Historischer Verein
Stadt Neunkirchen e.V.

Historischer Verein Stadt Neunkirchen e.V.

Wasser und Wasserversorgung
Quellen und Bäche in Neunkirchen – einst bis heute
1. Teil
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Links: Relikt der alten Wasserleitung
in der Irrgartenstraße. Foto: Schlicker

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Heute noch vorhandener Brunnen
vor Heizengasse 38. Foto: Schlicker

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Skizze der Wasserleitung vom Hünerrech zum Unterort.

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Plan des Bahnhofsbereichs von 1866.
Grundlage allen Lebens ist das Wasser und letztlich auch für uns Menschen, die wir sogar selber zu einem großen Teil aus Wasser bestehen, weshalb wir in Notzeiten eher verdursten als verhungern.

Auch das alte Dorf Neunkirchen wäre um den Oberen Markt herum nicht entstanden, wenn die ersten Ansiedler hier nicht ausreichend Wasser vorgefunden hätten, Wasser in Quellen und Bächen in einem Waldgebiet, das ursprünglich von der Spieserhöhe bis hinunter zur Blies reichte. Da gab es z.B. den Krebsbach, der später den künstlich angelegten Heusnersweiher und in seinem weiteren Verlauf um 1700 am heutigen Altmühler Weg auch einen Mühlweiher speiste, bevor er in die Blies floss.
Nach dem Wegfall dieser beiden Weiher, floss der Krebsbach noch bis in die 1960er Jahre durch das Wagwiesental, ist aber seit der in dieser Zeit erfolgten Umgestaltung des ursprünglichen Wagwiesentales zu dem jetzigen Grünzug, der von der Hohlstraße bis zur Bliesstraße reicht, nur noch ein unterirdischer Abwasserkanal.
In Dorfnähe gab es dann auch noch den heute völlig in Vergessenheit geratenen Wetzbach, dessen Quelle vermutlich oberhalb des heutigen Polizeipräsidiums sprudelte und der dann tief eingegraben, entlang der heutigen Grabenstraße bis etwa zur heutigen Ringstraße floss, dort einen Mühlenweiher füllte und bis 1733 dort auch ein Mühlrad drehte, um endlich nach dem Durchfließen eines Pfuhls, dem Mühlpfuhl, in die Blies einzumünden(1).
An diesen Mühlpfuhl erinnert heute noch die Mehlpfuhlstraße, auch in Erinnerung das einstige Mehlpfuhlbad.
Wichtige Wasserspender für die ersten Ansiedler waren neben diesen glasklaren Bächen der Steinbrunnen, der Hakenbrunnen, der Fischkastenbrunnen und der Wolfsbrunnen, an die heute noch der Steinbrunnenweg, die Brunnenstraße und der Weg „Fischkasten“ erinnern. Der Fischkasten war ein Laufbrunnen und spendete das meiste Wasser. Alle anderen Brunnen waren Schöpf- oder Ziehbrunnen, denen man im 19. Jahrhundert Handpumpen aufgesetzt hatte.
Alles benötigte Wasser musste also von den Einwohnern mühsam über mehr oder weniger weite Wege von diesen Brunnen und Bächen herangeholt werden. Um sich wenigstens die langen Wege zu ersparen, begann man nach und nach, wo sich dafür eine Möglichkeit bot, direkt bei den Wohnhäusern Brunnen zu graben. So gab es z.B. erste Hausbrunnen hinter der Kirche, beim Hause Maurer, hinter dem Pfarrhaus in der Heizengasse und vor dem Gasthaus „Hopfenblüte“, dem Stammhaus der Schlossbrauerei, und zwar genau dort, wo es heute neben dem Rathaus den Aufgang zur Schlossstraße gibt. Schließlich ist von dem 1570 errichteten Renaissanceschloss bekannt, dass es in seinen Mauern auch einen Ziehbrunnen besaß(2). Außerdem gab es von der Spieserhöhe her sogar eine hölzerne Wasserleitung zum Schloss hin, die aber wohl nur dazu diente, dem Schlossgraben das notwendige Wasser zuzuführen. Ein Relikt dieser gewiss allerersten Wasserleitung in Neunkirchen hat seine Aufstellung in der Irrgartenstraße gefunden, wo es auch jederzeit besichtigt werden kann. Die Häuser in diesem frühen Neunkirchen waren ja noch strohgedeckte Holzhäuser und deshalb war auch wegen der Brandgefahr das Wasser von besonderer Bedeutung, was auch in der Dorfordnung von 1757 seinen Niederschlag fand, in der es hieß, dass die Brunnen sauber zu halten sind, und dass bei den Brunnen ein Trog oder Wasserbehälter sein muss, damit es bei einer Feuersbrunst nicht an Wasser mangele. Zur Verhütung der Feuersgefahr wurde zugleich auch bestimmt, dass man bei Strafe, weder bei Tage noch bei Nacht, offenes Feuer oder brennende Fackeln von einem Haus zum anderen tragen darf. Das Feuer, wenn es beim Nachbarn mal ausgegangen war, durfte dann nur mittels einer Laterne zu diesem hingebracht werden, oder z.B. mittels glühender Holzkohle in einem abgedeckten Eimer. Das Feuermachen war damals noch schwierig, denn das so praktische Zündholz wurde ja erst 1825 erfunden.
Ausdrücklich verboten war es auch, mit offenem Licht in Scheune oder Stall zu gehen, oder dort zu rauchen. Sogar auf den Gassen war das Rauchen verboten. Außerdem mussten in den Häusern während der Nacht immer alle Eimer und Zuber mit Wasser gefüllt sein, um im Notfalle gleich Wasser zur Hand zu haben, und dass auch im Winter das Löschwasser aus den Brunnen zur Verfügung stehe, wurde verfügt, dass die Brunnen mit Stroh und Dung vor Frost zu schützen seien.
Soweit also hier die Wasserversorgung dieses noch kleinen Dorfes Neunkirchen, das während des 30jährigen Krieges fast auf Null reduziert wurde, aber nun, rund 100 Jahre später, im Jahre 1752 und damit bei dem Baubeginn des Schlosses Jägersberg, wieder etwa 700 Einwohner zählte. 1785 waren es schon etwa 900, und diese Aufwärtsentwicklung hielt auch danach unvermindert an. Damit verbunden war ein stetig steigender Wasserbedarf, dem man mit weiteren Brunnenbauten begegnete.

Viele dieser Hausbrunnen wurden später zugeschüttet, sind in Vergessenheit geraten, aber noch im Jahre 1900 gab es nachweislich folgende private Brunnen im Buntsandsteingebiet des Oberortes:
• Bei der Wittib Christian Schley in der Heizengasse 31
• Bei dem Bergmann Friedrich Schmelzer, in der Heizengasse
• Bei dem Wirt Jakob Koch, im Keller des Hauses Zweibrückerstr. 14
• Bei dem Bergmann Jakob Schille, in der Hermannstraße 71
• Bei dem Bergmann Conrad Bonaventura, in der Hermannstr. 89
• Bei dem Wirt Georg Bender, in Nähe des Ev. Friedhofes
• Bei dem Bäcker Karl Hübchen, in der Talstraße
• Bei dem Bäcker Karl Marschall, in der Hohlstraße
• Bei dem Grubenschlosser Georg Bund, in der Heizengasse 38, und
• Bei dem Metzger Fried am Heusnersweiher, dem heutigen Gasthaus „Olympia

Wenn es aber im Jahre 1903 allein in Wellesweiler noch 28 und auf dem Kohlhof noch 24 Privatbrunnen gab, dann darf man wohl davon ausgehen, dass es vor 1900 auch in Neunkirchen noch eine ganze Reihe weiterer Privatbrunnen gegeben hat(3).
Den offenbar letzten Privatbrunnen gab es in Neunkirchen noch 1928, und zwar in der Zweibrückerstraße, unterhalb der heutigen Gaststätte „Atzelhof“(4). In Niederneunkirchen, das im 19 Jh. langsam herangewachsen ist, gab es offensichtlich über den Lettschichten des Karbon nur einen Brunnen in der Lindenallee, von dem es noch 1913 hieß, dass er erhalten werden solle(5). Den Vogelbrunnen, unterhalb der Vogelstraße gelegen, hatte man dann wegen ­seiner schlechten Wasserqualität schon 1892 zugeschüttet (6).
Das 1850 in einem ehemaligen Schlafhaus in der Wellesweilerstraße doch schon eingerichtete Knappschaftslazarett war zunächst auch auf Wasser aus irgendwelchen Brunnen, vielleicht einem eigenen Hausbrunnen angewiesen. Seine Wasserversorgung verbesserte sich erst mit dem Anschluss an die Fischkastenleitung im Jahre 1866. Bis zu ­seinem Umzug im Jahre 1886 auf das Gelände des vorherigen Mehlpfuhlschachtes, dort wo heute das Verwaltungsgebäude der AOK steht, hatte sich daran wohl auch nichts mehr geändert.
Nach dem Anhauen des Ziehwaldstollens im Jahre 1857 und dem nachfolgenden Bau der Schlafhäuser im Ziehwald, sicherte die Grubenverwaltung die Wasserversorgung dieses Bereiches mit der Anlegung eines eigenen Brunnens oberhalb dieser Schlafhäuser. Erst 1892 erfolgte die Anschließung dieser Schlafhäuser an die Wasserleitung des Wasserwerkes. Die letzte große, gemauerte Brunnenstube, in Neunkirchen wohl einzig in ihrer Art, nämlich die Brunnenstube der einstigen Bliesmühle, auch Böcking’sche Mühle genannt, blieb noch bis in das Jahr 2004 hinein erhalten. Ohne Not wurde sie leider in diesem Jahr abgerissen. (s.Abb.Nr.1)

Doch jetzt noch einmal zurück in das Jahr 1860:
Bei der stetig steigenden Bevölkerungszahl, bedingt durch den rasanten industriellen Aufschwung, war damals schon abzusehen, dass insbesondere der Unterort besser mit Wasser versorgt werden muss, und so sah das auch der Bürgermeister Carl Bartz, der deshalb dem Gemeinderat in seiner Sitzung vom 23.7.1860, ein von mehreren Einwohnern des Unterortes gefordertes Projekt über die Herstellung einer Brunnenleitung für den unteren Teil des Ortes wie folgt vortrug:
„Von den, die Gemeinde Neunkirchen bildenden 3600 Einwohnern ist ein drittelster Teil von der kath. Kirche bis zum Bahnhof ohne alles Trink- und Kochwasser.
Die Bewohner dieses Teiles des Ortes müssen ihr Wasser teils aus den Gemeindebrunnen des oberen Ortes, teils sogar gegen Bezahlung bei einzelnen Privaten, oder gar in Niederneunkirchen aus dem Stumm’schen Brunnen, und endlich aus Lachen, die sich in der Nähe des unteren Ortes aus den Wasserabflüssen gebildet haben, mit großer ­Mühe entnehmen“. In der folgenden Aussprache aber wurde der Antrag zum Bau dieser Brunnenleitung wegen der Kosten mit 10 gegen 5 Stimmen abgelehnt.
Auf weiteres Drängen der Bewohner von Niederneunkirchen, aber erst auf Grund einer erwirkten Königliche Verfügung, hatte sich Oberneunkirchen dann 1864 doch bereit gefunden, vom Hünerrech bis zu einem Laufbrunnen am Oberen Markt eine Wasserleitung zu verlegen, von dort bis zur Marienkirche, und dann weiter zu dem so ­genannten Beamtenhaus an der Ecke Vogelstraße, bis hinunter an die Ecke der heutigen Pasteurstraße(7).
Ein Jahr später hat man auch eine Wasserleitung von der Spieserhöhe bis zur Talstraße gelegt (8). Aber schon viel früher, nämlich seit 1846 gab es eine Wasserleitung vom Fischkasten, der damals ergiebigsten Quelle, bis zum Eisenwerk. Wegen dem höher gelegenen Oberen Markt, musste aber diese Leitung um den Oberen Markt herum, über die Fluren Weißling, Auf’m Ruhstock und Im Miller zum Eisenwerk verlegt werden(9). Nach einem Plan von 1866 (siehe Abbildung Nr. 3) wurde sie dann noch verlängert bis in die Kuchenbergstraße, oberhalb der Einmündung Ziehwaldstraße(10).
Entlang dieser Wasserleitung hatte man dann einige „Brunnen“, in Wahrheit Entnahme­stellen eingerichtet, und zwar am Damm der Dammstraße, die dann aber an das Knappschaftskrankenhaus in der Wellesweiler­straße verlegt wurde, in der Bahnhofstraße 32, dort bis 1886, in der Königstraße, dort ab 1866, und in der Ruhstockstraße, die 1886 in die Hospitalstraße verlegt wurde.
Aus dieser Fischkastenleitung wurde später auch die Mehlpfuhl-Badeanstalt gespeist. Noch bis 1884 bezogen die Gebr. Stumm über diese Wasserleitung gegen eine jähr­liche Gebühr ihr Wasser. Ab 1885 mussten sie laut Beschlussbuch der Gemeinde den Wasserzins aber nicht mehr entrichten weil kein Wasser oder zu wenig Wasser geflossen ist(11). Viele dieser Brunnen und Brunnenleitungen behielten zumeist ihre Funktion noch weit über den 1.4.1877 hinaus, dem Tag, an dem das Neunkircher Wasserwerk in Wellesweiler seinen Betrieb aufnahm. Die Schlossbrauerei baute sogar noch im Jahre 1897 ihr eigenes Wasserwerk im Kasbruch, wie auch ihren eigenen Hochbehälter, den allbekannten Scheiber Wasserturm(12).

Die Quellen:
1. Historischer Verein Stadt Neunkirchen: Heft 2/2000
2. Bernhard Krajewski, Heimatkundliche Plaudereien , Band 4, S. 45
3. Stadtarchiv Neunkirchen, Bestand A1, Nr. 362 und 145
4. Auskunft von Marliese Mathieu
5 ...Stadtarchiv Neunkirchen: Beschlussbuch der Gde. vom 23. Juli 1913
6. Stadtarchiv Neunkirchen: Beschlussbuch der Gde. vom 13.1.1892
7. Stadtarchiv Neunkirchen: Beschlussbuch Gde. 1864 ,Nr. 74
8. Stadtarchiv Neunkir.: Beschluss­buch der Gde. 1865 ,Nr. 45
9. Stsdtarchiv Neunkirchen: Saar- und Blies-Zeitung vom 9.7.1938
10. Saarbr. Zeitung vom 9. Juli 1938
11. Stadtarchiv Neunkirchen: Beschlussbuch der Gde. vom 21. Dezember 1885
12. Stadtarchiv Neunkirchen: Neunkircher Volkszeitung vom 23.9.1897
Ende Teil 1, Fortsetzung folgt
Ein Bericht von Werner Fried