Historischer Verein
Stadt Neunkirchen e.V.

Historischer Verein Stadt Neunkirchen e.V.



Töpfereien zur Zeit der Kelten
Die Spuren im Raum Neunkirchen
von Günther Gensheimer

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Fragment einer Panzerstatue Mars Cnabetius
aus dem 2./3. Jahrh. n. Chr., Fundstelle: Kasbruchtal in Neunkirchen

Brennofen einer Töpferei gefunden 1912 in Kirkel-Neuhäusel
Quelle: Siegfried Wagner, Kirkel-Neuhäusel –
Zeitbilder aus 2000 Jahren Geschichte, 1993

Schönes reich verziertes Terra-Sigillata-Gefäß
Quelle: Knorr - Sprater

Terra Sigillata Bilderschüssel aus dem 2/3 Jahrhundert, Fundort Kasbruch 1921

Terra Sigillata Bilderschüssel aus dem 2/3 Jahrhundert, Fundort Kasbruch 1921

Terra Sigillata Töpferware 2. Jahrhundert n. Chr.
Fundort: Kirkel

Bodenstempel auf Terra Sigillata-Gefäßen
geben den Töpfer an

Tierabbildungen auf Terra Sigillata-Gefäßen
von Blickweiler und Eschweilerhof
Die Kelten, das Volk, das „aus dem Dunkel des Ostens kam“, trafen um 500 vor Christus auf den Nordrand der antiken Mittelmeerwelt.
Von den Griechen (Hekataios/Herodot) „Keltoi“ (quel/Kel =^= verborgen) oder „galatae“, von den Römern (Livius/4. Jhrd. v. Christus - J. Cäsar/
1. Jhrd.) „Celtae“ oder „galli“ genannt, sorgten die „Verborgenen /Versteckten“ aus dem Donauraum vorstoßend für Aufregung und Schrecken. Kelten eroberten 387 vor Christus Rom. Alexander der Große schloss (335 vor Christus) mit ihnen schützende Verträge…
Körpergröße, wildes Aussehen, merkwürdige Haartracht, neuartige Eisenwaffen und Kriegs-technik ließen dieses „große Volk der Eisenzeit“ (späte Hallstatt- und La-Tène-Zeit) um 200 vor Christus seine größte Ausbreitung erreichen.
Töpfereien-Karte; Quelle: Knorr/Sprater. Die westpfälzischen Sigillata-Töpfereien, 1927
Terra-Sigillata-Bilderschüssel Fundort: Neunkirchen Furpach
Terra-Sigillata-Schüssel Fundort: Gräberfeld Fussgönheim
Da sie selbst keine schriftlichen Zeugnisse hinterließen, zeugen heute nur Funde von den hohen künstlerischen und handwerklichen Fähigkeiten dieser Kelten.
Bedeutsame Bronze- und Gold-Schmuckfunde („Sonnenwagen, 1200 vor Christus, Dänemark” – „Gundestrupkessel“, 1. Jhrd. v. Christus) wiesen wunderschöne Verzierungen mit geometrischen Mustern, Ranken- und Spiralmotiven auf und belegen durch ihre beachtenswerten Fundorte bereits den damaligen Fernhandel. Skulpturen aus Stein, Metall und Holz erinnern auch in unserer Heimat an diese Keltenkunst. Die Kunst des Webens von Stoffen, der Lederbearbeitung und des Korbflechtens wurde den keltischen Frauen überlassen. Seit der La-Tène-Zeit (~ 500 vor Christus) begann in Europa mit der Erfindung der Töpferscheibe und ziemlich ausgereifter Brennöfen die Herstellung von Gefäßen aus Ton.
Terra Sigillata Töpferware 2. Jahrhundert n. Chr.
Fundort: Kirkel
Scherbenfunde von Gefäßen aller Art aus Gräbern und Siedlungen haben sich in sehr hoher Zahl erhalten, lassen sich meist gut restaurieren und wurden so zu wichtigen Zeitmarkierungen für die Kultur- und Handelgeschichte. Zu den recht unterschiedlichen Gefäßformen kommen die vielfältigen Farbtönungen: grau – grün – gelbrot – goldgelb – schwarz – grünbraun - - - matt – glänzend - - - unglasiert – glasiert - - - glatt – verziert…
Brennöfen bis zu 10 cm Inhalt, 3 Meter Durchmesser, mit Schürkanal (für grünes Holz oder Holzkohle) – Feuerkammer (mit Brennhitze bis 900 Grad C.) und Brennkammer mit siebförmigem Boden wurden in der Nähe von Tonvorkommen und Wäldern gefunden.
Gefertigt wurde Drehscheibenware und Formschüsselware.
Mit den Kelten kam aus Kleinasien Terra-Sigillata-Töpferkunst und Graufesenque – Montans – Banassac nach Mittelgallien: – Lezoux – St. Remy – Lapalisse Ostgallien: – Luxeuil – Offement in den Raum um Divodorum (Metz): – Lavoye – Bouchesporn (70 – 96 vor Christus) – Schwarzenacker (0 – 100 nach Christus) – Blickweiler (105 – 160 nach Christus) und von da zum Rhein (Limes) hin.
Rheinzabern (140 – 220 nach Christus) und von dort weiter nach Osten über Canstatt (Baden-Württemberg) bis Westerndorf (bei Rosenheim), Bregenz und Aquincum (Ungarn) verfolgen.
Stempel (= sigillata) der Töpfer und Form-/Verzierungsunterschiede halfen bei der zeitlichen Einordnung und dem Erkennen der Produktions- und Geschirr – Absatzgebiete
Jahresproduktionen allein einer römerzeitlichen Töpferei bis zu 300.000 Gefäßen zum Limes (Truppenversorgung) und bis nach London hin können heute so nachvollzogen werden.
Da in keltisch-römischer Zeit in vornehmen Haushaltungen jede Speise in je einem besonderen Gefäß gereicht wurde, kann man sich den hohen Bedarf gut vorstellen.
Die rote Terra-Sigillata-Ware mit ihrem typischen Glanztonüberzug, der sie wasserdicht machte, gab es als glattes einfaches Gebrauchsgeschirr, aber besonders bewundernswert als Reliefsigillata mit einer Vielfalt von Verzierungen als Tierabbildungen oder figürlichen Szenen aus der meist griechischen Mythologie.
Herrliche Muster erfreuen uns, sorgfältig restauriert, heute noch wie zum Beispiel die im Kasbruch gefundene Bilderschüssel aus dem 2. Jahrhundert.

Quellen:

–Dale M. Brown: Die Kelten: Europas Volk der Eisenzeit
– Günther Gensheimer: Fast vergessene steinerne Zeitzeugen
– Simon James: Das Zeitalter der Kelten
– Knorr/Sprater: Die westpfälzischen Sigillata – Töpfereien
– Otto Roller: Die römischen Terra – Sigillata - Töpfereien Rheinzabern
– Friedrich Sprater: Die Saarpfalz in der Vor- und Frühzeit
– Siegfried Wagner: Kirkel-Neuheisel – Zeitbilder aus 2000 Jahren Geschichte

Günther Gensheimer