HVSN: Zum Jubiläum in neuen Räumen (Artikel SZ Redaktion (Elke Jacobi) - Saarbrücker Zeitung 18.12.2023)
Für den Historischen Verein Stadt Neunkirchen stehen große Veränderungen an. Mehr oder weniger notgedrungenermaßen verlässt er die Irrgartenstraße.
NEUNKIRCHEN Manchmal muss auch ein eigentlich der Historie verschriebener Verein nach vorne blicken. Ein Vierteljahrhundert nach Gründung ist das jetzt beim Historischen Verein Stadt Neunkirchen so. Von Anbeginn war der Verein in der Irrgartenstraße 18 heimisch. Dort fanden einmal im Monat die Vorträge statt, dort war einmal die Woche für Interessenten geöffnet, es gab Workshops und Ahnenforschung und ein großes Archiv zum Stöbern. Ab April kommenden Jahres sind die Räume Geschichte. Denn dann ist der Verein mitten in der Stadt, Anfang der Wellesweiler Straße, dort, wo vor ihrem Umzug die Citywache war, zu finden. Dabei, so bringt es Pressesprecher Markus Wälder auf den Punkt, war der Platz hier am Oberen Markt, dem alten Teil der Stadt, quasi zwischen Renaissance- und Barockschloss, historisch gesehen zumindest ideal. Doch neue Besitzer hat das Haus und denen wollte man mit der Suche nach einer neuen Unterkunft quasi zuvorkommen. Dabei hat auch das Haus selbst schon Geschichte. Friedrich Wilhelm Strohm, Schriftführer im Verein und Archivar, kennt das Haus wie seine Westentasche. Denn Strohm ist hier groß geworden, es ist sein Elternhaus. Die Ursprünge des Hauses liegen weit zurück. 1751 datiert eine Zeichnung eines Stengelbaues, der Wirtschaftsgebäude mit Schlossbäckerei, Stuben und Gemüsegarten fürs ehemalige Barockschloss war. Auf einer Flurkarte von 1797 sieht man das Gebäude hinter dem Jagdgebäude. 1896 schließlich hat eine Familie Düpre einen Teil des Hauses abgebrochen, ein neues Haus gebaut und verkauft an einen Wein- und Bierverlag Wilhelmy. Dann schließlich 1908 hat Strohms Großvater Wilhelm Koch das Haus erworben, hat hier ein Schreinermeistergeschäft mit Glaserei und den ersten Rollläden der Stadt eröffnet. Immer wieder wurde umgebaut. Dort, wo der Versammlungsraum des HVSN noch ist und wo man auch die SZ empfängt, war einst die Werkstatt, darunter der Maschinenraum. Am 30. November 1944 wurde das Gebäude fast vollständig durch einen Bombenangriff zerstört, Strohms Opa wurde verschüttet, sollte 1945 an den Spätfolgen sterben. Ein halbes Jahr nach Strohms Oma, die beim Hauptangriff am 15. März 1945 auf dem Weg zum Bunker „gefallen“ ist. Das Haus erbten die beiden Töchter. Gemeinsam mit seiner Cousine war Strohm schließlich die dritte Generation. Das Haus war vermietet: Vdk, DKP, Fotografen und noch mehr waren hier schon zu finden.
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Als schließlich im September 1999 der Historische Vereins Stadt Neunkirchen gegründet wurde (in der Stummschen Reithalle) wurde Strohm Gründungsmitglied und stellte 100 Quadratmeter des Hauses – Eingangsbereich und Aufenthaltsraum – für fünf Jahre kostenlos zur Verfügung. Schließlich, als mehr Räume dazu kamen, man mit Archiv auf 200 Quadratmeter kam, wurde eine symbolische Miete erhoben. Bald kamen weitere 68 Quadratmeter im Obergeschoss dazu, hier hat der zweite Vorsitzende Horst Schwenk einen Teil seines Archivs gelagert. Als dann die Cousine starb, wollte ihr über 80-jähriger Mann verkaufen. Eine Familie aus Spiesen erwarb das Haus, es wurde vereinbart, dass der HVSN zu einer weiterhin symbolischen Miete bleiben darf. Doch die Familie konnte das Haus nicht halten, verkaufte weiter und mit dem neuen Eigentümer kam es nicht zu einer für den Verein akzeptablen Einigung. Also entschloss man sich, neue Räume zu suchen. Wenigstens ein Zwischenlager für die wichtigen Dinge sollte gefunden werden. Man kam in Kontakt mit Guido Esseln von der Gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft (GSG). Der bot „top renovierte und behindertengerechte 80 Quadratmeter“ in der Wellesweiler Straße 3 an. Mit der symbolischen Miete war Esseln einverstanden. Der Schlüssel wurde schon übergeben, der HVSN kann ab 1. April neu anfangen und auch fristgerecht das alte Mietverhältnis kündigen, wie Strohm erzählt. Und weil das dort aber kleiner ist als in der Irrgartenstraße, der große Versammlungsraum fehlt, hat der Präsident des Vereins und Oberbürgermeister a. D. Friedrich Decker Kontakt mit der Leiterin der Volkshochschule Neunkirchen, Elke Leonhardt-Jacob, aufgenommen. Künftig finden sämtliche Vorträge dort statt. Und das schon ab dem kommenden Jahr. Einzige Änderung: Die Vorträge sind dann immer am ersten Mittwoch im Monat, nicht mehr wie bisher donnerstags. Die Öffnungszeiten der Geschäftsstelle werden unverändert bleiben: Jeden Donnerstag ab 16 Uhr, noch in der Irrgartenstraße, ab 1. April in der Wellesweiler Straße. Was das Archiv anbelangt: Da wurde mit dem Archivar der Stadt Neunkirchen ein sogenannter Depositalvertrag abgeschlossen. Was bedeutet: Wichtige Dokumente werden der Stadt als Dauerleihgabe übergeben. Die Stadt selbst ist übrigens Mitglied im Verein. Sollte sich der Verein auflösen, so sieht es die Satzung vor, geht sein Archiv ins Eigentum der Stadt über. „Wir sind total froh, dass das alles so gut geklappt hat“, sagt Wälder. Aber so sei das, wenn mit gleichem Ziel zusammenarbeiten. Gut sei, dass man das Heft des Handelns behalten hätte. „Zwar“, sagt die Vorsitzende Marie-Luise Becker, „hängen viele Emotionen an diesen Räumen.“ Aber hätte man nun nicht gehandelt, wäre die Zukunft des Vereins in höchstem Maße gefährdet. Vielleicht bringe der Umzug in die Innenstadt ja auch mehr Aufmerksamkeit mit sich, könnte Wälder sich vorstellen. Auch die Nähe zum Altenheim, glaubt Strohm, könne von Vorteil sein. Ganz sicher wohl die zu Bücher König, glaubt Schwenk. Die Vorsitzende: „Wir haben jetzt die Chance, einen Schritt nach vorne zu machen, jetzt kommt es drauf an, wie wir uns künftig präsentieren.“
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