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Entwicklung des Schulwesens im Allgemeinen
Der
eigentliche Anlass zu diesem Vortrag war mir die Kenntnis der
Wellesweiler Schulchronik, in der über die Zeit ab 1873 berichtet wird.
Bei
der Suche nach weiteren ergänzenden Daten und bei der Fülle der Daten,
die ich dabei gefunden habe, hielt ich es dann aber für angebracht,
auch über die lange Zeit vor 1873 zu berichten, um dann überzugehen zu
den Schulgeschichten von Wellesweiler und Neunkirchen.
So beginne
ich also mit einem Rückblick darauf, wie sich in deutschen Landen über
die Jahrhunderte hinweg das Schulwesens nach und nach entwickelt hat:
Schon bei den Römern gab es eine staatliche Schule und so auch während
ihrer Herrschaft in unseren Landen, wenn auch wohl hauptsächlich für die
hier ansässigen Römer und weniger für die von ihnen unterworfenen
Volksstämme. Mit dem Zusammenbruch ihres Reiches und in der folgenden
Zeit der Völkerwanderung zwischen dem 3. und 5. Jh., ging auch deren
Schulwesen hier völlig unter. Den germanischen Stämmen war die römische
Lebensart und auch die Sprache der Römer größtenteils doch fremd
geblieben. Sie betrieben Ackerbau und brauchten nicht notwendigerweise
eine Schriftkultur und damit auch keine Schulen. Ihnen genügten
schriftähnliche Zeichen, ihre Runen. (2)
Schließlich kannten sie ja
nur ihre unterschiedlichen Mundarten und so fehlte es auch an einer
einheitlichen deutschen Sprache, als einer Voraussetzung für den Aufbau
eines Schulwesens.
Um 600 begann dann die Bekehrung der germanischen
Stämme zum Christentum, was nach und nach auch zu einem großen
kulturellen Wandel führte und die Kirche war es dann auch, die das
Samenkorn für die Bildung von Schulen gelegt hatte, wenn auch zunächst
nur in den Klöstern, die nun nach und nach entstanden waren. Diese
Klosterschulen unterrichteten in lateinischer Sprache und anfangs
hauptsächlich zur Heranbildung von Predigern, die man zur Erziehung zum
christlichen Glauben benötigte. Man ging aber dann auch dazu über,
Schüler auszubilden, die nicht die Absicht hatten, Pfarrer zu werden.
Neben den Klöstern gab es nach und nach auch bei den größeren Kirchen
solche Schulen.
Im 12. und 13. Jahrhundert, der Zeit vieler
Städtegründungen, der Entwicklung des Bürgertums und des wachsenden
Handels, weit über den örtlichen Bereich hinaus, da man vermehrt Briefe
schreiben und Rechnungen erstellen musste, und da auch die
herrschaftliche Verwaltung nicht mehr ohne die Schreib- und Rechenkunst
auskam, half man sich zunächst mit Schreibern, die diese Kunst an den
Klosterschulen erlernt hatten.
Bald aber sahen sich die
Herrscherhäuser genötigt, auch selbst Schulen einzurichten, und zwar mit
Rückgriff auf diese Schreiber und zum Teil auch auf Geistliche, die in
ihren Schulen nun zu Lehrern wurden. Unterrichtet wurde aber nach wie
vor in lateinischer Sprache, denn diese war damals über alle Grenzen
hinweg sozusagen die „Weltsprache“.
Längst aber gab es nicht überall
solche Schulen, und deshalb gab es in den Städten neben diesen Schulen
öfter auch noch private Schulen, die so genannten „Winkelschulen“. Man
nannte sie so, weil der Unterricht in irgend einem Winkel der Stadt im
Haus eines praktisch selbsternannten Lehrers stattfand. Bald aber gab
es auch „deutsche Schulen“, die nicht mehr in Latein unterrichteten,
sondern in der jeweiligen Landessprache, der örtlich gesprochenen
Mundart.
Mit der Erfindung der Buchdruckerkunst im Jahre 1445 durch
Johannes Gutenberg erfuhr das Schulwesen wieder einen kleinen
Aufschwung, denn nun standen nach und nach auch Lehrbücher für Lehrer
und Schüler zur Verfügung, wenn auch immer noch lateinisch verfasst.
Noch lange aber gab es in deutschen Landen nicht überall eine Schule
oder gar eine Schulpflicht für alle Kinder. Auch für den
nassaus-saarbrückischen Bereich ist bis dahin keine Schule belegt. (3)
Graf
Albrecht mit Sitz in Ottweiler, der 1574 die Reformation einführte,
verfügte in diesem Jahr die Einrichtung einer Schule im Nonnenkloster
Neumünster zu Ottweiler, die aus den Erträgen des Klosters zu
unterhalten sei, doch es war bei dem guten Vorsatz geblieben. Es wäre
wohl die erste Schule in seiner Grafschaft gewesen. (10)
Erst 32
Jahre später, im Jahre 1606 gründete Graf Phillipp mit Sitz in
Saarbrücken, für die Stadt Saarbrücken eine Landschule und ein
Gymnasium, die beide von dem Kloster zu Herbitzheim zu unterhalten
waren. (4) Abgesehen von evtl. Klosterschulen waren dies wohl die
allerersten Schulen in der Grafschaft Nassau-Saarbrücken.
Gab es bis
zur Einführung der Reformation, wenn überhaupt, nur kath. Schulen, so
gab es gemäß dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 entsprechend dem
Grundsatz, „cuius regio, eius religio“: Wem das Land gehört, bestimmt
auch die Religion, nun von Land zu Land entweder nur katholische oder
nur evangelische Kirchen und Schulen. In der Grafschaft
Nassau-Saarbrücken gab es daher seit Einführung der Reformation nur
evangelische Schulen. Im Jahre 1612 dann in der Grafschaft auch die
allgemeine Schulpflicht eingeführt wurde. Diese Pflicht galt zum Besuch
der Winterschule, in der Regel zwischen Martini, dem 11. November und
dem Gertrudistag, dem 17. März jeden Jahres. Dennoch gab es im Jahre
1628, also während des 30jährigen Krieges, in der Ottweiler Grafschaft
nachweisbar nur eine Schule in Ottweiler und eine in Fürth.(1) Während
dieses Krieges (1618–1648) wurden u.a. auch die Dörfer Neunkirchen und
Wellesweiler völlig verwüstet. Wellesweiler war danach völlig
menschenleer und in Neunkirchen lebten nur noch vier Untertanen.(6)
Das
aber, was man nach den 30 Jahren Krieg mühsam wieder aufgebaut hatte,
wurde während der Reunionszeit im Jahre 1677 erneut niedergebrannt. So
dauerte es noch einmal 30 Jahre, bis durch Zuzug von außerhalb im Jahre
1707 in Neunkirchen wieder 34 Familien mit 215 Personen und in
Wellesweiler 12 Familien mit 87 Personen lebten. (7) Geht man davon aus,
dass jede Familie durchschnittlich zwei schulpflichtige Kinder hatte,
so wären das in diesem Jahr 1707 in Neunkirchen etwa 70 und in
Wellesweiler etwa 25 Schulkinder gewesen, und erst ab diesem Jahr 1707
gab es nachweislich in Neunkirchen und Wellesweiler wieder eine
Winterschule. Von nun an gab es dann auch eine langsame, aber
kontinuierliche Fortentwicklung des Schulwesens.
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Ehemalige Schloss-Schule |
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Bachschule im 1. Weltkrieg |
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Doch bevor ich nun
speziell zu seiner Entwicklung in Neunkirchen und Wellesweiler übergehe,
noch einige Daten allgemeingültiger Art: Nach dem 30jährigen Krieg
wurde auch der Zuzug von Katholiken geduldet. Noch in der Minderzahl,
besuchten deren Kinder die evangelische Schule. Ab 1751 erlaubte man
aber den Katholiken auch eine eigene kath. Schule.
1760 dehnte Fürst
Wilhelm Heinrich die Schulpflicht auch auf die Sommerzeit aus.
Mindestens zwei Stunden sollten die Kinder ab dem siebten Lebensjahr
täglich unterrichtet werden.
1783 erließ Fürst Ludwig eine
Schulordnung, wonach der ganzjährige Unterricht tgl. von 7-10 und von
12–14 Uhr zu erfolgen hatte und die Eltern bei Strafe verpflichtet
wurden, ihre Kinder vom 7. bis zum 14. Lebensjahr zur Schule zu
schicken. Zugleich wurden die Heymeyer angewiesen, ab sofort die
Schulgebühren unnachsichtig von den Eltern zu erheben, und dies auch
nicht ohne Grund, denn bis dahin mussten die Lehrer die ihnen
zustehenden Gebühren selbst erheben, die ihnen aber allzu oft nicht
gezahlt wurden. (1) Die Lehrer genossen nämlich in der Anfangszeit des
Schulwesens keine übermäßige Wertschätzung, denn für die Bauern mit
entsprechendem Grundbesitz waren sie nur Habenichtse, denen man eine
meist kärgliche Wohnung und zu ihrer Versorgung ein wenig Acker- und
Gartenland hat zuweisen müssen und die man auch noch mit Naturalien, wie
z.B. jährlich 6 Malter Korn, hat unterstützen müssen. Die Lehrer lebten
daher meist in ärmlichen Verhältnissen, wie es z.B. auch der
Neunkircher Pfarrer Schwender (1734 – 1749) in seinen Protokollen mit
den Worten „Indes muss der arme Schulmeister nebst Mutter und barfuß
gehenden Geschwistern Jahr aus fast das ganze Schulgeld entbehren und
darben.“(9) bitter beklagte.
Nach und nach hat sich aber die
wirtschaftliche Lage der Lehrer dann doch verbessert. Im Jahre 1793
besetzten die Franzosen das Land und unter deren Regie gab es keine
Fortentwicklung des Schulwesens. Nach dem Sieg über die Franzosen wurde
Nassau-Saarbrücken preußisch und ab 1816 galt hier das
Preußische-General-Landschul-Reglement und es gab dann auch eine
kontinuierliche Fortentwicklung des Schulwesens. Im Rahmen dieses
Vortrages sei aber darüber hier nicht weiter berichtet. Erwähnt sei nur
noch, dass ab 1818 die zumutbare Kinderzahl pro Klasse auf sechzig
festgelegt wurde, aber Ausnahmen von 90 bis 120 Kindern genehmigt
wurden.
Was die Lehrerschaft anbelangt, so gab es bis ins 19. Jh.
hinein noch keine spezielle Lehrerausbildung, konnte sich vielmehr
jeder, der einen guten Leumund besaß und sich dazu befähigt fühlte, um
eine Lehrerstelle bewerben,(2) musste sich aber zuvor bzgl. seiner
Kenntnisse in Saarbrücken einer Prüfung unterziehen. Erst seit dem
16.6.1874 gibt es schließlich in Ottweiler gemäß einer Anordnung der
preuß. Regierung ein Lehrerseminar, und in der Folge dann wohl nach und
nach nur noch Lehrer mit einer entsprechenden Ausbildung.(8)
Ende des 1. Teils, Fortsetzung folgt
Quellenangaben im letzten Teil
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