Historischer Verein
Stadt Neunkirchen e.V.

Historischer Verein Stadt Neunkirchen e.V.

Transportwege und Verkehrsmittel
Über Pfade, Wege, Kanäle, Straßen und Schienen
3. Teil
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Die Neunkircher Straßenbahn bei ihrer letzten Fahrt. (Foto: Privat)
Eckdaten der Autoindustrie.
1885/86 Nachdem Carl Friedrich Benz und Gottlieb Daimler, letzterer mit seinem Konstrukteur Wilhelm Maybach die ersten Benzinwagen zum Laufen gebracht hatten und somit als die Väter des modernen Automobils galten, erhielt Carl Benz das Patent auf sein erstes Automobil. 1886 begründete Carl Benz, mit dem ersten Auto einen neuen Zweig des Maschinenbaus, er erfand auch den Differenzialantrieb und andere Kraftfahrzeugteile wie Zündkerzen, die Kupplung, den Wasserkühler und eine Art Gangschaltung. Das von ihm gebaute dreirädrige Fahrzeug mit Verbrennungsmotor hatte Speichenräder mit Vollgummireifen, der Motor hatte weniger als 1 PS. Später erfand er noch das Ausgleichsgetriebe für die Antriebsräder. Sein später entwickelter Vierradwagen besaß schwenkbare Achsteile. Der Fahrzeugbau sollte im Lauf des Jahrhunderts eine wirtschaftliche und auch gesellschaftliche Rolle spielen.
Nachdem der Maschinenbauer und Fahrzeugkonstrukteur Wilhelm Maybach (1846-1929) den Vergaser und das Wechselgetriebe erfunden hatte, arbeitete er lange Zeit mit Daimler zusammen.
1886 erhielt Benz das Patent auf sein erstes Automobil. Der Maschinenbauer Maybach gilt außerdem als Erfinder des Vergasers und des Wechselgetriebes und hat 1892/93 den ersten Reihenmotor entwickelt. 1888 am 5. August ging das erste Auto der Welt „on Tour“. Bertha Benz (Frau des Erfinders) musste auf ihrer heimlichen Fahrt von Mannheim nach Pforzheim mit 2 Liter Benzin aus einer Apotheke in Wiesloch nachtanken, als sie mit dem dreirädrigen, stinkenden und knatternden Vehikel zum ersten mal unterwegs war.
1892 wurde das Grundmodel des Dieselmotors patentiert. 1894 konnte das erste Modell gebaut werden. 1892/93 hat Maybach den ersten Reihenmotor entwickelt. 1894 wurden in der Benz Werkstatt 67 Wagen handwerklich hergestellt. Und 1895 mit der Netphener Omnibusgesellschaft nimmt der erste benzinbetriebene Omnibus der Welt seinen Betrieb auf. 1897 Rudolf Diesel bringt den Dieselmotor zum laufen. 1900 wurden seine neuen Modelle auf der Pariser Weltausstellung gezeigt. Bis dahin war er der größte Hersteller in Deutschland. 1902 gab es in Neunkirchen das erste Auto, bis 1912 folgten noch drei weitere. Von 1908 bis 1928 stellte Ford Motor Companie von der Baureihe Model T über 15 Millionen Stück her.
Mit der Massenproduktion am Fließband (Stichwort Taylorismus = Produktionssystem zur Produktionssteigerung) führte Henry Ford um 1913 eine neue industrielle Produktionsweise (Fließband) ein, die einerseits das Auto drastisch verbilligte und für den „kleinen Mann” Gewinn an Mobilität und Lebensqualität brachte.
Weltweit wurde noch lange Benzin aus Kannen und Kanister in Krämerläden und Apotheken gekauft. Bis 1913 die ersten säulengeschmückten Kiosken zum tanken auftauchten. 1915 wurde Benzin an Kassenhäuschen verkauft. Und ab1923 gab es den ersten LKW mit Dieselmotor. Von der Baureihe Model T stellte Ford Motor Companie im Zeitraum von 1908 bis 1928 über 15 Millionen Stück her. 1931 mit dem DKW F1 wird der Frontantrieb in die Serie eingeführt. 1932 zur Architektenausstellung in Kassel wurde von Shell sogar eine gläserne Tankstelle vorgestellt.
1932 besaß in Deutschland nur jeder Hundertste ein Auto, in den USA jeder fünfte. Das Motorrad spielte bis in die sechziger Jahre eine viel größere Rolle. 1933 der Drehkolbenmotor wird entwickelt. 1935 wurde an der Reichsautobahn München – Salzburg eine moderne Tankstelle mit weit ausladender Überdachung eröffnet.
1936 kam der erster PKW mit Dieselmotor. 1940 das Automatikgetriebe wird eingeführt. Das Auto blieb lange Zeit ein Fahrzeug das sich wenige Wohlhabende zu ihrem Vergnügen leisteten. Bis in die 30er Jahre war es in Europa für Normalverdiener fast unerschwinglich. 1952 die erste Benzindirekteinspritzanlage wird eingesetzt (Mercedes 300 SL) und die Servolenkung geht in Serie.
1963 ein Auto mit Wankelmotor (Kreiskolbenmotor) wird gebaut. Und 1967 ein elektronisches Benzineinspritzsystem wird entwickelt. 1974 General Motors entwickelt Autokatalysatoren für Benzinmotoren. 1975 das Antiblockiersystem (ABS) kommt auf den Markt. 1980 Fahrzeuge mit Airbags werden gebaut. 1990 Katalysatoren für Dieselmotoren werden entwickelt. 1995 das Elektronische Stabilisationsprogramm wird eingeführt
In der nationalsozialistischen Ära wurde jedem der dafür sparen wollte ein eigenes Auto versprochen. „Der Werbeslogan der Kampagne „Kraft durch Freude“ lautete „5 Mark die Woche sparen – willst Du im eigenen Auto fahren.“ Autobahnen sollten ungetrübte Freude am Fahren ermöglichen.
Im 2. Weltkrieg, der viel mehr noch als der 1. Weltkrieg ein Bewegungskrieg wurde, spielten Fahrzeuge aller Art eine entscheidende Rolle. Statt Volkswagen baute man in den Fabriken jetzt Kübelwagen. Jährlich sterben 1,2 Millionen Menschen (weltweit) an den direkten Folgen von Verkehrsunfällen (lt. WHO) In Deutschland 1971=21000, 2004=5800.

Die ersten Autos in Neunkirchen.
Als das erste Auto durch Neunkirchen und die Umgebung fuhr, standen die Menschen staunend am Straßenrand und bewunderten „die Kutsche ohne Pferd“ und den mutigen „Kutscher“ am Lenkrad. Der Besitzer dieser ersten „Kutsche ohne Pferd“ war der damalige Installateurmeister Adolf Blatt aus der Gartenstraße in Neunkirchen. Bei dem Wagen handelt es sich um einen offenen, viersitzigen Personenkraftwagen, Fabrikat De Dietrich u. ‘Co in Niederbronn EIs., Baujahr 1900. Er wurde 1903 von Adolf Blatt zum Preis von 3000 Mark erworben. Der Wagen war ausgestattet mit einem luftgekühlten 8 PS Benzinmotor, zwei Vorwärtsgängen und einem Rückwärtsgang. Die Art des Aufbaues ist als Jagdwagenkarosserie ohne Verdeck und ohne Windschutzscheibe konstruiert. Vorne an beiden Seiten befanden sich freie. Ein- bzw. Ausstiege, während die Rücksitze nur von hinten durch eine Tür in der Mitte der Sitze zu besteigen waren. Auffallend sind die spitzwinklige Motorhaube, verbunden mit dem Kühlernetz und die große Bereifung, vorne 650/75 und hinten 900/75 mm. Bei einer Reifenpanne musste die Reparatur direkt am Rad durchgeführt werden, da man zur damaligen Zelt noch keine abnehmbaren Räder kannte. In den Lampen brannte Petroleumlicht. Zu der notwendigen Werkzeugausstattung gehörte auch ein Feuerwehreimer aus Segeltuch, um beim Heißlaufen der Lager abzukühlen, und bei einem Brand löschen zu können. Auf guten Straßen erreichte das Auto eine Endgeschwindigkeit von 35 km. Das war schon erstaunlich, ebenso die Tatsache, dass das Auto damals in Neunkirchen ohne polizeiliches Kennzeichen und ohne Führerschein gefahren wurde. Die größte Fahrt, die damals von Herrn Adolf Blatt unternommen wurde, ging von Neunkirchen über Saarbrücken, Saargemünd, Straßburg in die Vogesen und zurück. Dabei traten die üblichen Schwierigkeiten auf wie Heißlaufen der Lager und Getrieberäder, Zündungsaussetzen, Reifenpannen u. a. m. In den Bergen der Vogesen mussten die Mitfahrer des öfteren „in die Räder“ greifen, d.h. schieben und drücken. Es war schon ein kleines Abenteuer, aber es gelang. Es war Herrn Blatt nicht möglich, den Hüttenberg hinauf in seine Garage in der Gartenstraße zu fahren, ohne die Neunkircher Schulbuben zum Schieben in Anspruch zu nehmen, was diese mit Freude taten. Stets musste der Wagen in die Vogelstraße einbiegen, um so durch die Bismarckstraße (heute Röntgenstraße), und die Langenstrichstraße in die Gartenstraße zu gelangen. Der erste Autounfall, den Herr Blatt verursachte, geschah im Frühjahr 1904, als er mit zwei Freunden und seinem Bruder Heinrich abends gegen 22 Uhr von Wellesweiler kommend nach Hause fahren wollte. Die Wellesweilerstraße in Neunkirchen war gerade wegen Baumaßnahmen gesperrt, so dass er die Umleitung über die damalige Böcking’sche Brücke (heute Flotowstraße) nehmen musste, um in Richtung Mehlpfuhl -Langenstrich zu fahren. An der Ecke der früheren Prinz-Heinrich-Straße (heute Willi-Graf-Straße) sah Herr Blatt, wegen der ungenügenden Petroleumbeleuchtung seines Wagens zu spät erkennend, dass er auf eine Straßenbarriere zusteuerte. Im letzten Augenblick riss er das Steuer herum, um in die Prinz-Heinrich-Straße auszuweichen.
Doch da passierte es, dass der Wagen am Straßenrand abrutschte und die 5 m hohe Böschung hinab kollerte. Die beiden Brüder Blatt gerieten unter den Wagen. Den Mitfahrern war zum Glück nichts passiert. Nachdem diese, es waren der Backofenbauer Cornelius und der Gastwirt Neumann, den Wagen frei gehoben hatten, zogen sie die Brüder Blatt, mit schweren Quetschungen und einigen Schrammen am Kopf, unter dem Wagen heraus. Es war noch einigermaßen gut gegangen, doch der Wagen hatte mehr abbekommen. Erst als am nächsten Tag der damalige Zimmermeister Schallmo ein starkes Gerüst aufgebaut hatte: wurde das schwerbeschädigte Fahrzeug mit Hilfe von Pferden nach dem Gleisanschluss auf dem Schlachthof gefahren, um dann per Bahn in die Fabrik nach Niederbronn zur Reparatur gebracht zu werden. Neben Herrn Adolf Blatt gehört der Bäckermeister Albert Schmidt zu den Pionieren des Autosports in Neunkirchen. Sein zweiter Wagen ein NSU-Wagen, Modell 1909 hatte gegenüber dem aus dem Jahre 1904 schon erhebliche Verbesserungen aufzuweisen. So hatte der neue Wagen Zahnrad- statt Riemenantrieb, Kulissenzündung statt Batterieabreißzündung, eine Windschutzscheibe und ein aufklappbares Verdeck. In den Lampen brannte jedoch weiter Petroleumlicht: Doch die Geschwindigkeit hatte sich erhöht. Das Auto erreichte eine Höchstgeschwindigkeit bis zu 60 Stundenkilometer. Der dritte Autobesitzer in Neunkirchen war Bauunternehmer Bertossi. Und 1912 erwarb der Hüttendirektor Turk vom Neunkircher Eisenwerk, das 4. Auto das in Neunkirchen fuhr. Zu einem Foto aus einer älteren Veröffentlichung heißt es im Text: Das alte Foto aus dem Besitz der Familie Blatt aus Neunkirchen zeigt den stolzen Besitzer dieser „ersten Kutsche ohne Pferd“ und den mutigen Besitzer am Steuer seines Wagens in der Gartenstraße. Neben ihm sitzt Frl. Else Aprill mit einer Peitsche in der Hand, um gegebenenfalls störende Kinder von der Fahrbahn zu vertreiben. Auf dem Rücksitz sitzen der Schlossermeister Heinrich Blatt - der Bruder von Adolf Blatt und der Gastwirt Andreas Aprill. Auffallend bei diesem ersten Auto eines Neunkirchers, Marke De Dietrich aus dem Elsaß und beim abgebildeten Auto, das der Bäckermeister Albert Schmidt als zweites Auto fuhr, ein NSU-ModeII 1909, dass die Lenkräder auf der rechten Seite waren. Was übrigens auch bei dem Mercedes Auto Modell SIMPLEX von 1906 der Fall war.

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Günter Schwinn