Festungsbaumeister und Marschall von Frankreich unter Louis XIV. |
3. Teil und letzter Teil |
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Bericht von Gerd Arnold
Die militärgeschichtliche Bedeutung Vaubans
Vauban
war ein sehr vielseitiger Mann: Stratege, Festungsspezialist,
Mathematiker, Landwirt, Wirtschaftspolitiker und Reformpolitiker. Sein
ohne Zweifel bedeutendster und dauerhaftester Beitrag zur Geschichte
seines Landes ist sein Festungswerk, der „eiserne Gürtel“ rund um
Frankreich. Der Großteil seiner Festungen wurde bis 1870 genutzt.
Der
französische Sprachbegriff „Hexagon“ für das Land Frankreich als eine
festungsumgürtete Landfläche rührt daher. Als Symbol eines solchen
Empfindens sieht man z.B. heute an französischen Autos oft das
Nationalkennzeichen in Form einer als Silhouette gestaltete
Landkartenplakette mit dem „F“. Dieses strategische Denken der Militärs
in Festungslinien hat bis in die neueste Zeit fortgewirkt. Die
französischen Festungswerke der Ostgrenze mit ihrer Bedeutung im Ersten
Weltkrieg –Stichwort Verdun- sowie die Maginotlinie und der Westwall im
Zweiten Weltkrieg zeugen davon. Der Ruhm Vaubans Festungen überdauerte
sein Zeitalter. Zu seinen Lebzeiten war er hoch berühmt, bedeckt mit
der „Gloire“ wegen seiner Belagerungskunst.
Bei allen
Belagerungskriegen, und das waren die Kriege Ludwigs XIV. vornehmlich,
war die Artillerie das Rückgrat der Armee. Wenn die Einnahme einer
Festung das Ziel der Operation darstellt, wurde die Artillerie zur
entscheidenden Waffe, sie allein überwand Befestigungswerke aller Art.
Bei Einsatz der Artillerieverwendete Vauban gekonnt das überkreuzende
Feuern und ganz Militäringenieur veranlasste er die waffentechnische
Entwicklung von Kanonenkugeln mit Sprengladung, Explosivgranaten. Bei
der Belagerung von Philippsburg 1688 erfand er das Riskoschießen, das
Abprallschießen, heute jedem Artilleristen bekannt. Vauban war zwar
nicht der Erfinder, aber der grandiose Anwender der
Laufgrabenparallelen, eine Praxis der Belagerungstechnik, die es möglich
machte, einen Sturmangriff aus Bereitstellungsgräben in nächster Nähe
der Festungsanlagen auszuführen.
1679 wurde durch seinen Einfluss die erste Kompanie Mineure aufgestellt, die der Artillerie unterstand.
In
dieser Zeit begann auch der Bau von Kasernen. Die Unterbringung großer
Einheiten von Soldaten in Zivilhäusern, die Einquartierung, hatte zu
vielerlei Ärgernis geführt. In der Festungsstadt Saarlouis entstanden
mit die ersten Kasernen der Neuzeit. Der Minister Colbert förderte den
schnellen Bau dieser Kasernen. Vauban entwickelte die Standardisierung
der Baupläne, die „Kasernen á la Vauban“. Als weitere Neuerung wurden
Lazarette gebaut z. B. das Hotel des Invalides in Paris.
Von 1667
bis 1710 waren die Plätze der Grenzbefestigungen riesige Baustellen.
Ganze Regimenter schufteten gegen Soldzulage. Die Fertigstellung einer
so großen Zahl von Festungen in so kurzer Zeit stellte eine großartige
Leistung dar. Die Festung Saarlouis
z.B. wurde unter Mitwirkung des
Regiment Picardi Infanterie erbaut. Die französischen Familiennamen im
Saarland zeugen noch davon (es handelt sich dabei nicht nur, wie oft
angenommen wird, um ausgewanderte Hugenotten).
Stellt man also am
Ende des 17. Jahrhunderts bei den Franzosen eine bemerkenswerte
Entwicklung der militärischen Bautätigkeit fest, so geschah dies
gleichzeitig auf dem Gebiet der Waffentechnik. Vauban führte die
Verwendung von mobilen Pontons zum schnellen Bau von schwimmenden
Brücken ein. Bei der Vervollkommnung der Infanteriehandfeuerwaffe der
Zeit, der Muskete zum Gewehr, wirkte er mit. Ab 1699 gab es im
französischen Heer nur noch Gewehre mit Flintenschloss (Feuerstein).
Auch bei der Entwicklung des Bajonetts vom Aufsteckbajonett zum
Drehverschlussbajonett arbeitete Vauban mit. Wurden 1679 die Piken der
französischen Infanteriebataillone abgeschafft und durch
Bajonettmusketen ersetzt, so gab es ab 1700 allgemein nur noch das
moderne Drehverschlussbajonett.
Dieses ganze Geschehen spielte sich
im Rahmen der gründlichen Erneuerung der Armee Ludwigs XIV. ab, dessen
Hauptarchitekten der Kriegsminister Michel le Tellier und nach ihm sein
Sohn Francois Michel Marquis de Louvois waren. Die ständigen Kriege
erzwangen eine Änderung der Heeresverfassung. Es wurde ein stehendes
Heer mit Gliederung und Organisation in Regimentern geschaffen, die
allgemeine Uniformierung der Truppe eingeführt und die Käuflichkeit der
unteren Dienstgrade abgeschafft. Die eigentliche Neuerung der Armee aber
war die Schaffung spezieller Waffengattungsarten, wie Artillerie,
Dragoner und Pioniere. Ein regelmäßiger Sold und stets geregelte
Verpflegung wurden sichergestellt. Das Heer betrug bei Beginn der Kriege
Ludwigs XIV. rund 30.000 Mann, am Ende rund 440.000 Mann.
Die sternförmig angelegten Festungen des Sébastien le Prétre de Vauban hatten meist folgende systematische Aufgliederung:
• Bastion: Vorspringendes Bollwerk der sternförmigen Vaubanfestung in Form einer Spitzzunge
• Cavalier: Innerste Wallbastion der Festung
• Contre-Garde: Kontergarde, wie Halbmond
• Demi-Lune: Halbmond
• Eskarpe: Innere Wallgrabenböschung der Festung
• Glacis: Hindernisfreies Schussfeld
• Halbmond: Vorgeschobenes, rückwärts offenes Dreieckbollwerk
• Kontreescarpe: Äußerster, gedeckter Gangwall
• Kutine:
Verbindungsgang zwischen zwei Bastionen
• Lunette: Kleines Erdwerk mit Spitze, vorgeschobenes Ravelin
• Parapet: Brustwehrmauer
• Poterne: Ausfallpforte
• Ravelin: Halbmondförmige Schanze zwischen zwei Bastionen
• Rempart: Festungswall, Festungsmauer
• Sappe: Laufgraben
• Tenaille: Zangenbollwerk
• Travers: Quermauern auf der Kotreeskarpe als Feuerschutz
Quellen:
Hugo Christensen: Die Zinnfigur Hans F. Helmolt: Das Buch vom Kriege
Heinrich Wolf: Weltgeschichte der Lüge
Franz Mehring: Zur Kriegsgeschichte und Militärfrage
Carl von Clausewitz: Vom Kriege
Erläuterungen:
Marschall
Henri de La Tour d’Auvergne, vicomte de Turenne war zu dieser Zeit
Eigentümer des späteren 1. Kürassier-Regimentes durch das er 1674 in
unserer Region die Befestigung der Stadt St. Wendel schleifen ließ. Der
Zufall wollte es, dass dieses 1. Kürassier-Regiment, heute ein Teil
einer Panzerdivision, nach dem 2. Weltkrieg innerhalb der französischen
Besatzungsmacht in St. Wendel bis zum Ende des Jahrhunderts stationiert
war.
Seit 1679 eignete sich Ludwig XIV. Städte und Dörfer im
Elsaß und in Lothringen gewaltsam an, die von französischen
Sondergerichtshöfen (sog. Réunionskammern) aufgrund zweifelhafter
historischer Ansprüche der franz. Krone zugesprochen wurden (insges. ca.
600). 1681 wurde Straßburg, 1684 Luxemburg und Trier besetzt. Durch die
Belagerung Wiens durch die Türken 1683, die durch Ludwig XIV. gefördert
wurde, war der deutsche Kaiser gebunden und erkannte deshalb im
Regensburger Stillstand 1684 die Réunion auf 20 Jahre an. Im Frieden von
Rijswijk 1697 musste Frankreich schließlich auf alle Réunionen
außerhalb des Elsaß verzichten, ebenso auf die rechtlich unhaltbaren
pfälzischen Erbansprüche. Lothringen wurde endgültig restituiert (also
herausgerückt), allerdings behält Frankreich ein Durchmarschrecht.
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Bitsch: Luftaufnahme mit Blick
auf die alles überragende Festungsanlage
Quelle: Wikipedia |
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Fest. Hohenburg HOM |
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Minister Jean-Baptiste Colbert
Quelle: Wikipedia |
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Musketier im 17. Jahrh. |
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Ende des 3. und letzten Teils
Ein Bericht von Gerd Arnold |
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