 |
Am 1. Mai 1633 wurde Sébastien le Préstre, bekannt geworden
unter dem Namen Vauban, in einem Dorf in der Nähe von Avallon, einem
kleinen Städtchen mitten in Frankreich, in der Gegend der nördlichen
Ausläufer des Zentralmassivs geboren. Er war niedrigadliger Abstammung,
wohlwollend gesehen; sein Urgroßvater hatte das Lehnsgut Vauban erworben
und war damit wie man im Deutschen solche Kleinadligen nannte, zum
„Krautjunker“ geworden. Nach einiger Zeit ging das Adelsgut der Familie
verloren und erst Sébastien Vauban kaufte es als er begütert war,
wieder zurück. Vauban nannte sich „Le Préste“, soviel wie Priester, und
dieser Name deutet auf eine protestantische Abstammung (vermutlich war
ein Vorfahre z.B. Großeltern- oder Urgroßelternteil Hugenotte).
Sébastien
wuchs in dieser Familie, die mehr bäuerlich als adelig war, als
einfacher Bauernbursche auf, jedoch von Ordensgeistlichen und
Klosterschulen erzogen. Viele seiner Vorfahren waren königliche
Offiziere gewesen und des jungen Sébastiens Streben ging ebenfalls in
diese Richtung. Eine Ausbildung erfuhr er allerdings auch in
Militärarchitektur, die ihn schon früh faszinierte.
Sébastien war ein
kräftiger Bursche voll strotzender Gesundheit, er war ein aktiver
junger Mann. Doch wie so viele andere Bauernburschen dickköpfig,
undiplomatisch und jähzornig, doch mit einer gradlinigen
Lebensauffassung.
Als in den Jahren der Fronde (der Bund der
Unzufriedenen) der Protestantenführer Herzog Condé, der 1652 zu den
Spaniern überging, mit Soldatenwerbern ins Land kam, ließ sich Vauban
als Cornette (Fähnrich) anwerben und begann seine lange
Soldatenlaufbahn.
So gleich erhielt er von Condé seinen ersten
Befestigungsauftrag, den für Clermont-en-Argonne. Als er 1653 durch
königliche Truppen gefangen genommen wurde, erregte seine geschickte
Art der Kapitulationsverhandlungen für seine Truppe Aufmerksamkeit. Er
nahm den ihm daraufhin angebotenen Dienst im Heer des Königs an.
Als
Militäringenieur wurde er Adjutant des dem Minister Colbert
unterstellten Generalkommissars für das Festungswesen de Clerville und
sammelte seine ersten Erfahrungen bei Belagerungen. 1659 heiratete er
Jeanne d’Aunay, angeblich eine Analphabetin wie gut zwei Drittel der
adligen Damen ihrer Zeit. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor, zwei
Töchter und ein Sohn, der schon als Säugling starb. Kein Mensch von
Traurigkeit oder gar Weiberfeind hinterließ er darüber hinaus eine ganze
Schar unehelicher Kinder. Bei seinen ununterbrochenen Reisen im Dienste
des Königs quer durch die Lande, diesem ewigen Wanderleben, blieben
solche „Versuchungen“ nicht aus. Es ist ein Zusatztestament von Vauban
bekannt, in dem er einigen Kindern von fünf ledigen Müttern der Gegend
um Dünkirchen, wo er sich längere Zeit aufgehalten hatte, ein Legat
zukommen ließ.
Mit einer regelrechten Machergreifung durch den jungen
König Louis XIV. von Frankreich begann im März 1661, nach dem Tode des
Staatsmannes Kardinal Mazarin, das Zeitalter des „Roi soleil“, des
„Sonnenkönigs“. Dieser regierte persönlich diktatorisch; seinerzeit bei
Monarchen unüblich, aber durch die mit der Fronde gemachten Erfahrungen
erklärbar. Das glorreiche Jahrhundert Ludwigs des Großen, wie er sich
seit 1678 nennen ließ, dauerte in Wirklichkeit nur 15 Jahre und Klang
1715 endgültig aus. Es war hauptsächlich gekennzeichnet durch die fast
ununterbrochenen Angriffskriege mit denen der König die Hegemonie
Frankreichs in Europa erreichen wollte. Konnte Österreich unter den
Habsburgern zu Beginne des 17. Jahrhunderts noch von einer ungebrochenen
Vormachtsstellung träumen, so machte der Dreißigjährige Krieg mit der
fast vollständigen Zerstörung Deutschlands solche Pläne zunichte. Der
Roi soleil ergriff die für Eroberungen günstige Gelegenheit und
triumphierte mit vielen Siegen und Landgewinnen. Zuletzt gelang es ihm
nur unter großen Schwierigkeiten und Verlusten endgültig Frieden zu
schließen. Seine Herrschaft war weiter gekennzeichnet durch die
Errichtung der absolutistischen Monarchie in Frankreich, verbunden mit
viel Glanz, bewundernswerten Werken der Baukunst sowie einer geradezu
vorbildlichen Organisation von Handel und Industrie, von Heer und
Marine. Nicht zu übersehen waren aber die vielen Misserfolge und
Missgriffe seiner Innenpolitik, der gescheiterten Unternehmen und
Reformen. Hinter einer Fassade des zivilisatorischen Glanzes und
militärischen Ruhmes hinterließ Ludwig VIX. Ein völlig marodes,
finanziell ruiniertes, ausgeblutetes Frankreich. Die Not des
französischen Volkes leitete eine Entwicklung ein, an deren Ende, der
Revolution von 1789, dieses Volk für alle seine Leiden blutige Rache
nahm.
Die glorreiche Epoche (Le grand Siècle) war die Zeit Vaubans
Der Krieg 1667 – 1668
König
Louis XIV. hielt sich, wie alle versierten Staatsmänner, an
geschlossene Verträge nur soweit es ihm vorteilhaft erschien. Er war
nicht so naiv, einen Staatsvertrag in ritterlicher Niebelungentreue zu
erfüllen, so auch nicht den Pyrenäenfrieden von 1659.
Wenige Jahre
nach seiner Thronbesteigung manifestierte er die Meinung eine
zivilrechtliche Regelung könne auch staatsrechtlich relevant sein und
behauptete, die in Brabant (dem heutigen Belgien) übliche
Rechtsauffassung (die sogenannte Devolution), das Lehenerbe eines
Verstorbenen stehe nur den Kindern aus erster Ehe zu und die Kinder aus
zweiter Ehe hätten überhaupt kein Erbrecht, sei nun auch auf das Erbe
König Philipps IV. von Spanien bezüglich Brabants anzuwenden. Er
reklamierte also Brabant (die sogenannte spanischen Niederlande) als
Erbe seiner Frau Maria Theresia, Tochter des spanischen Königs aus
erster Ehe, obwohl diese bei ihrer Heirat auf alle Thronfolgerechte
verzichtet hatte.
Die selbstverständliche Zurückweisung dieses Griffs
Ludwigs XIV. nach den spanischen Niederlanden führte zum Krieg, dem
ersten Angriffskrieg eines ganzen Serie des französischen Königs.
Kehren wir nun zu unserem „Helden“ Vauban zurück:
Vauban
nahm 1667 an den Belagerungen von Tournai, Douai und Lille teil. Bei
der Belagerung von Lille führte er den entscheidenden Sturmangriff. In
Anerkennung seiner bravourösen Leistung ernannte der König ihn zum
Leutnant im Infanterieregiment „Gardes francaises“. Die Offiziere dieses
vornehmsten Regiments des französischen Heeres genossen viele
Privilegien. Der Titularrang eines Leutnants entsprach z.B. dem
Dienstgrad eines Oberstleutnants (Lieutnant-Colonel!). Für Vauban war es
ein Gefälligkeitstitel ohne jede militärische Funktion.
Dieser
erste Krieg Ludwigs erwies sich mit seinen schnellen Erfolgen für die
Franzosen als eine Art militärischer Spaziergang und ermutigte den König
weiteren Kriegsruhm zu erwerben. Vauban erhielt den Auftrag, die
Zitadellen und Städte Lille und Arras sofort zu befestigen. Seine kühnen
Bastionen erregten viel Aufmerksamkeit und Bewunderung. Er übte
praktisch das Amt eines Generalbevollmächtigten für das Festungswesen
aus; offiziell mit dem Titel war er es erst ab 1678. Im Auftrag von
Minister Louvois erstellte Vauban auch eine Sammlung von Stadt- bzw.
Festungsmodellen, die bis zum Jahr 1697 auf 144 Modelle anwuchs
(darunter waren auch die uns allen bekannten Festungen Homburg,
Saarlouis und Bitsch in nächster Nähe).
Der Niederländisch-Französische Krieg: 1672 – 1678
Im
Juni 1672 begann Ludwig XIV. mit der Invasion Hollands. Eine
französische Armee von 120.000 Mann, zum ersten Mal in der
Militärgeschichte alle in Uniform, überschritt den Rhein. Die
Niederländer öffneten die Schleusen und der geplante Spaziergang wurde
zu einem harten Krieg von 6 Jahren. Vauban führte trotz allem einen
erfolgreichen Belagerungskrieg in Flandern und eroberte 1673 unter dem
Oberbefehl seines Königs Maastricht.
Ludwig hatte sich für
Belagerungskriege entschieden, dies vornehmlich um den Prestigeverlust
nach einer verlorenen Feldschlacht zu vermeiden. Offiziell war auch bei
Maastricht der König der Sieger. Seit 1678 ließ er sich „Louis le Grand“
nennen. Die Feldschlachten mit ihrem großen Risiko überließ er seinen
Marschällen wie Turenne, Condé, Luxembourg und Villars.
Bei der
Belagerung von Maastricht wandte Vauban eine neue türkische
Belagerungstaktik an. Die Türken hatten mit Erfolg bei ihrer Belagerung
von Candia (Heraklion) auf Kreta breite lange, parallel geführte
Laufgräben in Zick-Zack-Form mit gedeckten Redouten angelegt. Vauban
zeigte bei der Belagerung von Maastricht soviel Mut und Können, dass er
vom König eine Siegesprämie von 84.000 Livres erhielt. 1674 wurde Vauban
zum „Brigadier“ (Colonel-Oberst mit der Befehlsgewalt über zwei
Regimenter) und 1676 zum Maréchal de Camp (etwa Brigade-General)
ernannt. Bei der Belagerung von Valenciennes befahl der König gegen den
Rat Vaubans einen Sturmangriff, der unter hohen Verlusten abgeschlagen
wurde. Er übergab dann den Oberbefehl an Vauban, der mit einem
Nachtangriff bei nur 3 Mann Verlust sofort Erfolg hatte.
Vaubans
große Bauzeit war die Zeit des Friedens für Frankreich von 1678 bis
1688. Im Januar 1678 wurde Vauban offiziell Generalkommissar für das
Befestigungswesen. Die gewonnenen Städte Valenciennes, Maubeuge und
Cambrai wurden von Grund auf neu befestigt. Straßburg, 1681 von den
Franzosen kampflos besetzt, dem Reich geraubt, erhielt eine neue
Festungszitadelle. Das den Spaniern abgenommene Luxemburg baute Vauban
zur stärksten Festung Europas aus. In Briefen beriet er fachmännisch den
König wegen einer umfassenden Befestigung der Nordwestgrenze mit zwei
Befestigungslinien. 1688 erhielt Vauban den Titel eines
„Lieutenant-General“. Regimentsinhaber (Eigentümer) eines Regiments
wurde er aber nie, das nötige Geld zum Kauf eines solchen fehlte.
Der pfälzische Erbfolgekrieg 1681 bis 1696
Frankreich
war kulturell und militärisch zur ersten Nation Europas aufgestiegen.
Diese glückliche Situation hatte den französischen König übermütig
gemacht; er verfiel in eine Art Größenwahn und wollte immer neue
Erfolge. Gestützt auf eine raffinierte Auslegung einiger wenig genauer
Bestimmungen der Friedensverträge von Westfalen und Nimwegen durch
seinen Justizapparat forderte Ludwig den Anschluss einer Reihe von
Ländern an der Ostgrenze seines Reiches, die in grauen französischen
Vorzeiten einmal in feudalen Abhängigkeit von nun französischen
Lehnsgebern gestanden hatten. Im Zuge dieser berühmt-berüchtigten
Politik der „Réunion“ wurden Montbéliard, das Herzogtum
Pfalz-Zweibrücken und die Grafschaft Saarbrücken-Nassau, zahlreiche
lothringische Städte und luxemburgische Orte einfach vom französischen
Militär besetzt, wie vorher schon Straßburg. Dies „friedlichen
Annexionen“ alarmierten ganz Europa. Der König von Schweden, der
Zweibrücken verloren hatte, begann eine Militärallianz gegen Frankreich
zu schmieden. In wenigen Jahren fand sich Ludwig einem Block von Gegnern
gegenüber. Zeitweise liebäugelte er mit den Türken und ließ 1683 das
übrige Europa vor Wien gegen die belagernden Muselmanen im Stich. Er
hoffte insgeheim, dass er sich mit dem türkischen Sultan darauf einigen
könnte, Europa untereinander aufzuteilen.
1685 widerrief er das
Edikt von Nantes, das den Protestanten Religionsfreiheit garantiert
hatte. Die daraufhin einsetzende heftige und grausame Verfolgung der
Protestanten führte zur großen Hugenottenauswanderung und zum
unversöhnlichen Hass aller protestantischen Staaten Europas auf den „Roi
soleil“, den allerchristlichsten König. Gerade die Staaten, die bisher
die treuesten Verbündeten Frankreichs gewesen waren, gingen ins Lager
seiner Feinde über. Die Hugenottenverfolgungen werden abgesehen von
ihrer moralischen Perversität als ein sehr schwerer Fehler König Ludwigs
gewertet; man kann schon fast sagen, dass die Besten des französischen
Volkes auswanderten.
Der Einfluss der Mätresse des gealterten
Ludwig, Madame de Maintenon, einer vertrockneten Lehrerin, hatte ihn zu
dieser dogmatischstarren Religionspolitik veranlasst. Madame de
Maintenon war eine ausnehmend intelligente, sehr religiös-bigotte Frau,
eine der interessantesten Frauengestalten in der Geschichte Frankreichs
mit unheilvollem Wirken.
Ludwig XIV. mischte sich unklugerweise in
die Erbfolge des 1685 gestorbenen Kurfürsten von der Pfalz ein, indem er
als Erbe der Liselotte von der Pfalz, seiner Schwägerin, einen Teil des
pfälzischen Kurfürstentums verlangte. In der Abwehr der ständigen
Ansprüche des französischen Königs bildete sich sofort eine
Militärallianz seiner Opfer, die „Augsburger Liga“. Die Franzosen
eröffneten 1688 den neuen Angriffskrieg mit der Besetzung des
Kurfürstentums Köln und der Belagerung von Philippsburg am Rhein. Der
grausame, teure Krieg dauerte neun Jahre und führte letzten Endes zu
keinerlei Erfolg für Frankreich. Vauban organisierte die erfolgreiche
Belagerung von Philippsburg. Catinat und Luxemburg führten die Armeen.
Der französische Kriegsminister Louvois, Sohn von Le Tllier, ließ durch
den General Ezéchiel, Comte de Lélac, die Pfalz und Baden verwüsten, das
Heidelberger Schloss brannte und Mannheim wurde zerstört. In diesen
Jahren kam in den deutschen Landen eine Haltung auf, die man das ganze
Mittelalter hindurch und in der beginnenden Neuzeit nicht gekannt hatte:
der Franzosenhass!
Vauban wurde 1689 militärischer Oberbefehlshaber
in Niederflandern, 1691 leitete er die Belagerung von Mons. Auf
organisatorischem Gebiet erreichte er die Errichtung eines einheitlichen
Militäringenieurkorps der Armee. 1692 Belagerte Vauban Namur und
eroberte diese als uneinnehmbar geltende Festung in kurzer Zeit. Der
berühmte holländische Festungsbaumeister Coehoorn hatte sie gebaut und
die Verteidigung geleitet. 1694 wurde Vauban Oberbefehlshaber in der
Bretagne. Er wehrte erfolgreich einen englischen Angriff auf die
Hafenstadt Brest ab und warf wenig später einen englisch-holländischen
Landungsversuch ins Meer zurück. Seine Absicht, Brest zu einer großen
Festung auszubauen, scheiterte an den Intrigen des französischen
Marineministers. Er wurde aber, eine versöhnliche Geste, zum
Generalleutnant der Marine ernannt.
Vauban war ein Mann mit vielen Gesichtern.
In
dieser Zeit beschäftigte er sich zum ersten Mal mit Reformplänen für
die Steuergesetzgebung, einem ihm an sich völlig fremden Sachgebiet.
Organisatorisch konnte er das Ingenieurkorps der Armee wieder
verbessern, indem er eine Sonderabteilung für Landvermessung und
Erstellung entsprechenden militärischen Kartenmaterials durchsetzte.
Trotz der ruhmreich gewonnenen Schlachten bei Fleurus (1680), Steinkerke
(1692) und Neerwinden (1693), die aber nur Pyrrhussiege waren, musste
Ludwig XIV, völlig erschöpft den Frieden von Ryswick (1697) schließen
und, bis auf Straßburg, die meisten seiner Eroberungen wieder
herausgeben. |
|
Quelle: Wikipedia |
 |
Vauban in jungen Jahren
Quelle: Wikipedia |
 |
Quelle: Wikipedia |
 |
Quelle: Wikipedia |
 |
Stadtplan und Festungsanlagen
von Saarlouis 1693 |
 |
Henri de La Tour d’Àuvergne vicomte de Turenne
Quelle: Wikipedia |
 |
Francoise d’Aubigne Marquise de Maintenon
Quelle: Wikipedia |
 |
Die Belagerung von Namur
Quelle: Wikipedia |
 |
Vauban im mittleren Alter
Quelle: Wikipedia |
|