stadt Neunkirchen trägt zur Zeit Informationen über Straßen, Plätze und Brücken in Neunkirchen zusammen. Er hat bisher 990 Straßennamen festgestellt, die in den letzten ca. 150 Jahren in Neunkirchen und seinen Stadtteilen Verwendung fanden. 569 dienen gegenwärtig der Orientierung in der Stadt, der Rest sind frühere Namen oder volkstümliche/inoffizielle Bezeichnungen für Straßen und Wege.
Straßennamen gibt es in Neunkirchen seit der 2. Hälfte des 19. Jh. Einzelne Straßen hatten schon bis zu fünf verschiedene Namen. Alleine an den Namen verschiedener Straßen kann man die Geschichte der Stadt und der Region oft nachvollziehen. Wir werden in zwangloser Reihenfolge einzelne Straßen und ihre Geschichte vorstellen, heute die Straße von Neunkirchen nach Landsweiler. Der Verfasser ist für ergänzende Angaben von Lesern zu seinen Forschungen dankbar.


Die Straße nach Landsweiler
Heute heißt die nach Landsweiler führende Straße Redener Straße. Sie beginnt heute an der Einmündung Lindenallee/Königsbahnstraße auf der Südseite (Stadtseite) des sogenannten Plättchesdohle. Sie unterquert dann zunächst die Bahnlinie Neunkirchen – Saarbrücken im Plättchesdohle und danach die Bahnlinie Neunkirchen – Schiffweiler. Dabei verläuft sie in West-Ost-Richtung nördlich am Stadtteil Sinnerthal vorbei und endet an der Stadtgrenze zu Schiffweiler-Landsweiler.
Ursprünglich hieß die Straße Landsweilerstraße weil sie von Neunkirchen aus nach Landsweiler führte. Dabei verlief sie im Laufe der Zeit auf unterschiedlichen Trassen:
Zunächst führte die Straße beginnend an der Saarbrücker Straße teilweise über die Trasse des heutigen Sinnerthaler Weges durch die Wohnsiedlung Schlawerie und dann durch Sinnerthal bis nach Landsweiler.
Nach dem Bau der Eisenbahnlinie von Neunkirchen nach Saarbrücken Mitte des 19. Jh. blieb es zunächst bei dieser Streckenführung. Die Straße überquerte jetzt die Bahnlinie nach Landsweiler und Saarbrücken im Bereich Schlawerie auf schienengleicher Höhe, um dann, auch durch Sinnerthal, unmittelbar nördlich am Bahndamm entlang bis zur Stadtgrenze zu verlaufen. Die Fischbachbahn Richtung Schiffweiler zweigte damals direkt hinter dem Bahnhof Neunkirchen nach Norden ab und verlief entlang des Geländes des Bergwerks Kohlwald.

Wegen des ständig steigenden Zugverkehrs wurde der Bereich westlich des Hauptbahnhofs Neunkirchen ab 1911 völlig umgestaltet. Der Bahndamm wurde erhöht und wesentlich verbreitert, der schienengleiche Bahnübergang für die Straße auf der Schlawerie fiel weg. Zur Unterquerung dieses hohen und breiten Bahndamms wurde eine ca. 140 m langen Bahnunterführung gebaut (siehe unten Bauwerk Plättchesdohle). Diese Bahnunterführung hatte es zwar auch vorher schon gegeben, sie war vor 1911 jedoch nur 4 m breit.
Nach dem Wegfall des Bahnübergangs bei der Schlawerie sollte der Verkehr Richtung Neunkirchen ursprünglich über den Kohlwaldweg am Waldrand entlang und durch die neue Bahnunterführung (Plättchesdohle) geführt werden. Der Kohlwaldweg war aber unbefestigt und unbeleuchtet. Deshalb waren die Bürger von Sinnerthal darüber keineswegs begeistert. Ein Sinnerthaler Hausbesitzer beschwerte sich schriftlich aus einem anderen Grund:
„Die Hasselbachstraße in Sinnerthal, an der mein neu erbauten Wohnhaus steht, würde durch die neue Verbindung mit dem Kohlwaldweg ihre Eigenschaft als Hauptverkehrsstraße verlieren, und mein Haus müsste bedeutend an Wert verlieren. Durch diesen Bauplan der Bauverwaltung würden plötzlich meine, durch die größte Einschränkung sauer erworbenen Groschen verloren gehen“.
Wie sich die Zeiten ändern. Heute würde ein Haus an Wert verlieren, wenn es vorher an einer ruhigen Seitenstraße lag und diese Straße nun plötzlich Hauptverkehrsstraße würde. Die Beschwerden der Sinnerthaler hatten aber offensichtlich Erfolg. Denn als das Bahngelände in Neunkirchen bis 1914 erweitert und die Sulzbachtal- und die Fischbachtalstrecke westlich des Bahnhofs neu trassiert waren, schrieb die Neunkirchener Zeitung am 28.05.1914 u. a.:
„Zwei ganz neue Verbindungsstraßen hat die Bahnhofserweiterung gebracht, nämlich die Frankenfeldstraße, welche die Saarbrücker Straße (heute Bildstocker Straße) verbindet mit der Straße Schlawerie – Sinnertahl (heute Sinnerthaler Weg) und die Verlängerung der Hasselbachstraße über das Sinnerbachtal bis an die Zementfabrik (etwa am Stand-
ort der heutigen Kläranlage nördlich des Plättchesdohle)“.
Die Straße nach Landsweiler nahm nun ausgehend von der Saarbrücker Straße die Trasse des Oberschmelzer Weges und unterquerte die Bahnlinie im Plättchesdohle. Nach der Unterquerung der Bahnlinie bog die Straße nach Westen ab und unterquert nach ca. 600 m auch die Bahnlinie Neunkirchen – Schiffweiler, die ebenfalls eine neue Führung erhalten hatte. Dann verlief sie zunächst auf der alten Trasse entlang der Bahnlinie bis nach Landsweiler.

Der Straßenteil von der Saarbrücker Straße bis zum Plättchesdohle hieß weiter Oberschmelzer Weg oder Nach der neuen Schmelze. Dieser Name bezog sich auf eine 1749 von der Firma Stockum & Söhne nördlich des heutigen Plättchesdohle, etwa im Bereich des heutigen Verkehrskreisels, am damaligen Hasselbacher Weiher errichtete Eisenschmelze. Diese Schmelze war neu im Gegensatz zu der älteren von der Familie Stumm erworbenen aus der sich das Neunkircher Eisenwerk entwickelte. An der neuen Schmelze waren auch Wohnungen und Stallungen für die Arbeiter des Werkes entstanden. 1849 hat ein Georg Bärsch eine Statistik der Bürgermeisterei Neunkirchen erstellt. Darin erwähnt er einen zu Nieder-Neunkirchen gehörenden Wohnplatz Obere Schmelze (Oberschmelz) oder Neue Schmelze mit acht Wohnhäusern und 45 katholischen und zwei evangelischen Bewohnern. Die Neue Schmelze wurde 1876 stillgelegt. 1930 gab es auf der Oberschmelz noch neun Wohnhäuser, die alle in dem Eigentum des Eisenwerkes standen.
1890 wurden in unmittelbarer Nähe, nördlich der Oberschmelz auf Wiebelskircher Bann, im Bereich des heutigen Kohlenlagerplatzes der Deutschen Steinkohle AG, die beiden Hermine-Schächte des Bergwerks Kohlwald angehauen. Diese Anlage war bis um 1960 in Betrieb.
Auch im Bergwerksgelände gab es einige Wohnhäuser für Beschäftigte, die im Eigentum des Bergfiskus standen. Nach dem Einwohnerbuch von 1931 gab es dort 10 Wohnhäuser und eine bewohnte Baracke. Wie die Bergwerksgebäude wurden auch die Wohnhäuser zwischenzeitlich beseitigt.
Während des 2. Weltkrieges waren auf der Oberschmelz vorhandene Lagerhallen einer früheren Steinfabrik vom Neunkircher Eisenwerk für die Unterbringung von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern genutzt worden. Außerdem waren Baracken für den gleichen Zweck erstellt worden, die nach dem Krieg auch als Notunterkünfte für Bombenopfer genutzt wurden. Die letzte dieser Notunterkünfte wurde in den 1980er Jahren abgerissen. Als Wohnplatz ist die Oberschmelz seither nicht mehr existent. Dort gibt es jetzt einen Verkehrskreisel und eine Kläranlage.
Am 16.03.1928 beschloss der Stadtrat Neunkirchen ein Anleiheprogramm zum Bau bzw. zum Ausbau verschiedener Straßen und Brücken u. a. zum Ausbau der Straße nach Landsweiler. Im Zuge dieses Ausbaus wurde eine nördliche Umgehungsstraße um Sinnerthal entlang des Sinnerbachs gebaut. Durch Beschluss des Stadtrates vom 29. Januar 1935 wurde diese neue Umgehungsstraße in die Landsweilerstraße einbezogen. Das Stück der Landsweilerstraße, das bis dahin in Sinnerthal am Bahndamm vorbei führte, wurde mit gleichem Datum zur Redener Straße. Ebenso wurde 1935 der Straßenteil Nach der neuen Schmelze bzw. Oberschmelzer Weg zwischen Saarbrücker Straße und Plättchesdohle in die Landsweilerstraße einbezogen, so dass diese nun von der Saarbrücker Straße bis an die Stadtgrenze Richtung Landsweiler ging.
Im Zuge der Gebiets- und Verwaltungsreform 1974 wurde die bisherige Landsweilerstraße zur Vermeidung von Verwechselungen in ihrer gesamten Länge in Redener Straße umbenannt, da es in Wiebelskirchen eine weitere Landsweilerstraße gab, die auch ihren Namen behielt.
Ende der 1980 Jahre wurde das frühere Eisenwerksgelände und das Gelände der früheren Grube König für die Ansiedlung neuer Firmen hergerichtet. Zur Erschließung des Geländes wurden die neue Straßen angelegt. So wurde u. a. eine neue Straße zwischen Saarbrücker Straße und Westspange teilweise auf der Trasse der früheren Anschlussbahn zur Grube König gebaut. Mit Beschluss des Stadtrates vom 10. April 1991 wurde dann das Straßenstück, zwischen Saarbrücker Straße und Einmündung neue Lindenallee (Teil des alten Oberschmelzer Weges) von der Redener Straße abgetrennt und in die neu erbau-te Königsbahnstraße einbezogen, so dass diese nun vom Plättchesdohle bis zur Westspange geht. Um einen Verkehrsengpass zu beseitigen wurde 1994/96 an der Einmündung der aus Richtung Ottweiler kommenden B 41 in die Redener Straße nördlich des Plättchesdohle ein Kreisverkehr gebaut. Gleichzeitig wurde die Redener Straße zwischen dem neuen
Verkehrskreisel und der Unterführung unter der Fischbachbahn weiter nach Norden verlegt, um Platz für den Bau einer Kläranlage zu schaffen.
Ebenfalls zur Erleichterung des starken Fahrzeugverkehrs errichtete man 2003/04 an der Einmündung der aus Richtung Spieser Höhe kommenden B 41 in die Redener Straße am östlichen Ortsausgang von Sinnerthal einen weiteren Verkehrskreisel. Zwischen den beiden Kreisverkehren ist die Redener Straße Teil der B 41. Der Kreisverkehr am Plättchesdohle hat einen Durchmesser von 100 m und 2 so genannte Bypässe, während der bei Sinnerthal einen Durchmesser von 45 m und 3 Bypässe hat. Letzterer wurde am 25. Mai 2004 freigegeben.

Bauwerke an der Straße:
Plättchesdohle
Es handelt sich hier um die volkstümliche Bezeichnung für eine Bahnunterführung. unter der Sulzbachtal- und der Fischbachtalstrecke westlich des Hauptbahnhofs Neunkirchen im Zuge der Redener Straße. Die Unterführung unter mehreren Gleisen hindurch ist insgesamt ca. 140 m lang, 13,50 m breit und zw. 15 – 20 m hoch.
Ab 1911 bis 1914 wurde das gesamte Bahnhofsgelände in Neunkirchen neu gestaltet. Westlich des Hauptbahnhofs wurde die Trasse der Sulzbachtal- und der Fischbachtalbahn verbreitert und der Bahndamm wesentlich erhöht. Eine vorher kleine Strassenunterführung unter dem noch niedrigen Bahndamm an gleicher Stelle, durch die aus Richtung Stadtmitte ein schmaler Weg in Richtung Neue Schmelze, Grube Kohlwald und Bauershaus führte, wurde großzügig erweitert, um den Stadtteil Sinnerthal und weitere westlich gelegene Gemeinden straßenmäßig an Neunkirchen anzubinden. Dazu schrieb die Neunkirchener Zeitung am 28. Mai 1914: „Das mächtigste Bauwerk auf dem Westflügel des Bahnhof dürfte unstreitig die Unterführung auf der Oberschmelz sein.
Während die alte Unterführung eine Breite von kaum 4 m hatte, ist die neue Unterführung in der stattlichen Breite von 13 1/2 m hergestellt worden. Die ganze Länge der neuen Unterführung beträgt 140 m.

Um eine so lange Unterführung genügend zu beleuchten, wurden die Seitenwände mit weißen Mettlacher Plättchen (Fliesen) bekleidet“. Auf diese weißen Mettlacher Plättchen ist auch der im Volksmund sofort aufkommende Name Plättchesdohle für die Unterführung zurückzuführen. Von diesen Plättchen/Fliesen sind heute kaum noch welche vorhanden. Es wird jedoch geprüft, ob im Zuge einer anstehenden Sanierung der Unterführung die Wände erneut gefliest werden können.
Für Helligkeit in der Unterführung wurde aber auch auf andere Weise gesorgt. Dazu heißt es im gleichen Artikel: „Auch die zwischen den Gleisen liegenden dicken Glasfenster spenden genügend Licht, um das Passieren der Unterführung bei Tage völlig sicher erscheinen zu lassen... “

Saargefei
Es handelte sich um eine 60 m lange gegliederte große Werkshalle der Fa. Saargefei (Saarländische Gesellschaft für elektrotechnische Industrie), einer Tochterfirma des Eisenwerkes auf der Westseite des Oberschmelzer Weges gegenüber dem damaligen Stummschen Park. Der Bauantrag für das Gebäude war am 18. Oktoer 1923 gestellt worden. Die Firma produzierte dort bis 1935. Dann stand das Gebäude längere Zeit leer. Während des zweiten Weltkrieges beherbergte die Halle zeitweise die Fahrzeuge und die Fernmeldewerkstatt der ausgebombten Post. Von 1946 bis 1949 befand sich darin die Firma Retra (Regierungs-Transport-Gesellschaft) und von 1949 bis 1962 der Postbusbetrieb der Postdirektion. Am 4. Oktober 1962 wurde das Gebäude baupolizeilich für die Einrichtung eines Einkaufscenters geprüft, das Anfang 1963 dann als erstes Einkaufscenter von Neunkirchen eröffnet und einige Jahre betrieben wurde. Am 30.04.1979 erwarb die Stadt das Gebäude, um es Ende des Jahres im Rahmen der Umgestaltung des ehemaligen Eisenwerksgeländes im November 1979 abreißen zu können.

Kläranlage
Bei der Anlage eines Kreisverkehrs im Zuge der B 41 nördlich des „Plättchesdohle“ wurde 1994/96 zwischen dem Bahndamm und der neuen Trasse der B 41 ein Kläranlage für die Abwässer des Stadtteils Sinnerthal und großer Teile der Gemeinde Schiffweiler gebaut.
Armin Schlicker